Ulrich R. Püschner
14.12.2022Alumnus Dr. Ulrich R. Püschner hat an der Uni Würzburg Geologie studiert. Jetzt kümmert er sich unter anderem in der Schweiz um einen Tunnel, der schon während des Baus große Probleme bereitete.
Was arbeiten Absolventinnen und Absolventen der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU)? Um Studierenden verschiedene Perspektiven vorzustellen, hat Michaela Thiel, Geschäftsführerin des zentralen Alumni-Netzwerks, ausgewählte Ehemalige befragt. Diesmal ist Dr. Ulrich R. Püschner an der Reihe.
Püschner hat an der JMU Geologe studiert und im Anschluss daran in Basel zu einem geowissenschaftlichen Thema promoviert. Zusätzlich hat er sich berufsbegleitend wirtschaftswissenschaftlich fortgebildet. Seit gut zehn Jahren ist er beim Kanton Basel-Landschaft (Schweiz) Projektleiter für Erhaltungsmanagement von Kunstbauten, den Chienbergtunnel, und Fachunterstützer „Beton“. Seit drei Jahren engagiert er sich nebenberuflich als Dozent an der FH Nordwestschweiz (FHNW) am Institut für Bauingenieurwesen für das Fach Baustofftechnologie II = Beton.
Herr Püschner, wie würden Sie einem Laien Ihren Job beschreiben? Mein „Job“ beim Kanton hat drei Schwerpunkte. Je nach Erfordernis rückt mal der eine, mal der andere in den Vordergrund. Im Erhaltungsmanagement sorgen die Unterhaltskreise des Tiefbauamts mit externen Ingenieurbüros und meinem fachlichen Input für die langfristige Planung und Durchführung der Bauwerkskontrolle von Kunstbauten, wie beispielsweise Brücken und Stützmauern – also Bauten aus Beton. In der Fachunterstützung Beton werden die projektierenden und ausführenden Kollegen zu allen Fragen rings um Beton im Büro und auch draußen beraten, angefangen vom Neubau, über Prüfungen bis zum Recycling. Ziel ist es, dass die öffentliche Hand Infrastrukturbauten mit 100 Jahre Dauerhaftigkeit bei möglichst geringem Unterhalt erstellt und betreiben kann.
In ihren Aufgabenbereich fällt auch der Chienbergtunnel – ein 2,3 Kilometer langer Tunnel, der, wie ich gelesen habe, nach sechsjähriger Bauzeit Ende 2006 in Betrieb gegangen ist und dann schnell Probleme bereitet hat. Der Chienbergtunnel ist unter den schweizerischen Tunneln ein kostspieliger Spezialfall. Hier kommen Tunnelbau, Materialtechnologie und Geologie zusammen beziehungsweise an ihre Grenzen.
Wo liegen die Probleme? Die Strecke durchquert die Gipskeuperschichten, ähnlich wie in Iphofen oder bei Stuttgart ’21. Kommen diese Schichten mit Wasser in Kontakt, wandelt sich das Anhydrit in Gips um und nimmt dabei Wasser auf. Das quellende Gestein drückt jetzt die Tunnelröhre einerseits in die darüber stehenden Häuser, so dass diese teilweise verkippten. An anderer Stelle zerstört dieses Quellen die Tunnelröhre und somit die Fahrbahn.
Kann man den Tunnel dann überhaupt noch benutzen? Ja, aber es müssen etwa alle fünf Jahre bauliche Maßnahmen ergriffen werden, um ihn weiterhin als Umfahrungstunnel betreiben zu können. Als Projektleiter bin ich für die ständige Überwachung der Hebungszonen, die jährliche Gesamtüberwachung und für die Maßnahmenplanung für kleine und große Instandsetzungsprojekte mit externen Dienstleistern verantwortlich.
Und dann sind Sie auch noch als Dozent tätig. Diese Dozententätigkeit ermöglicht es mir, den angehenden Bauingenieuren den Baustoff Beton in all seinen Facetten näherzubringen, gekoppelt mit dem Verständnis für Infrastrukturbauten.
Was lieben Sie besonders an Ihrem Beruf? Die Möglichkeit drinnen und draußen zu arbeiten. Die Vielfalt in den drei Themengebieten, die spannenden anstehenden Aufgaben und die Interaktion mit interessanten Personen runden das Ganze ab. Und als die Anfrage für das Engagement an der fhnw kam, dachte ich mir: „Gute Ergänzung, so kann ich mein Wissen weitergeben“.
Was ist die größte Herausforderung? Im Amt: nicht in administrativen Vorgängen stecken zu bleiben. Bei den Kunstbauten die Frage: Wie bekommen wir eine Balance zwischen bautechnischer Haltbarkeit und Nachhaltigkeit hin? Schließlich ist Beton ein bedeutender Klimasünder. Und beim Chienbergtunnel: Wie kann dieser saniert werden, ohne dass wir ihn jahrelang sperren müssen?
Lange Tunnel werden schon vor mehr als hundert Jahren gebaut. Was hat sich seitdem in technischer Hinsicht geändert? Vergleicht man den Bau des Gotthard-Scheiteltunnels (Eröffnung 1882) mit dem Bau des Gotthardbasistunnels (Eröffnung 2016) sind die Arbeitsbedingungen für die Mineure deutlich sicherer geworden. Bei der ersten Gotthardtunnelstrecke waren 13,3 Tote pro Kilometer zu beklagen. Bei dem rund 152 Kilometer langen Stollen vom Gotthardbasistunnel waren es noch neun Tote. Die gigantischen Tunnelbohrmaschinen, die sonstigen Ausrüstungen und Vorerkundungsmöglichkeiten haben das Tunnelbauen sicherer gemacht. Teils geht es schon fast wie in einer Fabrik zu und her – Tunnelbau am Fließband. Spannend bleibt es dennoch.
Was ist Ihre schönste Erinnerung ans Studium? Als Student der Geologie soll und muss man raus gehen – die Exkursionen im In- und Ausland geleitet von engagierten Assistenten und Professoren waren sehr schön und lehrreich.
Herzlichen Dank!
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