Steuern sind für den modernen Wohlfahrtsstaat von großer Bedeutung, da sie oftmals als Zeichen der Verbindung gesehen werden und es uns ermöglichen gemeinsame Ziele zu erreichen. Steuern berühren unser Leben in vielerlei Hinsicht und unsere Bereitschaft, durch das Zahlen von Steuern einen Beitrag zu leisten – in unserem Projekt als „fiscal citizenship“ bezeichnet – ist kompliziert. In allen Ländern gibt es eine Steuerkultur, die sich durch das Gefühl der Bürger beim Zahlen von Steuern, soziale Normen und „Steuermoral“ auszeichnet. Unser Projekt wird sich mit diesem wichtigen Thema in einer Studie befassen, die Kanada, Deutschland und das Vereinigte Königreich vergleicht und dabei die Auswirkungen des demographischen Wandels in Form von Migration auf die etablierten Normen des Steuerzahlens einbezieht.
Angesichts der wirtschaftlichen Instabilität und der im Zusammenhang mit der COVID-19 Krise entstandenen Kosten in Verbindung mit einer zunehmenden Migration ist es ein dringendes Problem die finanzielle Stabilität des Wohlfahrtsstaates sicherzustellen. Unsere Studie zielt jedoch nicht nur darauf ab Maßnahmen zu entwickeln, um die Steuerbürgerschaft zu fördern, sondern soll auch allgemeine Fragen wie beispielsweise den Einfluss eines politischen und institutionellen Kontextes auf die Präferenzen sowie die gesellschaftliche Integration adressieren. Schließlich liefert die Einstellung zur Steuerzahlung auch Erkenntnisse über weitere Aspekte moderner Gesellschaften wie soziale Normen, Respekt vor Autoritäten, Vertrauen und kulturellen Traditionen.
Es überrascht, dass wir derzeit nur wenig über die Beziehung zwischen Staatsbürgerschaft, Migration und Steuerbürgerschaft wissen, was bedeutet, dass die Steuersysteme und die Art und Weise der Steuererhebung möglicherweise nicht effizient sind. In den letzten drei bis vier Jahrzehnten haben Kanada, Deutschland und das Vereinigte Königreich jeweils einen großen Zustrom von Migranten aus einer Vielzahl anderer Länder erfahren, die jeweils eine eigene Steuerkultur auszeichnet. Diese Veränderung in der Zusammensetzung der Gesellschaften wirkt sich unweigerlich auf die Steuerbürgerschaft aus. Zugezogene bringen Erfahrungen aus ihren Heimatländern mit und haben möglicherweise Anfangs Schwierigkeiten sich an die neue Steuerkultur anzupassen, die sich ihrerseits verändern muss, um integrativer zu sein. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Steuerbehörden, die ihr Möglichstes tun, um das Steueraufkommen zu sichern, sondern auch auf die Zahlungsbereitschaft der Einheimischen.