'issues' und '-isms', wokeness und Postkolonialismus - Muss die Ägyptologie dekolonisiert werden?
Würzburger Altertumswissenschaftliches Zentrum – Ringvorlesung
Date: | 10/24/2022, 6:00 PM - 8:00 PM |
Speaker: | Thomas Gertzen (Potsdam/Berlin) |
Vor etwa zwei Jahrzehnten hat in der Ägyptologie eine kritische und zunehmend professionalisierte Auseinandersetzung mit der eigenen Fachgeschichte begonnen. Dem waren - im damals geteilten Deutschland - Ende der siebziger Jahre bereits erste Ansätze zu einer Fachgeschichtsschreibung vorausgegangen, die noch heute den Forschungsdiskurs mitbestimmen. Neben der Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen politischen Systemen der deutschen Geschichte, stehen zunehmend auch Fragen der post colonial studies im Mittelpunkt historischer und die fachinterne Erinnerungskultur betreffender Diskussionen. Die Untersuchung der Rolle von Ägyptologie und insbesondere Ägyptologen (bis zur Mitte des 20. Jh. beinahe ausschließlich männlichen Geschlechts) im Kontext von Imperialismus, Nationalsozialismus oder sozialistischer Diktatur, scheint den Fachhistoriker zu moralischen Stellungnahmen und Werturteilen zu nötigen, was aber dem Anspruch wissenschaftlichen Arbeitens zuwiderlaufen kann. Neben einer nahezu 'inquisitorischen' Verdammung, die sogar zur Forderung der Abschaffung der Disziplin führen kann, gibt es auch gegenläufige Tendenzen, bei der z.B. eine postkoloniale Gesinnung auf die Darstellung archäologischer Unternehmungen der DDR im Sudan projiziert oder die Rolle von Frauen in der Fachgeschichte - mitunter entgegen dem historischen Befund - besonders hervorgehoben und etwaige negative Aspekte in solchen Fällen lieber verschwiegen werden. Der Vortrag versteht sich als ein Plädoyer für eine kritische, möglichst viele Aspekte des Themas berücksichtigende wissenschaftsgeschichtliche Auseinandersetzung, die jedoch gleichzeitig ein schlichtes 'schwarz-weiß-Denken' und moralisierende Werturteile vermeidet.
Der Vortrag findet im Toscanasaal der Residenz (Südflügel) statt.
Eintritt frei
Link zur Homepage des WAZ: www.uni-wuerzburg.de/forschung/waz/startseite/
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