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Studieren in Corona-Zeiten

04/06/2020

Das Sommersemester startet am 20. April – wegen der Corona-Pandemie vorerst ohne Präsenzlehre. Es wird nicht auf Regelstudienzeit und Bafög angerechnet und um zwei Wochen verlängert. Die Uni baut die digitale Lehre aus.

Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (r.) und JMU-Präsident Alfred Forchel waren vom Senatssaal aus in die Videokonferenz eingeschaltet.
Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (r.) und JMU-Präsident Alfred Forchel waren vom Senatssaal aus in die Videokonferenz eingeschaltet. (Image: Josef Wilhelm / Universität Würzburg)

Im Zeichen der Corona-Pandemie bereitet sich die Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg intensiv auf den – zunächst digitalen – Start der Vorlesungszeit im Sommersemester 2020 vor. Stichtag ist der Montag, 20. April. Seit Wochen arbeitet die JMU daran, ihre Online-Konzepte weiterzuentwickeln und alternative Lehrangebote neu zu erstellen.

Schon jetzt gibt es zu zwei Dritteln des JMU-Lehrangebots digitale Komponenten. Wie diese konkret aussehen können, ließ sich Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler am 6. April bei einem Besuch in Würzburg aus erster Hand erklären.

JMU-Präsident Alfred Forchel bezeichnete es als vorbildlich, dass die Staatsregierung sich um die Abläufe auch vor Ort kümmere. Das Sommersemester 2020 werde kein „Perfektionssemester“ sein, doch ein Studium solle in möglichst hohem Maße realisierbar werden.

Gesundheitliche Fürsorge im Fokus

Minister Sibler betonte, dass dieses Sommersemester nicht auf Regelstudienzeit und Bafög angerechnet werde. Ob die bayerischen Hochschulen im Lauf des Semesters in die Präsenzlehre einsteigen könnten, hänge von der epidemiologischen Lage ab.

Dazu Präsident Forchel: „Oberste Zielsetzung muss sein, dass in diesem Semester für Studierende und Mitarbeitende keine Nachteile entstehen. Zudem stehen die gesundheitliche Fürsorge und die Belange aller Angehörigen und Gruppen unserer Universität im Fokus.“

Zwei Wochen Zeitpuffer im August

Praktika in den Naturwissenschaften seien vorerst nicht durchführbar. Auch um hierfür einen Zeitpuffer zu schaffen, wurde das Sommersemester in Bayern um zwei Wochen verlängert – bis Freitag, 7. August. Die Hoffnung ist, dass Praktika im Lauf des Semesters womöglich doch noch starten können. Nicht-Präsenz-Lehrveranstaltungen sollten aber im regulären Zeitfenster bis 24. Juli beendet werden können.

Was bereits verschobene und noch kommende Prüfungen angeht: Hier arbeite die Universität derzeit intensiv an einer Lösung, so der Präsident.

Beispiele für digitale Lehre

Im Rahmen einer Videokonferenz informierte sich Minister Sibler bei Lehrenden und Studierenden über das digitale Angebot der JMU.

Über die JMU-Lernplattform WueCampus können Lehrende und Studierende online interagieren – über 2.000 Kurse sind hier aktuell belegbar. Die Plattform CaseTrain ermöglicht digitales fallbasiertes Training. Hier können die Studierenden selbstständig echte Praxisfälle oder praxisnahe, didaktisch aufbereitete Problemfälle lösen.

Allein im Jahr 2019 wurden via CaseTrain über 2.000 Fälle in über 300 Kursen angeboten und von mehr als 10.000 Studierenden bearbeitet. Die Plattform wird unter anderem in Medizin, Informatik und den Humanwissenschaften eingesetzt.

Medizin: eScouts unterstützen Lehrende

Professorin Sarah König, Studiendekanin der Medizin, stellte dem Minister CaseTrain vor. Ihr zufolge werden in der Fakultät aktuell viele Powerpoint-Lehrpräsentationen vertont oder mit Notizen versehen, um sie zum Semesterstart bestmöglich auf WueCampus einsetzen zu können. Wenn Lehrende der Medizin beim Erstellen digitaler Lehrangebote Unterstützung benötigen, können sie auf fünf geschulte Studierende zählen, die als eScouts im Einsatz sind.

