Virtuelle Exkursionen für die Schule
04/07/2020Wie kann ich auf dem Smartphone eine Virtual-Reality-Exkursion für den Schulunterricht in Geographie gestalten? Das lernen Lehramtsstudierende der Universität Würzburg in einem Seminar bei Daniel Wirth.
Exkursionen sind wertvoll für Schülerinnen und Schüler. Im Fach Geographie zum Beispiel kann ein Besuch der Mainschleife bei Volkach sehr aufschlussreich sein. Wie entsteht ein Flusslauf, welches Gestein gibt es dort, wie kann nachhaltiger Weinbau oder nachhaltiger Tourismus in dieser Region funktionieren? Solche und andere Fragen lassen sich vor Ort anschaulicher beantworten als im Klassenzimmer.
„Man versucht bei Exkursionen immer, möglichst viele Perspektiven abzudecken, den Naturraum ebenso zu zeigen wie den Einfluss des Menschen“, sagt Daniel Wirth. Diesen Anspruch kennt der Dozent von der Didaktik der Geographie der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg auch aus der Praxis: Er hat mehrere Jahre als Lehrer an Realschulen gearbeitet.
Unzugängliche Räume erschließen
Viele Themen lassen sich aber nicht durch Exkursionen erschließen – weil die Zielorte zu weit weg sind oder in gefährlichen Regionen liegen. Das trifft besonders dann zu, wenn Lehrkräfte eine „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ anstreben. Denn hier geht es darum, sich konstruktiv mit Herausforderungen wie Klimawandel, Armut und Hunger auseinanderzusetzen.
„Gerade in der Geographie hat dieses Bildungsziel aber einen sehr hohen Stellenwert“, erklärt Daniel Wirth. Darum arbeitet er darauf hin, auch unzugängliche Räume für Schulexkursionen zu erschließen – mit Hilfe von Virtual Reality, kurz VR.
Wirth verwendet dafür eine Smartphone-App, die an manchen Schulen schon im Einsatz ist. Mit ihr lassen sich VR-Exkursionen erstellen. Die virtuellen Lernausflüge bestehen aus mehreren „Szenen“ mit 360-Grad-Bildaufnahmen und können mit Text- und Audioinformationen angereichert werden.
Fünf 360-Grad-Kameras angeschafft
Mit dieser App sollen erstmals im Sommersemester 2020 rund 20 Lehramtsstudierende der Geographie arbeiten. Für das Seminar hat der Dozent unter anderem fünf 360-Grad-Kameras und 30 VR-Brillengestelle gekauft, in die man Smartphones einlegen kann. Die Gestelle enthalten optische Linsen, die den Bildern auf dem Smartphone eine dreidimensionale Tiefe verleihen.
Möglich wurden die Neuanschaffungen durch die Joachim-Herz-Stiftung (Hamburg). Dort hatte sich der Würzburger Geograph mit seiner Projektidee erfolgreich beworben: Er erhielt eine Förderung von 10.000 Euro und wurde als Junior Fellow ins Stiftungskolleg „Didaktik:digital“ aufgenommen. Das Kolleg sei für ihn sehr wertvoll, sagt Wirth. Denn dort kann er sich mit 60 Didaktikerinnen und Didaktikern vernetzen, deren Arbeitsschwerpunkte auf der Digitalisierung liegen und die aus verschiedenen Fächern kommen.
Corona-Pandemie macht Umplanung nötig
Wirths Seminar an der JMU steht Studierenden aller Lehrämter ab dem vierten Semester offen. Wegen der Coronavirus-Pandemie kann es im Sommersemester allerdings nicht genau so stattfinden, wie der Dozent es geplant hatte. „Die Studierenden hätten in Kleingruppen mit den Kameras in der Region selber 360-Grad-Fotos aufnehmen und daraus VR-Exkursionen erstellen sollen. Das geht vorerst nicht“, so Wirth.
Darum hat er das Seminar umkonzipiert. Auch andere Lehrende der JMU organisieren derzeit ihre Lehrveranstaltungen um, damit sie am 20. April möglichst digital ins Sommersemester starten können.
Wirths Projekt lässt sich gut online durchführen. Mit seiner studentischen Hilfskraft Lisa Schrauth erstellt er Erklärvideos, in denen die Studierenden das Wissen vermittelt bekommen, mit dem sie dann weitgehend selbstständig Virtual-Reality-Exkursionen produzieren können. Passendes Bildmaterial sei online zu finden; die weitere Betreuung beim Gestalten erklärender Texte und Grafiken soll über Chats, E-Mail und Telefon abgewickelt werden. Ob die Studierenden wie geplant Ende Mai ihre selbst erstellten VR-Exkursionen mit echten Schulklassen testen können, wird sich zeigen.
Technisches und didaktisches Wissen
Im Seminar lernen die Studierenden übrigens nicht nur, wie sie VR-Exkursionen rein technisch realisieren können. Es geht auch um didaktische Grundlagen, etwa um die Frage, wie VR-Exkursionen gestaltet sein müssen, damit sie einen möglichst großen Lerneffekt erzielen.
Das Projekt ist auf zwei Jahre angelegt. Auch wenn das Seminar im Sommersemester 2020 in veränderter Form angeboten werden muss, kann es in den folgenden drei Semestern womöglich im Original ablaufen. Dann dürfen die Studierenden auf echtes Exkursionsfeeling hoffen – und mit den 360-Grad-Kameras losziehen und eigene Bilder machen.
Kontakt
Daniel Wirth, Didaktik der Geographie, Universität Würzburg, T +49 931 31-88749, daniel.wirth@uni-wuerzburg.de,