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Botanischer Garten der Universität Würzburg

Siebold-Pflanzen

Philipp Franz von Siebold

Philipp Franz von Siebold wurde am 17. 2. 1796 in Würzburg geboren, und ist am 18. 10. 1866 in München gestorben. 
Zu Ehren dieses weltweit bekannten Angehörigen einer Würzburger Gelehrtenfamilie werden in verschiedenen Teilen des Botanischen Gartens der Universität Würzburg über 150 "seiner" Pflanzen kultiviert.

Als junger Arzt trat er 1822 in den "Königlich Niederländischen Dienst" und durfte zunächst sechs Jahre lang (1823-1829) in der holländischen Handelsniederlassung auf der Insel Deshima in der Bucht von Nagasaki (Süd-Japan) bleiben und kehrte 30 Jahre später für vier Jahre (1859-1863) nach Japan zurück. Japan war damals aufgrund seiner sorgsam gehüteten Isolation ein noch weitgehend unbekanntes Land. Erst durch Ph. F. v. Siebold gelangten nähere Kenntnisse über dieses fernöstliche Inselreich nach Europa.

Seine Erfolge als Arzt eröffneten ihm Zugang zu Land und Leuten. Mit Geschick und unermüdlichem Fleiß erzielte er hervorragende Forschungsergebnisse auf den Gebieten der Botanik, Zoologie, Geographie und Völkerkunde. Er erwies sich aber auch als erfolgreicher Sprachkundler und war Berater führender Kräfte in Europa und Japan. Seine bewundernswert vielseitige Forschertätigkeit beeinflusste nachhaltig die wissenschaftliche Entwicklung Japans.

Ph. F. v. Siebold war ein wichtiger Vermittler zwischen fremden Kulturen und trug - und trägt noch immer - beispielhaft zur Völkerverständigung bei.

An seine Leistungen und Verdienste sollen die zahlreichen Pflanzen des hiesigen Botanischen Gartens erinnern, die mit Ph. F. v. Siebold in Zusammenhang gebracht werden können und hier als "Siebold-Pflanzen" bezeichnet mit einem roten Punkt auf dem jeweiligen Hinweisschild hervorgehoben werden.

Was sind Siebold-Pflanzen?

'Siebold'-Pflanzen sind ostasiatische Pflanzen, die ...

... durch Ph. F. v. Siebold in Japan zusammengetragen worden waren und durch ihn um 1830 bzw. um 1860 erstmalig nach Europa gelangten,

... von Ph. F. v. Siebold oder von ihm in Zusammenarbeit mit dem Münchener Botaniker J. G. Zuccarini (1797-1848) erstmalig mit einem international verständlichen Namen versehen, ihre charakteristischen Merkmale beschrieben und durch Veröffentlichung weltweit bekannt gemacht worden sind,

... von Ph. F. v. Siebold oder von ihm und Zuccarini zunächst zwar benannt und veröffentlicht worden sind, aber aufgrund der 'Prioritätsregel' (der älteste wissenschaftliche Name ist der letztlich gültige, spätere Namen sind Synonyme) oder wegen neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse eine andere systematische Zuordnung erhielten und umbenannt werden mussten,

... ehrenhalber nach Ph. F. v. Siebold benannt worden sind.

Video Sieboldpflanzen im Botanischen Garten

Von Siebold und Zuccarini (Sieb. & Zucc.) erstmalig beschriebene Pflanzen, z.B.: Pachysandra terminalis Sieb. & Zucc. und Hamamelis japonica Sieb. & Zucc.

Von Siebold und Zuccarini (Sieb. & Zucc.) erstmalig wissenschaftlich beschrieben, jedoch von einem anderen Autor nach neueren Erkenntnissen umbenannte Art, z.B.: Magnolia stellata (Sieb. & Zucc.) Maxim. und Hydrangea macrophylla (Thunb.)Ser. cv. 'Otaksa'

Von Siebold und Zuccarini (Sieb. & Zucc.) vermeintlich neu beschriebene Pflanzen, obwohl diese Arten zuvor schon von einem anderen Autor * wissenschaftlich beschrieben worden waren. Nach der international akzeptierten 'Prioritätsregel' (der älteste wissenschaftliche Name ist der letztlich gültige) ist der Siebold und Zuccarini-Name nur ein Synonym. Z. B.: Acer palmatum Thunb. und Rosa multiflora Thunb.

