M.ch.f.301
Würzburger Gschichtle
Fries-Reinhart'sche Würzburger Chronik
Würzburg, 16. Jahrhundert; Papier, Rotgefärbter Pergamenteinband mit durchgezogenen Lederbünden, 668 Blatt
Vorbesitzer: Theodoricus Sein
Signatur: M.ch.f.301
Inhalt: Nur wenig ist bekannt über Johann Reinhart, den Würzburger Domvikar und Dompräsenzmeister, der eine erste Fortsetzung der Würzburger Bischofschronik des Lorenz Fries erstellt hat, des bedeutendsten fränkischen Geschichtsschreibers des sechzehnten Jahrhunderts.
Fries und Reinhart begannen ihr Wirken in bischöflichen bzw. domkapitelschen Diensten nahezu gleichzeitig und kamen so in Kontakt. Die beiden historisch überaus interessierten Männer tauschten sich regelmäßig aus, man könnte sogar ein freundschaftliches Verhältnis zwischen den beiden vermuten - die vorhandenen Quellen geben uns darauf allerdings keinen Hinweis. Klar ist, dass sich der Geschichtsschreiber Reinhart an Fries messen lassen muss. Bis 1495 ist sein Chroniktext tatsächlich nur ein stark komprimierter Auszug der Fries’schen Chronik: Reinhart hat die Vorlage massiv zusammengekürzt und sogar viele Kapitel ganz weggelassen. Der Verdienst Reinharts liegt darin, dass er zahlreiche Grabinschriften der Bischöfe in seiner Chronik ergänzt hat - erhaltenen Denkmälern und Inschriften galt nämlich sein besonderes Interesse. Da heute einige dieser Inschriften verloren sind, erweist sich Reinharts Chronik als die einzige noch vorhandene Quelle. Dank der Zuhilfenahme weiterer Quellen konnte Reinhart die Fries’sche Vorlage weiter ergänzen, so z. B. eine Sonnenfinsternis im Jahr 1133 und die Begebenheiten beim sogenannten Rintfleisch-Aufstand von 1298, einem Juden-Pogrom, dem zahlreiche jüdische Einwohner in ganz Franken zum Opfer fielen. Auch dank eigener Erlebnisse konnte Reinhart die Vorlage weiter ergänzen und musste dies auch tun, da die Fries-Chronik bereits im Jahr 1495 endet. So berichtet er von der Dürreperiode des Jahres 1539, von der 1542 auftretenden Pest, vom sauren Wein dieses Jahres und der schlechten Ernte, vom blutig endenden Streit zweier Domherren, von der Vertreibung Herzog Heinrichs d. J. von Braunschweig und den Feldzügen Karls V. Ein historisch bunter Reigen aus Diözesan, Reichs- und Lokalgeschichte also, wobei Reinhart die Ereignisse in streng chronologischer Reihenfolge schildert.
Schadensbild:
Einband:
Der rotgefärbte Pergamenteinband ist aufgrund eines massiven Wasserschadens sehr gewellt und stark verformt. Intensive Gebrauchsspuren und eine starke Verschmutzung kommen hinzu, darüber hinaus Wurmfraß und große Fehlstellen sowohl im Überzug als auch im Pappdeckelkern. Das Fußkapital ist stark beschädigt. Sowohl auf dem Vorder- als auch auf dem Rückdeckel sind noch Fragmente zweier Lederschließenbänder vorhanden. Das Pergament des Buchrückens ist am Falz eingerissen und weist mehrere Fehlstellen auf.
Buchblock:
Verlust mindestens einer Lage. Der gesamte Buchblock ist stark verschmutzt. Auf dem Spiegel und den Blättern der ersten Lagen finden sich große Wasserränder mit Stockflecken und leichtem Schimmel, Knicken und Rissen. Die Blätter der letzten Lage sind ebenfalls durch starke Knicke, Risse und Fehlstellen beschädigt. Ab Blatt 593r ff. zeigt sich eine Verbräunung und Verhärtung der unteren Blattkanten.
Kosten (Restaurierung inkl. Digitalisierung): 2260,- €