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    Nachlaß, Satiren und Ironien

    Projektbeschreibung
    "Satiren und Ironien"

    von Birgit Sick

    Das an der Arbeitsstelle Jean-Paul-Edition der Julius-Maximilians-Universität Würzburg beheimatete "Satiren- und Ironienprojekt" schließt mit Band 10 die II. Abteilung der noch von Eduard Berend begründeten historisch-kritischen Ausgabe der Sämtlichen Werke Jean Pauls (Nachlaß) ab. Hauptherausgeber der Nachlaßabteilung sind Ulrich Ott (Marbach) und Helmut Pfotenhauer (Würzburg).

    Textgrundlage dieser Edition sind die insgesamt 21 Entwurfshefte der Satiren und Ironien Jean Pauls, deren Handschriften sich im Nachlaß des Autors in der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz befinden (Faszikel 12a und 12b).

    Ziele des Editionsprojektes

    Förderung und Projektabschluß

    Innerhalb des mit rund 40.000 Seiten äußerst umfangreichen Nachlasses handelt es sich bei den zwischen 1782 und 1803 entstandenen Satiren und Ironien, wie Titulierung, fortlaufende Nummerierung und Datierung von Jean Pauls Hand zeigen, um eine eigenständige Reihe, die keinem anderen werkgenetischen Kontext zugeordnet werden kann. Auf insgesamt rund 2.000 Manuskriptseiten sammelte der Autor viele Tausende mehr oder weniger lange Einträge zu unterschiedlichsten Themenbereichen. Diese Einfälle, Vergleiche, Bonmots und "Brokardika der Menschenkenntnis" lieferten ihm, wie zahlreiche Bearbeitungsvermerke in den Handschriften zeigen, wiederholt Material für die Extrablätter, Digressionen und Geschichten der satirischen Figuren seiner Romane. 

    Textproben

    Mit der Edition und Kommentierung der Satiren und Ironien wird ein bisher unbekannter, nichtsdestoweniger aber zentraler Bestandteil im Schreibprozeß Jean Pauls zugänglich gemacht. Als umfangreiches Magazin, in dem der Autor sich einen Vorrat für laufende oder künftige Produktionen erarbeitete, erfüllt die Sammlung der Satiren und Ironien für den Schreibprozeß des Autors eine ähnliche Funktion wie andere Textkonvolute des Nachlasses - beispielsweise die in Bd. II/6 der historisch-kritischen Jean Paul-Ausgabe edierten Konvolute der Dichtungen, Merkblätter oder Studienhefte.

    Das "Satiren- und Ironienprojekt" hat innerhalb der historisch-kritischen Jean-Paul-Edition Pilotcharakter, denn mit der Publikation der Satiren und Ironien werden zum ersten Mal die neu erarbeiteten Editionsprinzipien angewendet, die die editorische Darstellung der edierten Texte wesentlich von den früheren Bänden der Abteilung II unterscheiden.

    Der editorische Schwerpunkt besteht nun darin, eine Textgrundlage herzustellen, die die spezifisch fragmentierende Schreibweise Jean Pauls so weit wie möglich erhält und dabei gleichzeitig den Text für die zukünftigen Benutzer der historisch-kritischen Ausgabe in einer lesbaren Form präsentiert. Dies geschieht vor allem dadurch, daß das umfangreiche Jean Paulsche Abkürzungssystem zwar weiterhin von der Herausgeberin ergänzt wird, diese Ergänzungen jedoch durch Kursivierung im Druck sichtbar gemacht werden. Auf diese Weise werden sowohl das Schreibgeschehen als auch die Bearbeitungen bzw. Eingriffe der Herausgeberin rekonstruierbar. Diese neuen Editionsprinzipien gelten als Grundlage für alle weiteren Projekte, die Teile des Jean-Paul-Nachlasses historisch-kritisch edieren, beispielsweise für Band 9 der II. Abteilung (Nachlaß) oder für die Edition der Romanvorarbeiten des Pilotbandes "Hesperus" der neuen Werkausgabe. Auch satztechnisch präsentiert sich die Edition der Satiren und Ironien auf eine neue Art und Weise: Text und Varianten erscheinen zukünftig auf ein und derselben Buchseite.

    Das Neue an der historisch-kritischen Edition dieses Konvolutes ist außerdem, daß sich hier erstmals - ausgehend von den Einträgen und Bearbeitungsspuren des Autors - der Schreibprozeß Jean Pauls nahezu lückenlos in alle Richtungen, d.h. sowohl ,zurück' in die Exzerpthefte und - im Idealfall - auch in die identifizierten Quellentexte, als auch ,nach vorne' in die veröffentlichten literarischen Texte (dies sind zumeist die Romane) dokumentieren läßt.

    Kommentarbeispiel

    Auf diese Weise wird zum ersten Mal in der Jean-Paul-Edition (aus der Perspektive des Nachlasses) die Schreibarbeit des Autors von der Exzerptstelle über die Weiterverarbeitung des Exzerpt-Notats in den Satiren und Ironien bis hin zur Bearbeitung wiederum des Satire-Eintrags in den Romanen sichtbar. Derartige Reihen von lückenlosen Nachweisen bislang unbekannter Querverbindungen im Werk Jean Pauls, die den künftigen Benutzern der historisch-kritischen Ausgabe neue Einblicke in die Arbeitsweise des Autors ermöglichen, bilden den Schwerpunkt der Kommentararbeit des Satiren- und Ironienprojektes.

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