* In diesem Fall von Carl Peter Thunberg (1743-1828, in wissenschaftlichen Publikationen allgemein abgekürzt: Thunb.), der Siebolds Vorgänger im Amt als 'Faktoreiarzt' auf der japanischen Insel Deshima in der Bucht von Nagasakii/Japan war.

Sein Wirken

Zahlreiche Pflanzen sind nach diesem verdienstvollen Arzt und Japanforscher benannt worden und machen ihn damit "unsterblich".
Die "Siebold-Haselnuss" und die "Siebold-Berberitze" gehören beispielsweise dazu, oder auch attraktivere Blütenpflanzen wie die Siebold-Waldrebe (siehe Abbildung), eine Kultursorte der "blütenreichen" (lateinisch = florida) Clematis, und die "Siebold-Fetthenne". Die beiden letzteren, in Japan schon seit langem kultivierten Zierpflanzen schickte Siebold schon während seines ersten Aufenthaltes in Japan zusammen mit vielen anderen Pflanzen auf die lange Seereise nach Europa. 

Da Ph. F. v. Siebold in "Königlich Niederländischem Dienst" stand, wurden sie nach Holland eingeführt und gelangten zunächst in die Botanischen Gärten in Leiden und Gent, das damals noch holländisch war. Von dort wurden solche "Siebold-Pflanzen" meist sehr bald in der ganzen westlichen Welt verbreitet.
Viele dieser damals geradezu sensationellen Neuankömmlinge sind uns inzwischen längst vertraut, wenn auch nicht allen Pflanzenliebhabern namentlich bekannt., wie z.B. die im klimatisch begünstigten Mainfranken oft anzutreffende Zierpflanze Sedum sieboldii, die Siebold-Fetthenne (siehe Abbildung). 

Die Anzahl der durch Ph. F. v. Siebold zwischen 1829 und 1864 erstmalig nach Europa eingeführten ostasiatischen Gewächse ist nicht mehr genau zu ermitteln. Auf jeden Fall ist sie unvergleichlich viel größer (einige Hunderte) als die Zahl aller zuvor aus Ostasien in unsere Gärten, Fensterbänke und Gewächshäuser gelangten Arten. Ihre wirtschaftliche Bedeutung, insbesondere für den Gartenbau, war und ist noch immer sehr beachtlich.

Zu diesen Neueinfuhren zählen z.B. die Goldband- und Prachtlilie, verschiedene Hortensien, Funkien, Päonien, Weigelien und die Japanische Zierquitte, von denen inzwischen auch viele Zuchtformen im Handel sind, die Dreispitzige Jungfernrebe ("Wilder Wein", siehe Abbildung), die auf den zum 17. 2. 1996 in Deutschland und Japan herausgegebenen Siebold-Sonderbriefmarken abgebildet ist, der Blauglockenbaum (= "Kaiserliche Paulownie", siehe Abbildung), die Japanische Glyzine ("Blauregen"), ein japanischer Zierapfel ("Reichblütiger Apfel") und Elfen- oder Sockenblumen, aber auch mehrere beliebte Nadelgehölze, wie z. B. die Japanische Eibe und verschiedenartige Scheinzypressen. Die widerstandsfähige Zimmeraralie und das als "Schusterpalme" bekannte, genügsame Liliengewächs sind neben zwei buntlaubigen Sorten des Japanischen Spindelstrauches in Töpfen oder Kübeln kultivierte, viel verwendete Dekorationspflanzen.

Darüberhinaus gibt es hunderte anderer ostasiatischer Pflanzen, die mit Ph. F. v. Siebold in Zusammenhang gebracht werden und als "Siebold-Pflanzen" gelten können. Selbstverständlich zählen in erster Linie all jene Pflanzen dazu, die er während seiner beiden Japanaufenthalte (1823-1829 und 1859-1863) zusammengetragen und wissenschaftlich bearbeitet hat.  Etwa 350 Pflanzenarten versah er erstmalig mit einem international verständlichen Namen und beschrieb zunächst allein (z. B. Broussonetia kazinoki Sieb., siehe Abbildung). später in Zusammenarbeit mit dem Münchener Botaniker J. G. Zuccarini (1797-1848) (z.B. Acer carpinifolium Sieb. & Zucc., siehe Abbildung) ihre charakteristischen Merkmale auf wissenschaftliche Weise.

Durch Veröffentlichungen dieser wissenschaftlichen Arbeiten wurden diese Pflanzen erstmalig weltweit bekannt gemacht. Aber nicht nur die Floristik und Systematische Botanik, sondern auch andere Teildisziplinen der Pflanzenwissenschaft erfuhren durch ihn eine große Bereicherung.