Übersicht
4. GSiK-Tag: Brennpunkt Migration und Flucht
Vortrag: Europa in der "Flüchtlingskrise"?
Prof. Dr. Karl-Heinz Meier-Braun
Die Zahl der Menschen, die weltweit auf der Flucht sind, hat eine traurige Rekordmarke von 60 Millionen erreicht. Noch nie gab es seit dem Zweiten Wetlkrieg so viele Flüchtlinge wie jetzt. Kriege, Menschenrechtsverletzungen, Hunger, Armut oder Umweltkatastrophen zwingen immer mehr Frauen, Männer und Kinder dazu, Ihre Heimat zu verlassen.
In Deutschland, in ganz Europa, stehen die steigenden Flüchtlingszahlen im Brennpunkt. Ein Integrationsgipfel jagt den anderen, gegenseitige Schuldzuweisungen der Regierungen bestimmen die Schlagzeilen.
Flucht und Migration - vor welchen Herausforderungen stehen Politik, Gesellschaft und Medien? Wie sehen weltweit die Daten und Fakten aus? Auf diese und andere Fragen geht Prof. Dr. Karl-Heinz Meier-Braun in seinem Vortrag ein. Er ist Integrationsbeauftragter des Südwestrundfunks, anerkannter Experte, Buchautor, Honorarprofessor an der Universität Tübingen, Vorstandsmitglied im Rat für Migration und Landesvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN).
Workshopprogramm
Workshop 1: Fremd, bekannt, verwandt – was macht den Unterschied?
Dr. Dieter Mahsberg (Biologie)
In der Natur ist die Unterscheidung von eigen und fremd überlebenswichtig, auf zellulärer Ebene wie auch zwischen Individuen. Neben sich daraus ergebenden Abwehrmechanismen (z.B. Immunsystem, Schutz vor Parasiten) gibt es aber auch
Zusammenspiele von Fremden, die zur gegenseitigen Stärkung beitragen (z.B. Symbiosen). Wie wird unser zwischenmenschliches Verhalten durch solche biologischen Vorgaben beeinflusst? Verändert sich unsere Einstellung zu Mitmenschen mit Gruppengröße und Anonymität, z.B. auch in sozialen Medien? Viele Disziplinen können hierzu Beiträge liefern.
Workshop 2: Fluchtmigration - zwischen Traum und Trauma
Nina Reinsch (Sonderpädagogik)
Immer mehr Flüchtlinge erreichen nach Monaten oder sogar Jahren der Flucht Europa. Sie hoffen auf ein Leben in Sicherheit, ohne politische Verfolgung oder Elend. Die thematische Auseinandersetzung mit Fluchtmigration ist allerdings nicht nur auf politischer Ebene relevant: es stellt sich die Frage, welche Folgen die Erfahrungen vor, während und nach der Flucht auf das psychosoziale Belastungserleben der Flüchtlinge haben.
In dem Workshop werden, nach dem Klären von notwendigen begrifflichen Grundlagen, multifaktorielle Hintergründe des psychosozialen Belastungserlebens von Flüchtlingen aus (sonder-)pädagogischer Perspektive erarbeitet. Hierbei richtet sich der Fokus auf Traumatisierungsprozesse.
Workshop 3: Case based learning: Ill-health of and health care for asylum seekers
Sandra Parisi, Katharina Bögel, Loraine Stötter (Medizinische Fakultät)
Die TeilnehmerInnen werden Grundlagen des Asyl- und Flüchtlingsrechts in Deutschland und der EU herausstellen und den Gesundheitsstatus und -versorgung von Asylsuchenden analysieren. Die Lebensbedingungen und deren Auswirkungen auf die Gesundheit werden dargestellt. Zudem wird versucht Empathie für vulnerable Gruppen auf professioneller Ebene zu entwickeln ohne über Gründe von Asylanträgen zu urteilen. Moralische und rechtliche Pflichten von Gesundheitspersonal werden reflektiert, sowie deren Möglichkeiten bei der Prävention von struktureller Gewalt dargestellt. Die Anwendung der Konzepte social determinants of health, structural violence und health inequity im Kontext der Migrantenmedizin und Gesundheitsprobleme aus einer breiten sozial-rechtlichen Perspektive werden betrachtet.
