Teilprojekt F: Ethnologie
Lokale Selbstregelungen für die Herstellung von Sicherheit: Bürgerwehren in Burkina Faso
Das Teilprojekt untersucht lokale Selbstregelungen im Funktionsbereich der Sicherheit. Forschungsgegenstand sind Bürgerwehren (Vigilanten) in Burkina Faso. Bürgerwehren formieren sich in Reaktion auf die Zunahme von Kriminalität im ländlichen und städtischen Raum. Das Teilprojekt vergleicht zwei verschiedene Formationen von Bürgerwehren: Jäger (Jula: dozo), die sich auf eine jahrhundertealte Tradition berufen, und ‚Selbstverteidigungsgruppen‘ (groupes d’auto-défense) oder ‚Hüter des Waldes‘ (Mooré: koglweogo), die sich erst seit kurzer Zeit formieren. Das Teilprojekt untersucht die jeweiligen Aktivitäten der Bürgerwehren, ihre Selbstlegitimationen und die wechselseitigen Liminierungen. Insbesondere die rasche Ausbreitung von koglweogo steht im Zusammenhang mit den politischen Umbrüchen seit dem Volksaufstand 2014. Angesichts der Ausbreitung von Bürgerwehren befindet sich der burkinische Staat derzeit vor einem Dilemma. Einerseits haben die staatlichen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte seit langem zu wenig Personal. Daher unterstützt der Staat Formen lokaler Selbstregelung für Sicherheitsfunktionen. Andererseits destabilisieren die Bürgerwehren das Gewaltmonopol des Staates. Sie treiben willkürlich festgesetzte Geldstrafen ein, wenden Körperstrafen und Folter an und tragen trotz eines Verbotes Feuerwaffen. Darüber hinaus kommt es zu Konfrontationen zwischen Vigilanten.
Ziel ist ein differenziertes Verständnis der Anlässe, Formen und Legitimationen lokaler Selbstregelung und -organisierung innerhalb eines postkolonialen afrikanischen Nationalstaats, der den Regelfall schwacher Staatlichkeit repräsentiert, von dem die Forschungsgruppe ausgeht.