Alumnus Frank Müller
01.03.2023Alumnus Frank Müller hat an der Universität Würzburg Germanistik und Amerikanistik studiert. Heute leitet er die Regionalredaktion Mainfranken des Bayerischen Rundfunks und managt den Wandel, dem sich die Medien unterziehen.
Was arbeiten Absolventinnen und Absolventen der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU)? Um Studierenden verschiedene Perspektiven vorzustellen, hat Michaela Thiel, Geschäftsführerin des zentralen Alumni-Netzwerks, ausgewählte Ehemalige befragt. Diesmal ist Frank Müller an der Reihe.
„In Oberfranken geboren, über Mittelfranken und die Oberpfalz nach Unterfranken direkt ins BR-Studio Würzburg, als Redakteur und u.a. Moderator der regionalZeit auf Bayern 2 für Franken und die Oberpfalz“, beschreibt Müller auf der Homepage des BR seinen Lebensweg, um dann einzuschränken: „Nein, ganz so schnell ging's dann doch nicht.“ Heute ist er Redaktionsleiter von BR Mainfranken im BR-Studio Würzburg.
Herr Müller, wie würden Sie einem Laien Ihren Job beschreiben? Als Leiter einer Regionalredaktion im Bayerischen Rundfunk ist man vieles: Journalist, Personalplaner, Changemanager, Repräsentant und an einigen Tagen auch Hausmeister der Redaktion.
Was kennzeichnet Ihre Redaktion maßgeblich? Als Regionalredaktion sind wir innerhalb des Bayerischen Rundfunks zuständig für die Berichterstattung aus Unterfranken – das heißt, wir sind nah dran an den Menschen in der Region und ihren Themen. Entsprechend breit ist das Spektrum von der Hochkultur, wie etwa dem Kissinger Sommer oder dem Würzburger Mozartfest, über Umweltthemen, wie etwa die Trockenheit und sinkende Grundwasserspiegel, bis zur Unterhaltung, wie etwa unserer quotenstärksten Sendung im BR Fernsehen – der Fastnacht in Franken.
Die Redaktion macht also nicht nur Radio? Nein, wir berichten auf allen Ausspielwegen, also sowohl linear in Fernsehen und Hörfunk als auch digital, beispielsweise auf BR24 Mainfranken. Dementsprechend ist ein großer Teil meines Arbeitsalltag von redaktionellen Prozessen und journalistischen Entscheidungen bestimmt. Gleichzeitig befindet sich der Bayerische Rundfunk wie die gesamte Medienwelt in einem massiven Wandel. Das sieht man auch in unserem Arbeitsalltag: sowohl was die Technik und Ausspielplattformen betrifft als auch mit Blick auf die Berufsbilder und Redaktionsrollen. Das gilt für unsere Reporterinnen und Reporter genauso wie für mich als Redaktionsleiter.
Inwiefern beeinflusst dies ihren Arbeitsalltag? Während wir früher entweder fürs Fernsehen, den Hörfunk oder – im damals noch kleinen – Onlinebereich gearbeitet haben, sind wir jetzt multimedial und contentzentriert ausgerichtet. Entsprechend ist ein wichtiger Aspekt meiner Arbeit das Change-Management, das sowohl die Redaktionsstruktur als auch die Redaktionskultur betrifft. Für Behörden und Institutionen in Mainfranken sind wir darüber hinaus die regionalen Ansprechpartner des Bayerischen Rundfunks.
Was lieben Sie besonders an Ihrer Arbeit? Definitiv die Vielschichtigkeit in unserem Job – auch wenn sie je nach Rolle unterschiedlich ausgeprägt ist. Als Reporter fand ich es schon immer aufregend, über meinen Beruf ganz unterschiedliche Themen und Menschen kennenzulernen. Das konnten am einen Tag Breaking News, wie etwa das Axtattentat im Regionalexpress zwischen Ochsenfurt und Würzburg sein, und am nächsten Tag das Stundenfeature über Einkaufszentren in Deutschland und ihre Auswirkungen auf Innenstädte. Kein Tag ist wie der andere – das ist manchmal stressig, aber fast immer spannend. Denn hinter jedem Thema stecken interessante Menschen.
Als Reporter sind Sie heute vermutlich nicht mehr viel unterwegs? Nein, als Redaktionsleiter ist dieser direkte Kontakt mit Ausnahme der Wochen, die ich auf Bayern 2 moderiere, weniger geworden. Dennoch sind die Aufgaben jeden Tag anders: Wie entwickeln wir die Redaktion weiter? Welche Fähigkeiten benötigen unsere Journalistinnen und Journalisten jetzt und in den kommenden Jahren? Wie vernetzen wir Themen zwischen der Region und der Zentrale in München? Das sind nur einige der vielen unterschiedlichen Fragen.
