Interview: Bürgermeisterin Judith Jörg
02/14/2021Alumna Judith Jörg wurde zu Beginn der Corona-Krise 2020 zur dritten, hauptamtlichen Bürgermeisterin der Stadt Würzburg gewählt. Sie hat – genau wie der neue zweite Bürgermeister Martin Heilig - an der Uni Würzburg studiert, nämlich in den Fächern Politikwissenschaften, Jura und Betriebswirtschaftslehre.
Frau Jörg, was war Ihre Motivation, Bürgermeisterin zu werden?
In meinem Lebensentwurf war die Übernahme eines solchen Amtes eigentlich nicht vorgesehen (lacht). Ich war Stadtratsmitglied und im Schul- und Kulturausschuss tätig und habe eine andere berufliche Entwicklung in der Privatwirtschaft verfolgt. Als die Grünen vorschlugen, in Würzburg eine Neuerung einzuführen, nämlich zwei hauptamtliche Bürgermeister neben dem Oberbürgermeister einzusetzen, die gleichzeitig für jeweils ein Fachreferat verantwortlich sind, da ging es auf einmal sehr schnell. Innerhalb von zwei Wochen war die Entscheidung gefällt.
Wie würden Sie den Alumni Ihre aktuellen Schwerpunkte kurz mit eigenen Worten beschreiben?
Am Allerwichtigsten ist mir der Auftrag, die Würzburger Schulen als Lebensraum für unsere SchülerInnen zu gestalten. Weg von den Containern zu einem inspirierenden Umfeld, das für die SchülerInnen, die teilweise vom Morgen bis zum späten Nachmittag in den Schulen sind, attraktiv ist. Ich möchte zusammen mit meinen KollegInnen nachhaltige Baumaßnahmen durchführen, die dazu führen, dass sich die SchülerInnen wohlfühlen.
Wichtig ist mir auch der aktive Kontakt zu meiner Zielgruppe und der Einsatz zeitgemäßer Medien. Vor kurzem habe ich über meinen Facebook-Account ein Corona-Stimmungsbild unter den Eltern eingeholt.
Was gefällt Ihnen besonders an Ihrer Arbeit?
Es ist eine herausfordernde und zugleich schöne Aufgabe, zu gestalten und Politik aktiv umzusetzen. Aber auch eine große Verantwortung – allein vom Personalbereich her. Zum Schulreferat gehören beispielsweise 370 LehrerInnen, Verwaltungspersonal, 80 Hausmeister, etc.
Wir stellen fest, dass durch die überparteiliche Zusammenarbeit in Würzburg z. B. manche Absprachen leichter geworden sind. Wir arbeiten mehr zusammen durchaus bleiben grundsätzliche unterschiedliche Auffassungen in Teilbereichen bestehen. Wir haben ein paar Ziele identifiziert, die wir gemeinsam erreichen möchten. Jeder von uns möchte nach sechs Jahren Ergebnisse vorweisen können. Das wirkt sich für den gesamten Stadtrat positiv aus.
Was empfinden Sie als größte Herausforderung?
Durch Corona ist viel Unruhe in den Schulbereich hereingekommen. Förderprogramme sind teilweise gar nicht umsetzbar, werden ‚spontan‘ geändert oder man wird von so mancher Aussage auf Bundes- und Länderebene überrascht.
Ich finde, wir haben teilweise ein ziemlich verworrenes System, die Struktur ist sehr unterschiedlich. Zum Beispiel kann eine staatliche Schule in der Sachaufwandsträgerschaft des Freistaats Bayern ihre Geräte selbst besorgen. Aufträge zum Beispiel für digitale Geräte für die 40 Schulen in städtischer Sachaufwandsträgerschaft etwa müssen wir als Kommune aber europaweit ausschreiben – da muss man einige Zeit von der Ausschreibung bis zur Auslieferung einplanen. Und dann ist es natürlich für den Bürger nicht zu verstehen, warum es an der einen Stelle schnell und an der anderen so langsam geht. Ich muss sagen, ohne meine vorherige Erfahrung als Stadtratsmitglied wäre es mir sehr schwer gefallen, mit den unterschiedlichen Gemenge-Lagen und Systemen zurecht zu kommen.
Persönlich ist es für mich natürlich auch eine Herausforderung, als alleinerziehende Mutter mein Amt und meine drei Kinder, Stichwort ‚Homeschooling & Haushalt‘ unter einen Hut zu bekommen.
An welche Begebenheit aus Ihrem Studium erinnern Sie sich besonders gerne?
Ich habe total gerne studiert, daran erinnere ich mich ganz genau (lacht). Mir ist aus den Politikwissenschaften Professor Weihnacht ganz besonders in Erinnerung geblieben. Als Mensch, sowie seine Seminare und auch die Diskussionen mit den unterschiedlichen Kommilitonen dort. In den Betriebswirtschaften ist mir Professor Thome noch immer vertraut geblieben. Er hat mir in vielen Bereichen sozusagen die Augen geöffnet und ich habe bei ihm unglaublich viel gelernt. Später habe ich dann auch an seinem Lehrstuhl gearbeitet.
Ich habe schon im Studium meine ersten beiden Kinder bekommen. Die Studentische Krabbelgruppe in der Zürnstraße, in der wir Eltern aktiv mitgearbeitet haben, war toll. An die gemeinsamen Erlebnisse denke ich noch heute gerne zurück.