Hemmstoffe für SARS-CoV-2 entdeckt
03/03/2021Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten Bonn und Würzburg haben Substanzen identifiziert, die einen Schlüsselschritt der Coronavirus-Vermehrung blockieren.
Damit sich das Coronavirus SARS-CoV-2 vermehren kann, ist es auf ein spezielles Enzym, die sogenannte Hauptprotease, angewiesen. Das Virus lässt sein Genom aus RNA zunächst in einen großen Protein-Strang übersetzen. Die virale Hauptprotease zerschneidet dann dieses Proteinband in kleinere Einheiten, aus denen die neuen Viruspartikel gebildet werden.
Ein Forschungsteam von Pharmazeuten der Universität Bonn und Virologen der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) hat jetzt zwei Wirkstoff-Familien entdeckt, die die Vermehrung des Coronavirus SARS-CoV-2 blockieren können. Die Arzneimittelkandidaten scheinen geeignet, die Hauptprotease auszuschalten.
Langer Weg bis zum Medikament
Von Würzburger Seite waren Professor Jochen Bodem und seine Arbeitsgruppe am Institut für Virologie und Immunbiologie an der in der Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“ veröffentlichten Studie beteiligt. Bis zum Medikament, das bei der Behandlung von Covid-19-Patienten eingesetzt werden kann, ist es allerdings noch ein weiter Weg. „Unsere Studie basiert auf Laborexperimenten. Für die Entwicklung von Medikamenten sind noch aufwändige klinische Studien erforderlich“, sagt Bodem.
Dennoch: „Die Hauptprotease ist ein äußerst vielversprechender Ansatzpunkt der Coronavirus-Wirkstoffforschung“, sagt Professorin Christa E. Müller vom Pharmazeutischen Institut der Universität Bonn. „Wird dieses Enzym blockiert, dann ist die Virusvermehrung in den Körperzellen gestoppt.“
Ungeeignete Kandidaten leuchten auf
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben für diese Studie eine große Anzahl an potenziellen Hemmstoffen entwickelt, basierend auf der Struktur der Hauptprotease und dem Mechanismus, mit dem das wichtige Virusvermehrungsenzym arbeitet. „Bedingung für einen geeigneten Hemmstoff ist, dass er ausreichend fest an die Hauptprotease bindet und ihr aktives Zentrum blockieren kann“, sagt Professor Michael Gütschow, der an der Bonner Uni eine eigene Arbeitsgruppe zu solchen Inhibitoren leitet.
Dann ging es in die experimentelle Phase. Die Wissenschaftler entwickelten für das Hochdurchsatz-Screening ein neues Testsystem. Sie boten der Hauptprotease einen Ausgangsstoff an, an den ein Reportermolekül gekoppelt war. Wenn die Protease diese Kopplung katalytisch spaltete, war ein fluoreszierendes Leuchten des Produkts messbar. Blockierte aber ein gleichzeitig verabreichter Hemmstoff erfolgreich die Aktivität der Protease, kam es nicht zum Aufleuchten. „Bei den meisten Testverbindungen beobachteten wir keine Enzymhemmung. Aber in seltenen Fällen unseres umfangreichen Tests war die Fluoreszenz unterdrückt: Das waren die erhofften Treffer bei der Suche nach Hemmstoffen für die Virus-Protease”, berichtet Gütschow.
Wie ein Kaugummi am katalytischen Zentrum
Zwei Wirkstoffklassen sind nach dem Hochdurchsatz-Screening der Forscher besonders vielversprechend, und maßgeschneiderte Verbindungen aus diesen Klassen wurden neu synthetisiert. An der Hauptprotease kleben sie wie Kaugummi und blockieren das entscheidende katalytische Zentrum, wodurch die Hauptprotease die Virusvermehrung nicht mehr vorbereiten kann. „Einige der Verbindungen haben sogar noch einen weiteren Effekt“, berichtet Müller. „Sie hemmen darüber hinaus ein menschliches Enzym, das dem Virus dabei hilft, in Körperzellen einzudringen.“
Umfangreiche klinische Tests müssen aber erst noch erweisen, ob diese Kandidaten auch im Menschen die Vermehrung des SARS-Coronavirus-2 hemmen, so Gütschow.
Publikation
Targeting the Main Protease of SARS-CoV-2: From the Establishment of High Throughput Screening to the Design of Tailored Inhibitors. Julian Breidenbach, Carina Lemke, Thanigaimalai Pillaiyar, Laura Schäkel, Ghazl Al Hamwi, Miriam Diett, Robin Gedschold, Nina Geiger, Vittoria Lopez, Salahuddin Mirza, Vigneshwaran Namasivayam, Anke C. Schiedel, Katharina Sylvester, Dominik Thimm, Christin Vielmuth, Lan Phuong Vu, Maria Zyulina, Jochen Bodem, Michael Gütschow and Christa E. Müller. Angewandte Chemie, DOI: 10.1002/anie.202016961.
Kontakt
Prof. Dr. Jochen Bodem, Institut für Virologie und Immunbiologie, T: +49 931 31-81509, jochen.bodem@vim.uni-wuerzburg.de
Quelle: Pressemitteilung der JMU vom 03.03.2021