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Afrikazentrum

Schwarze Stimmen in einer weißen Musikwelt: Über Rassismuserfahrungen und Bewältigungsstrategien

Musik als universelle Sprache in einem Netz internationaler Studierender. So die Idealvorstellung des Alltags an deutschen Musikhochschulen. Die Realität sieht allerdings anders aus.

Im Gegensatz zu asiatischen Studierenden wurden bislang nur vereinzelt Schwarze Studierende an den insgesamt 24 Musikhochschulen in Deutschland aufgenommen. Sie können sich daher selten in einer Gemeinschaft zusammenschließen und stehen häufig einem primär weißen Ausbildungssystem gegenüber. Wie der Alltag Schwarzer Studierender in diesen Institutionen aussieht, beleuchtet Prof. Dr. Nepomuk Riva. Er ist deutscher Musikethnologe an der Universität Würzburg und thematisiert in seiner 2023 erschienen Studie Schwarze Stimmen in einer weissen Musikwelt die rassistischen Diskriminierungserfahrungen, die Schwarze Musikstudierende in einer häufig eurozentrisch geprägten Musikpraxis täglich erleben.

Ungerechtigkeiten und Bewältigungsstrategien der Betroffenen

Die Studie erfolgt anhand von sechs qualitativen, biografisch orientierten Interviews, die zwischen 2016 und 2020 durchgeführt wurden. Darin berichten drei Schwarze Männer und drei Schwarze Frauen, die in Afrika, Lateinamerika oder Deutschland aufgewachsen sind, über ihre Studiensituation in Deutschland, wie sie Ungerechtigkeiten – beispielsweise in Form von stereotypen Charakterzuschreibungen oder verbalen Mikroaggressionen im sozialen Umfeld – erfahren und welche Bewältigungsstrategien die Betroffenen wählen. Die Auswertung zeigt, dass die gegebenen Umstände meist nur selten einen verbalen Widerstand zulassen. Meist ertragen die Schwarzen Studierenden den rassistischen Vorfall schweigend oder verarbeiten die Diskriminierungen in einem sicheren familiären Umfeld oder unterstützendem Freundeskreis. Einsamkeitszustände sowie psychische und physische Krankheitssymptome können die schwerwiegende Folge sein.

Was kann getan werden?

Was kann also von institutioneller Seite und vom Lehrpersonal getan werden, um Schwarzen Studierenden einen Alltag mit gleichen Voraussetzungen im Studium zu garantieren? Die vorliegende Studie schließt diesbezüglich mit Handlungsempfehlungen ab. Darunter zählen unter anderem finanzieller Ausgleich, Hilfe für Schwarze Studierende bei der Organisation des Studienaufenthaltes in Deutschland und eine Reform deutscher Musikhochschulen, um eurozentrischen Inhalten und damit struktureller Benachteiligung entgegenzuwirken. Mit einer stärkeren internationalen Ausrichtung und Sensibilisierung in der wissenschaftlichen Lehre sollen Ungleichheiten leichter erkannt und gemeinsam abgebaut werden. 

Kontakt & Links

Prof. Dr. Nepomuk Riva, Vertretungsprofessor für Ethnomusikologie an der Universität Würzburg, forscht zum Afrikabild in deutschen Musikszenen. 2012 promovierte er über Kameruner Kirchenmusik. Zwischen 2016 und 2021 war er Koordinator des DAAD-Graduiertenkollegs "Performing Sustainability" der Universität Hildesheim, der Universität Cape Coast (Ghana) und der Universität Maiduguri (Nigeria).

Studie "Schwarze Stimmen in einer weißen Musikwelt"