Mit Kompass an die Uni
02/24/2015„Mehr Bildungsgerechtigkeit, mehr Bildungserfolg“: So lautet das Motto des Förderprogramms Studienkompass. Es unterstützt Schüler aus Familien ohne akademische Erfahrung beim Start ins Studium und hilft ihnen bei der Fächerwahl. Zwei Würzburger Studentinnen haben damit gute Erfahrungen gemacht.
„In meiner Familie hat noch niemand studiert. Deshalb hatte auch niemand eine Ahnung, wie das überhaupt abläuft. Welches ist das richtige Fach für mich? Wie bewerbe ich mich? Wann muss ich mich bewerben? Und wie funktioniert das an der Uni eigentlich? Auf diese Fragen hatte niemand eine Antwort.“
Michelle Försch studiert seit dem Wintersemester Psychologie an der Universität Würzburg. Über eine Infoveranstaltung an ihrer Schule war sie auf das Förderprogramm Studienkompass aufmerksam geworden; nach einem kurzen Test wurde sie in das Programm aufgenommen. Jetzt ist sie Mitglied der Regionalgruppe Würzburg – zusammen mit rund 20 weiteren Studierenden.
Ähnlich ist es bei Lisa Herbst gelaufen: Auch sie hatte in der Schule von dem Programm erfahren und sich dann beworben. „Es waren knapp 60 Leute bei dem Test, wobei 20 letztendlich genommen wurden“, erinnert sie sich. Das war im Jahr 2010. Inzwischen studiert Lisa im fünften Semester Medienkommunikation; das Förderprogramm ist für sie bereits beendet. Angst vor dem Test muss man ihrer Meinung nach nicht haben. „Es geht dabei nicht um Schulnoten“, sagt sie. Wichtiger sei die eigene Einstellung einem Studium gegenüber und das Engagement.
Die Gründer und ihre Beweggründe
„In Deutschland sind die Bildungs- und Aufstiegschancen junger Menschen stark von der sozialen Herkunft abhängig.“ Das schreibt das Förderprogramm Studienkompass auf seiner Homepage. Mit dieser Tatsache wollten sich die daran Beteiligten allerdings nicht abfinden; auf Initiative der Accenture-Stiftung, der Deutsche-Bank-Stiftung und der Stiftung der Deutschen Wirtschaft haben sie deshalb im Jahr 2007 den Studienkompass ins Leben gerufen. Seitdem sind zahlreiche weitere Förderer und Unterstützer hinzugekommen. Mit vereinten Kräften arbeiten sie daran, „die Zukunftschancen junger Menschen zu verbessern“.
Drei Jahre Unterstützung an Schule und Uni
Über drei Jahre hinweg unterstützt der Studienkompass angehende Studierende aus „bildungsfernen“ Familien. „Man hat die zwei Jahre Oberstufe sowie das erste Hochschuljahr. Danach ist das offizielle Förderprogramm vorbei“, erklärt Lisa. Was nicht heißen muss, dass die Studierenden ab diesem Zeitpunkt auf sich alleine gestellt sind. Zwar gibt es dann keine offizielle Regionalgruppe mehr. „Ich habe aber noch zu allen aus meiner Gruppe Kontakt. Wir organisieren auch regelmäßig etwas“, sagt Lisa.
Intensive Workshops gehören zum Programm
Workshops sind ein wichtiger Bestandteil des Förderprogramms. „Ich habe an fünf Workshops teilgenommen, die vom Studienkompass zentral aus Berlin organisiert wurden“, sagt Lisa. Zusammen mit den Regionalgruppen aus Bamberg und Nürnberg habe sie dabei meistens ein Wochenende lang intensiv „Programm von früh bis spät“ gehabt.
So dreht sich beispielsweise der erste Workshop am Ende der Schulzeit um die Frage: „Was will ich (werden)?“ Wer bin ich? Was sind meine Stärken und Interessen? Und wovor habe ich eigentlich Angst? Bei der Suche nach Antworten auf all diese Fragen bekommen die Studienkompass-Teilnehmer in diesem Workshop Unterstützung. Und zu Beginn des Studiums dreht sich ein Workshop um die Frage: „Was brauche ich, um mein Studium erfolgreich zu absolvieren?“
Vertrauenspersonen kümmern sich ehrenamtlich
Ein weiteres wichtiges Element des Förderprogramms sind die sogenannten Vertrauenspersonen. „Wir waren 20 Stipendiaten und hatten drei Vertrauenspersonen“, erklärt Lisa. Ein Lehramtsstudent, ein Student der Politikwissenschaft und eine Lehrerin hätten sich ehrenamtlich um sie gekümmert. „Wir haben uns einmal im Monat mit ihnen getroffen und dabei über verschiedene Themen gesprochen, beispielsweise die Finanzierung im Studium, Stipendien oder Möglichkeiten eines Auslandsaufenthalts.“
Eine finanzielle Förderung der Studierenden ist übrigens nicht Teil des Programms. „Nein, es gibt keine finanzielle Förderung“, so Lisa. Allerdings sei die Teilnahme an dem Programm kostenfrei.
Angebot auch für die Eltern
Auch für die Eltern der Geförderten hat das Programm ein Angebot parat: Mit dem Elternkompass informiert es sie über die Möglichkeiten ihrer Kinder, das passende Stipendium zur Finanzierung des Studiums zu finden. „Meine Eltern haben sich nicht so ausführlich damit beschäftigt. Es ist aber für jeden über das Internet zugänglich. Hier geht es darum, wer sich für ein Stipendium bewerben kann, welche Voraussetzungen man dafür benötigt und wo man sich überall bewerben kann. Und dass ein Stipendium nicht nur etwas für Studierende mit einem Einser-Abiturdurchschnitt ist, sondern sehr wohl auch was für Menschen, die kein sonderlich gutes Abitur gemacht haben“, erläutert Michelle.
Der Netzwerkgedanke spielt beim Studienkompass ebenfalls eine wichtige Rolle. In der Studienkompass-Community sind alle aktuellen Teilnehmer sowie Ehemalige angemeldet. Jeder kann dort mit jedem Kontakt aufnehmen, was nicht zuletzt eine Hilfe bei der Suche nach Praktikumsplätzen oder bei Fragen zur Berufswahl bedeutet.
Positiv fassen Michelle und Lisa zusammen, dass ihnen besonders die Arbeit der Vertrauenspersonen sowie der Netzwerkgedanke hinter dem Förderprogramm gefallen. Toll sei auch das Gefühl, in einer Gruppe von Schülern und Studierenden integriert zu sein, die ähnliche Gedanken, Sorgen und Wünsche teilen. Besonders entscheidend ist dabei, dass dieses Zusammengehörigkeitsbewusstsein auch noch über die Zeit des Förderprogramms hinausreicht: „Es ist großartig, dass man auf die Leute auch noch zählen kann, wenn man das Programm bereits verlassen hat“, so Lisas Fazit ihrer Erfahrungen mit dem Studienkompass.
Hannah Ziegler
Bewerbungen für den Studienkompass-Jahrgang 2015 sind bis 15. März möglich: