"Leben Fibels"
Projektbeschreibung "Leben Fibels"
von Alexander Kluger
"Kein Werk wurde von mir so oft - schon den 6 Nov. 1806 das erste Mal – angefangen, und unterbrochen als dieses Werkchen." Mit diesen Worten beginnt Jean Paul seinen 1811 bei Schrag mit der Jahreszahl 1812 erschienenen Roman "Leben Fibels". Tatsächlich ist die Entstehungsgeschichte dieses Textes äußerst komplex: Die Vorarbeiten zeugen nicht von einem zielgerichteten Prozess, sondern bestehen vielmehr aus assoziativen Suchbewegungen, die immer wieder in die Produktion anderer Texte münden, um aus diesen heraus wieder neue Motive und Züge für den "Haupttext" des Leben Fibels zu entwickeln. Insgesamt präsentiert sich das Bild eines nie endenden, weil immer wieder neu sich entwickelnden und erweiternden work in progress, das äußerst charakteristisch für das Spätwerk Jean Pauls ist. In der Beschäftigung mit diesen Vorarbeiten stellen sich schließlich zentrale editionsphilologische Fragen: Was ist noch darstellbar? Darf ein Editor bei einer so engen Verflechtung mit Vorarbeiten anderer Texte überhaupt noch eine Trennung zwischen "zugehörigem" und "nicht zugehörigem" Material vornehmen? Und letztendlich erscheint der Begriff "Vorarbeiten" selbst fragwürdig, da er gerade in diesem Fall Textzeugnisse von ungeheurer Dynamik und Kreativität zu bloßen Vorstufen eines später vorgelegten fertigen Produktes degradiert.Um der komplexen Entstehungsgeschichte dieses Werkes gerecht zu werden entsteht an der Universität Würzburg eine genetisch orientierte, historisch-kritische Ausgabe des Leben Fibels. Es handelt sich dabei um ein von der Studienstiftung des deutschen Volkes gefördertes Dissertationsprojekt. Neben der Wiederherstellung der historischen Gestalt des Originaltextes liegt ein besonderer Schwerpunkt dieser Edition auf der vollständigen Wiedergabe der bisher unveröffentlichten Vorarbeiten zum "Leben Fibels", welche einen Einblick in die in der Forschung noch weitgehend unbekannte Komplexität des Spätwerks Jean Pauls ermöglichen sollen. Vervollständigt werden soll die Ausgabe schließlich durch einen Kommentar, der sich Dank der Vorarbeit anderer Projekte der Forschungsstelle Jean-Paul-Edition (Exzerpte, Einfälle, Satiren) auch erstmals großflächig auf Konvolute des Nachlasses stützen kann.Das Editionsprojekt wurde im Juli 2010 philologisch abgeschlossen. Es soll als Hybrid-Ausgabe erscheinen, die aus zwei sich ergänzenden Komponenten, einer Druck-Edition und einer digitalen Edition, bestehen wird. Derzeit wird zunächst die Publikation der Druck-Edition vorbereitet. Bald darauf soll dann hier der digitale Teil der Ausgabe erscheinen.