Wirtschaftsinformatik: Inverted Classroom

Professor Frédéric Thiesse (Wirtschaftsinformatik) beschrieb beispielhaft eine Lehrveranstaltung zur Programmierausbildung, die schon seit fünf Jahren nach dem Prinzip „Flipped Classroom“ durchgeführt wird.

Hier wurde eine Präsenzvorlesung durch rein digitale Inhalte ersetzt: Zu acht Themenblöcken gibt es je fünf Lehrvideos, die 10 bis 25 Minuten dauern. Acht Wochen lang können sich die Studierenden damit auseinandersetzen; dem folgt Gruppenarbeit auf einer digitalen Cloud-Plattform. Hierzu gab es bislang eine Präsenzübung, die jetzt durch Video-Telefon-Konferenzen ersetzt wird.

Wirtschaftsinformatik-Studentin Sandra Staudigel hat diesen Kurs bereits mitgemacht. Sie beschrieb dem Minister einige Vorteile – freie Zeiteinteilung und Online-Gruppenarbeit gehören dazu. „Wenn man etwas nicht gleich versteht, kann man das Video einfach anhalten und den Inhalt nochmal abspielen.“

Digitale Lehre: JMU fängt nicht bei Null an

Minister Sibler war von den Präsentationen beeindruckt: „Es wird hier ganz deutlich, dass wir in der digitalen Lehre nicht bei Null stehen! Es ist schon sehr viel Vorwissen da. Mit diesen flexiblen, modernen und qualitätsvollen Online-Konzepten ist die Universität Würzburg sehr gut vorbereitet auf den Vorlesungsbeginn.“

Philosophische Fakultät: Videokonferenzen und mehr

Diesen Eindruck untermauerte Professorin Maria Eisenmann, Studiendekanin der Philosophischen Fakultät. „Wir verfügen schon seit 2015 über Erklärvideos, die nach dem Prinzip des Flipped Classroom eingesetzt werden, zum Beispiel im Studium der Geschichte.“ In ihrem eigenen Bereich, der englischen Fachdidaktik, laufen bereits Blockseminare via Videokonferenz. Über diesen Weg findet auch studentische Gruppenarbeit statt, wobei sich die Lehrenden aktiv in die einzelnen Gruppen einklinken können. Noch in Entwicklung sind die DigiLLabs – das sind innovative Lehr-Lern-Labore zur Vermittlung digitaler Qualifikationen.

Mathematik: Online-Übung für Studienanfänger

Dr. Richard Greiner, Jan Bartsch und Jonas Berberich aus der Mathematik zeigten ein Beispiel für Vorlesungen, die online gehalten werden. Hier konnte sich der Minister live in eine laufende Lehrveranstaltung einschalten, in den ersten Tag eines Vorkurses für Studienanfänger, einer Online-Übung zur Mathematik. Dieser Kurs beinhaltet unter anderem eine Chat-Funktion, mit der die Teilnehmenden ihre Fragen loswerden können.

Studium mit WueStudy planen

Mit dem Campus-Management-System „WueStudy“ können die Studierenden der JMU ihren Studiengang umfassend online planen – unter anderem ihren Stundenplan organisieren, sich für Prüfungen anmelden oder ihren Leistungsstand überprüfen. Die Universitätsbibliothek ist digital über das Portal „UB Wue 400“ nutzbar. Ein am Server der JMU angelegter Chat-Service ermöglicht den aus Datenschutzsicht sicheren Austausch der Hochschulfamilie.

Unterstützung für Lehrende

Beim Ausbau der digitalen Lehr- und Lernformate unterstützt die JMU ihr wissenschaftliches Personal mit zusätzlichen Lizenzen, technischem Equipment, Hilfen für Vorlesungsaufzeichnungen, Screencasts, Videoconferencing-Tools und anderen interaktiven Formaten.

Für die Lehrenden hat die JMU außerdem ein neues Informationsangebot ins Leben gerufen: Die Webseite „Coronavirus SARS-CoV-2: Auswirkungen auf Studium und Lehre“ bündelt zahlreiche Informationen, Hinweise und Ausnahmeregelungen zum Lehr- und Prüfungsbetrieb. Auch umfassende Tipps und Tricks für digitale Angebote als Alternative zur Präsenzlehre sind hier zu finden.

By Robert Emmerich

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