Workshop 4: Religion und Flucht – vielseitige Verstrickungen
Susanne Döhnert (Kath. Theologie)
Krieg, Verfolgung, Streit um Religion, Glaube, Kultur oder Weltanschauungen, wirtschaftliche Not und fehlende Zukunftsperspektiven – im Jahr 2015 sind so viele Menschen auf der Flucht und auf der Suche nach einer neuen Lebensperspektive, wie schon lange nicht mehr. Europa, insbesondere Deutschland, scheint für viele als Ort der Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
Viele Menschen kommen nach Deutschland, weil religiöse Fundamentalisten ihre Heimat bedrohen. In Deutschland ist zwar das Asylrecht von der Verfassung garantiert, die deutsche Gesellschaft hat jedoch zum Teil Schwierigkeiten damit, und gerade der Islam wird von verschiedenen Bevölkerungsgruppen als Bedrohung aufgenommen. Nicht erst mit dem hohen Anstieg der Flüchtlingszahlen in diesem Jahr werden in Deutschland intensive Debatten darüber geführt, wie viele Menschen mit anderer religiöser und kultureller Identität die deutsche Gesellschaft aufnehmen kann und wie die Integration in die deutsche Gesellschaft gelingt. Der Dialog der Religionen ist ein Beispiel dafür, sich dieser Herausforderung anzunehmen.
Im Workshop soll der Frage nachgegangen werden, welche Rolle Religion in dem Kontext der Flüchtlingsbewegung spielt. Dabei werden vielfältige Aspekte von Religion und Flucht gemeinsam erarbeitet und diskutiert.
Workshop 5: Zwischen Helfen und Hassen - unser Verhältnis zu Flüchtlingen
Dieter Mahsberg (Biologie)
Die Flut der Flüchtlinge wird von einer ebensolchen Flut persönlicher Meinungen, offizieller Stellungnahmen, von Erklärungsversuchen und Prognosen begleitet, die auch Stimmungen widerspiegeln bzw. erzeugen. Im Workshop soll an Hand von Schlagzeilen, Presseartikeln etc. die Wirkung und Intention dieser Inhalte analysiert werden.
Workshop 6: Pädagogische Arbeit mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen
Miriam Wurzer / Khulud Sharif-Ali (Pädagogik)
Das Arbeitsfeld der Sozialen Arbeit mit Kinderflüchtlingen birgt aufgrund der aktuellen Flüchtlingslage in der Bundesrepublik Deutschland sehr spezielle Anforderungen an die Betreuung, Aufnahme und Integration dieser Kinder. Aufgrund der Komplexität des Arbeitsfeldes besteht jedoch in der Praxis ein hoher Bedarf an sachlicher Information, fachlicher Orientierung und wissenschaftlicher Reflexion. Dieser Workshop lädt Sie herzlich dazu ein, sich mit der Situation von minderjährigen Flüchtlingen in Deutschland auseinanderzusetzen. Dabei werden sich die Teilnehmer mit dem Asylverfahren und den rechtlichen Grundlagen näher befassen und die Spannungsfelder in diesem Bereich in Gruppen erarbeiten. Ferner werden anhand von didaktischen Methoden den Teilnehmern Einblicke in die interkulturelle Pädagogik dargeboten, um vor allem notwendige Kompetenzen und Handlungskonzepte für die pädagogische Flüchtlingsarbeit zu erlernen.
Workshop 7: Soziale Integration und Ehrenamt in der Stadt Würzburg
Burkard Fuchs (Stadt Würzburg)
Bei diesem Workshop steht die praktische Umsetzung sozialer Integration im Kontext ehrenamtlichen Engagements und deren Realisierung in der Stadt Würzburg im Mittelpunkt. Was bedeutet soziale Integration, welche Rolle spielt Ehrenamt in diesem Zusammenhang und wie lässt sich Integration im Alltag realisieren. Welchen Hilfen benötigen die Menschen, wie kann Engagement der Bürger so koordiniert und strukturiert werden, dass die Bedarfe gedeckt werden. Wie lassen sich dabei Gefahren wie etwa Überbehütung oder erlernte Hilflosigkeit vermeiden? Diese und ähnliche Fragekomplexe werden am Beispiel der Koordination ehrenamtlichen Engagements in der Stadt Würzburg diskutiert und vorhandene Lösungsansätze weiter vertieft.
Workshop 8: Identität, Kultur und Migration
Dominik Egger (GSIK-Zentrale)
Was ist Kultur? Was ist Identität? In welcher Beziehung stehen diese Begriffe? Der Workshop versucht die Problemlagen dieser Begriffe herauszuarbeiten sowie deren theoretische und praktische Bedeutung für das Menschsein im Allgemeinen und Migrationserfahrungen im Konkreten.