Tanja Häuptle, Germanistik & BWL, Marketing Communication
06/03/2020Alumna Tanja Häuptle hat in Würzburg Germanistik und Betriebswirtschaftslehre studiert und ist anschließend für sechs Jahre nach Dubai gegangen. 2018 ist sie nach Bayern zurückgekehrt, wo sie als Teamleiterin im Bereich Marketing Communication bei der Peri Gruppe arbeitet. Sie sagt, dass sie es dort teilweise einfacher hatte als in Deutschland.
Frau Häuptle, auf der Webseite der PERI Gruppe sind beeindruckende Fassadeneinrüstungen zu sehen. Was ist dort Ihre Aufgabe? Ich bin für die Erstellung der Marketingunterlagen für die PERI Gruppe zuständig und unterstütze dabei auch unsere Tochtergesellschaften. In erster Linie handelt es sich um Produktbroschüren, Flyer und Anzeigen; ich kreiere aber auch Fachbücher und unsere im Drei-Jahres-Rhythmus erscheinende Publikation PERIbook, in der das Unternehmen, das komplette Produktportfolio sowie entsprechende Referenzprojekte vorstellt werden – zuletzt auf knapp 300 Seiten und in 13 Sprachen. Darüber hinaus bin ich für die Fachpressearbeit, das Thema Translation Management und die Organisation des Drucks und die Bereitstellung unserer Printmedien zuständig. Ohne mein Team aus den Bereichen Redaktion und Grafik würde es nicht gehen, diesen umfassenden Bereich abzudecken.
Was lieben Sie besonders an Ihrem Beruf? Ich liebe die Abwechslung, die mein Beruf mit sich bringt sowie die Möglichkeit, kreativ zu arbeiten.
Welche Eigenschaft sollte man dafür unbedingt mitbringen? Wichtige Eigenschaften für meinen Beruf sind auf jeden Fall eine große Portion Organisationstalent, ein gewisses Grundverständnis für die Abläufe in der Baubranche sowie interkulturelle Kompetenz, um die mehr als 70 Tochtergesellschaften bei Marketing-Fragen bestmöglich unterstützen zu können.
Sie haben mehrere Jahre in Dubai gelebt. Wie war die Zeit dort? Zu Beginn war Dubai natürlich ein kleiner Kulturschock. Unverheiratet Zusammenleben ist tabu, kein Küssen in der Öffentlichkeit, tagsüber kein Verzehr von Nahrungsmitteln oder Getränken außerhalb der eigenen vier Wände während des Ramadan-Monats, die unerträgliche Hitze im Sommer und der obligatorische Erwerb einer Alkohol-Lizenz für den legalen Genuss von Bier und Wein stehen natürlich schon im krassen Gegensatz zu Deutschland. Wenn man sich an die Besonderheiten gewöhnt hat, lernt man die Stadt aber sehr schnell zu schätzen. Ein steuerfreies Einkommen, 360 Tage Sonne im Jahr, Meer und Strand direkt vor der Tür, ein unglaublich ausgeprägter Servicegedanke, kostenlose Kultur- und Freizeitangebote, kurze Flug- oder Fahrzeiten in exotische Länder sind nur ein paar Punkte, die dazu beitragen.
Fühlt man sich als Europäer in Dubai nicht sehr fremd? Nein. Was mich am meisten beeindruckt und auch geprägt hat, ist der große interkulturelle Austausch, der hier stattfindet. Nur ca. 17 Prozent der Bewohner Dubais sind Emirati; der Rest sind Expats, die aus allen Teilen der Welt stammen. Freunde und Bekannte von uns kamen unter anderem aus dem Libanon, Palästina, Syrien, Australien, Neuseeland, USA, Südafrika, Indien, Italien und Ungarn. In Dubai lernt man die Welt kennen.
Ist es für eine Frau in Dubai schwieriger, sich in der Berufswelt zu behaupten – verglichen mit Deutschland? Obwohl die Expat-Welt in Dubai stark von Männern dominiert ist – meist entsenden die Firmen eben doch Männer, um im Mittleren Osten zu arbeiten – hatte ich es als Frau in Dubai im Berufsleben einfacher. Das mag zum einen an der anderen Branche gelegen haben, in der ich damals tätig war. Zum anderen hängt es aber sicherlich auch damit zusammen, dass Familie und Beruf in Dubai deutlich besser miteinander vereinbar sind als in Deutschland, und die Firmen meiner Meinung nach dadurch weniger abgeneigt sind, Schlüsselpositionen mit Frauen zu besetzen.
