Dr. Julien Bobineau
Dr. Julien Bobineau
1. Warum ist das Thema "nachhaltiges Leben, Arbeiten und Forschen" aus Ihrer Sicht wichtig?
Das Thema ‚Nachhaltigkeit‘ beinhaltet aus meiner Sicht drei Aspekte, die für sich allein bereits eine große Relevanz besitzen, in Verbindung miteinander allerdings noch weiter an Bedeutung gewinnen. Wenn man nachhaltiges Leben, Arbeiten und Forschen aus ökologischer, ökonomischer und sozialer Perspektive betrachtet und diese Perspektiven miteinander kombiniert, dann leite ich daraus eine holistische Verantwortung ab, die wir für gegenwärtige und zukünftige Generationen in uns tragen - eine Verantwortung, die wir besser früher als später gesamtgesellschaftlich diskutieren müssen.
2. Was ist Ihr Reiz am Wandel des nachhaltigen Lebens, Arbeitens und Forschens in Deutschland mitzugestalten?
Forschung kann einen wertvollen und notwendigen Beitrag zu Fragen der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit leisten: Neben der Entwicklung klimafreundlicher Technologien oder der Förderung von nachhaltigen Energien sind aus meiner Sicht insbesondere die Geisteswissenschaften gefragt, wenn es beispielsweise um komplexe Fragen nach der Gerechtigkeit einer neoliberalen Weltordnung oder den Abbau rassistischer Ausgrenzungsmechanismen geht. Mir macht es Freude, durch meine persönliche Lebensweise, meine Arbeitsfelder und meine Forschung einen bescheidenen Teil zur Lösung dieser Herausforderungen beizutragen, damit die Welt ein kleines bisschen gerechter wird.
3. Was ist aus Ihrer Sicht ein Hindernis am nachhaltigen Leben, Arbeiten und Forschen in Deutschland?
Das größte Problem ist eine historisch etablierte Ungerechtigkeit, die sich überall in unseren Gesellschaften finden lässt. Diese Ungerechtigkeit betrifft das menschliche Miteinander auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene, aber auch die Mensch-Tier- und die Mensch-Umwelt-Beziehungen. Asymmetrische Machtverhältnisse durch die Ausbeutung von Mensch, Tier und Umwelt sollten aus meiner Sicht grundlegend reflektiert werden. Das betrifft Fragen nach einem gerechten Mindestlohn in Deutschland, Sklaverei in Katar oder Kinderarbeit in der Kakaoproduktion genauso wie das Konzept der Massentierhaltung, den Kreuzschifffahrtstourismus oder den Ausstieg aus der Kohle. Überall dort, wo sich einige wenige auf Kosten anderer Menschen, Tiere und Umwelträume materiell oder ideell bereichern, stimmt etwas nicht. Diese Ungerechtigkeit gilt es aus meiner Sicht mit der Entwicklung einer neuen Ethik der inklusiven Nachhaltigkeit zu beseitigen.
4. Was habt Ihr in der Woche während des Forums mit den Alumni vor und wie werdet Ihr das Thema bearbeiten?
Wir möchten uns gemeinsam mit unseren internationalen Alumni dem komplexen Thema der Klimagerechtigkeit widmen und aus verschiedenen Perspektiven diskutieren, wie sich eine gerechtere Klimapolitik und Nachhaltigkeitskultur mit Blick auf das asymmetrische Machtverhältnis zwischen Globalem Süden und Globalem Norden definieren lässt. Dazu lesen wir einschlägige Texte, schauen Kurzfilme und geben dem interkulturelle Austausch mit unseren Teilnehmer*innen viel Raum.