Teilprojekt E: Vergleichende Politikwissenschaft
Die Organisierung universitärer Bildung und Kreditvergabe in Migrationsgesellschaften Südbrasiliens
Das Teilprojekt untersucht zwei Erscheinungsformen lokaler Selbstregelung in Südbrasilien in den beiden Funktionsbereichen soziokulturelle und materielle Grundlagen. Dabei soll das komplexe Verhältnis der Relationen zwischen nationaler und lokaler staatlicher Regulierung einerseits und dem Regelungsvermögen lokaler Gemeinschaften andererseits analysiert werden. Mit Santa Cruz do Sul steht ein Ort in Südbrasilien (Bundestaat Rio Grande do Sul) im Zentrum von zwei Fallstudien, in denen jeweils unterschiedliche Regelungsbereiche untersucht werden. In der ersten Fallstudie werden Bildungseinrichtungen betrachtet, die an die früheren Aktivitäten deutscher Siedler*innen anknüpfen. Konkret wird die Entstehung und Funktionsweise einer Einrichtung der höheren Bildung – der Gemeindeuniversität UNISC – analysiert, die allein von zivilgesellschaftlichen Trägern betrieben wird. Dabei wird die These untersucht, dass die Immigrant*innen maßgeblich zur Herausbildung einer virulenten Zivilgesellschaft beigetragen und sich in diesem Prozess die Liminierungszusammenhänge innerhalb der Migrationsgesellschaft verschoben und neu konstituiert haben. In der zweiten Fallstudie werden analoge Transformationen mit Blick auf die Bildung von Sozialkapital im wirtschaftlichen Bereich untersucht und zwar am Beispiel der lokalen Kreditgenossenschaft Sicredi Vale do Rio Pardo, einer der ersten Genossenschaften Brasiliens für Agrarkredite. Nicht nur aufgrund ihres Überlebens in der Militärdiktatur ist Sicredi heute ein Vorbild für Beteiligung, Transparenz und Innovation unter den Genossenschaften Brasiliens.