Plutarchs Schrift "Bruta animalia ratione uti" (oder: "Gryllos")
06/30/2014Gastvortrag von Prof. Dr. Jochen Althoff (Johannes Gutenberg-Universität Mainz) Montag, den 30. Juni 2014 im Toscanasaal der Residenz
Das erstaunliche kleine Werk greift auf die bekannte Kirke-Episode im zehnten Buch der Odyssee zurück. Kirke hatte einen Erkundungstrupp des Odysseus durch Anwendung ihrer Zauberkunst in Schweine verwandelt. Später gelingt es Odysseus mit göttlicher Hilfe, seine Gefährten aus ihrem tierischen Dasein zu befreien. Am Beginn von Plutarchs Schrift finden wir Kirke und Odysseus im Gespräch darüber, wie er seine Gefährten wieder in Menschen rückverwandeln kann. Kirke antwortet, dass die betroffenen Schweine dies selbst entscheiden müssten. Die hinderliche Sprachbarriere beseitigt Kirke, indem sie einem Schwein namens Gryllos ("Grunzer") die menschliche Sprache verleiht. Mit ihm unterhält sich Odysseus dann, und es stellt sich zu seinem Erstaunen heraus, dass das Schwein, das vormals ein Mensch war, gar keine Ambitionen hat, wieder in seine menschliche Gestalt zurückzukehren. Vielmehr legt es die zahlreichen Vorteile tierischen Lebens dar, die im Wesentlichen darauf hinauslaufen, dass die Tiere von menschlicher Verdorbenheit in moralischen Fragen völlig frei sind.
Das Werk bricht mitten in einem Argument über die Gottesfurcht der Tiere ab, ist also unvollständig. Sehr wahrscheinlich musste aber Odysseus am Ende dieses Dialogs erkennen, dass sein ursprünglicher Plan tatsächlich sinnlos ist, weil die Tiere den Menschen vielfach überlegen sind.
Der Vortrag will zunächst einmal dieses selten gelesene Werk vorstellen und die philosophischen und literarischen Hintergründe erhellen. Im Vordergrund soll die Frage stehen, welches Bild von der Tierwelt Plutarch in dieser Schrift entwickelt.
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