In der letzten Zeit wird das Thema „Medien als vierte Gewalt“ stärker beleuchtet. Wie ist Ihre Meinung hierzu? Mit dem Begriff der „Vierten Gewalt“ tue ich mich eher schwer – es gibt die drei Gewalten in einer Demokratie und das ist gut so. Was es aber sicher braucht, ist eine von äußeren, politischen und wirtschaftlichen Zwängen unabhängige Medienlandschaft. Aktuell ist das gesellschaftliche Arbeitsumfeld für Journalistinnen und Journalisten deutlich schwieriger als in der Vergangenheit. Nicht zuletzt durch die sozialen Netzwerke sind immer mehr Menschen in eigenen Filterblasen unterwegs – die Polarisierung der Gesellschaft steigt. Das hat sich bereits vor der Pandemie abgezeichnet und ist durch sie nochmal beschleunigt worden. Als Folge wird es immer schwerer mit einigen Gruppen ins Gespräch zu kommen, das Misstrauen gegenüber dem vermeintlichen „Staatsfunk“ und der „Lügenpresse“ ist hoch.
Was können die Medien dagegen tun? Aus meiner Sicht ist es deshalb wichtig, seriös zu berichten und nicht Meinung zu machen. Das bedeutet nicht, dass kritischer Journalismus keine Haltung haben sollte. Als öffentlich-rechtlicher Sender sind unser Auftrag und unsere Aufgaben im Gesetz klar verankert und wir sichern mit unseren vielen, unterschiedlichen Inhalten eine freie Meinungsbildung – unabhängig von wirtschaftlichen oder politischen Machtverhältnissen. Natürlich gelingt uns das nicht immer zu hundert Prozent – deshalb ist Kritik wichtig und wird auch ernst genommen.
Was würden Sie Studierenden empfehlen, die einen ähnlichen Berufsweg einschlagen möchten wie Sie? Zunächst einmal: Viele Wege führen nach Rom beziehungsweise in die Medien. In unserer Redaktion arbeiten genauso studierte Diplomjournalisten wie Quereinsteiger – ein bestimmtes Studienfach ist deswegen nicht zwingend notwendig. Oft finden gerade fachfremde Kolleginnen und Kollegen einen spannenden, anderen Zugang zu einem Thema. Überhaupt ändert sich hier einiges: als ich vor rund zwanzig Jahren im BR angefangen habe, war ein abgeschlossenes Studium sozusagen Voraussetzung. Mittlerweile hat in vielen Redaktionen in der ARD die – aus meiner Sicht richtige – Einsicht Einzug gehalten, dass ein Abschluss nur bedingt einen guten Journalisten macht und dass wir in einer immer heterogeneren Gesellschaft auch Kolleginnen und Kollegen mit unterschiedlichen Lebens- und Bildungswegen brauchen. Ein Beispiel ist das Talente-Traineeprogramm unseres Content-Netzwerks Puls. Das passt auch zu unserem Auftrag für die ganze Gesellschaft Programm zu machen.
Über welche Eigenschaften sollte ein Journalist, eine Journalistin verfügen? Unabhängig vom Bildungsweg sind folgende Fähigkeiten wichtig: Neugier auf Themen und Menschen, Spaß am Dialog und dennoch kritische Distanz zum Gegenstand der eigenen Berichterstattung, kreativer und stilsicherer Umgang mit Sprache und die Fähigkeit zu komplexen Recherchen. Außerdem Spaß am Erzählen in digitalen Formaten – denn die mediale Zukunft ist digital.
Was ist Ihre liebste Erinnerung ans Studium? Tatsächlich die Unmengen an Büchern, die ich als Germanist und Amerikanist lesen durfte – und der Kosmos aus Zeitgeschichte, Philosophie und Sprachstilen, in den man jedes Mal eintauchen konnte. Mittlerweile wird der Berg der Bücher, die motiviert gekauft und dann aus Zeitgründen nicht gelesen werden, bei mir leider immer größer.
Vielen Dank für das Gespräch.
Sie sind selbst noch nicht Mitglied im Alumni-Netzwerk der Universität? Dann sind Sie herzlich eingeladen, sich über www.alumni.uni-wuerzburg.de zu registrieren! Hier finden Sie auch die bislang veröffentlichten Interviews mit Alumni und Alumnae der JMU.