Und im Alltag? Auch im Alltag hatte das Leben als Frau in Dubai seine Vorteile. So haben zum Beispiel die Bars fast täglich Gutscheine für kostenlose Getränke ausgegeben, um das weibliche Publikum anzulocken. Bei einem Durchschnittspreis von zwölf Euro für ein kleines Glas Wein hat man das Angebot gerne ab und zu auch mal in Anspruch genommen.
Wie haben Sie in der Zeit Ihren Lebensunterhalt verdient? Ich habe zunächst für ein lokales Start-up, allerdings mit deutschem Inhaber, als Assistant Marketing Manager gearbeitet. Das war mein erster Job nach dem Studium. Dort konnte ich meine beiden Leidenschaften kombinieren: Reisen und über das Reisen schreiben. Das war super. Später bin ich dann von einer Schweizer Firma abgeworben worden, für die ich bereits während des Studiums tätig war. Hier habe ich in den Bereichen Technische Redaktion, Usability Engineering und Marketing gearbeitet. Ein spannender Aufgabenbereich mit viel Eigenverantwortung. Nebenher habe ich aber weiterhin auf selbstständiger Basis Artikel geschrieben und Texte lektoriert.
Wissen Sie etwas darüber, wie sich die Corona-Pandemie in Dubai auswirkt? In Dubai herrscht aufgrund von Corona ebenfalls Ausnahmezustand. Schulen und Universitäten machen dieses Semester gar nicht mehr auf, und es herrschen täglich Ausgangssperren von 20 bis 6 Uhr, da in der Zeit die komplette Stadt desinfiziert wird. Auch tagsüber ist das alltägliche Leben fast vollständig zum Erliegen gekommen. Die Maßnahmen, die dort ergriffen wurden, sind nochmal deutlich umfangreicher als in Deutschland.
Sie haben zahlreiche Länder kennengelernt, Ihre Erlebnisse beschreiben Sie in Ihrem Reiseblog. Was ist für Sie die Quintessenz des Reisens? Auch wenn es etwas kitschig klingt: Meiner Meinung nach erweitert Reisen den Horizont. In fremde Kulturen eintauchen, neue Menschen kennenlernen, lokales Essen verkosten: Das macht für mich das Reisen aus. Daher würde ich auch niemals eine Pauschalreise oder All Inclusive buchen. Ich begebe mich lieber selbstständig auf Entdeckungsreise.
Haben Sie ein Lieblingsland? Mein Lieblingsland ist ganz unexotisch Italien. Das Land, das mich aber am meisten positiv überrascht hat, ist Jordanien. Ich bin völlig ohne Erwartungen über ein langes Osterwochenende hingereist und habe unglaublich beeindruckende Erlebnisse mit nach Hause genommen. Von Wüstenschlössern über die quirlige Hauptstadt Amman, das Tote Meer, die beeindruckende Wüste Wadi Rum bis hin zur Felsenstadt Petra war alles absolut einzigartig. Gewürzt wurde das Ganze von der gastfreundlichen und herzlichen Mentalität der Araber – ich kann nur jedem empfehlen, selbst einmal hinzureisen.
Zum Schluss: An welches Erlebnis aus Ihrer Studienzeit erinnern Sie sich besonders gerne? Kein bestimmtes Erlebnis, aber eine bestimmte Zeit. Ich hatte meine WG in der Innenstadt gekündigt, bin für ein Praktikum mit meinem Mann – damals noch Freund – nach Stuttgart gezogen und wollte mein Studium eigentlich von dort aus beenden. Dann hat er aber das Jobangebot für Dubai erhalten. Also bin ich zurück nach Würzburg. Dieses Mal nicht mehr in die Innenstadt, sondern in die Zellerau. Und dort bin ich als Zwischenmieterin in die wunderbarste WG aller Zeiten gezogen. In dem Jahr habe ich Würzburg nochmal von einer ganz anderen Seite kennengelernt. Ein großes Dankeschön dafür an meine ehemaligen Mitbewohnerinnen, mit denen ich übrigens auch heute noch in Kontakt stehe.