2024
Bis in die frühen 1970er Jahre galt die Volksrepublik China in westlichen Gesellschaften als eine Art „Blackbox“ – eine aufstrebende Großmacht, über die es, nachdem sich die Volksrepublik zum Westen hin abgeschottet hatte, nur spärliche Informationen gab. Diese Funkstille füllten ab den frühen 1950er Jahren westliche Journalist:innen, Wissenschaftler:innen und Diplomaten mit ihren Deutungsangeboten und Analysen, die zu einer wichtigen Ressource in der Ausgestaltung des bundesrepublikanischen Verhältnisses zur VR China wurden. Der Hamburger Historiker Stefan Messingschlager schlägt vor, sich diesem Phänomen nicht einfach nur als Wahrnehmungsgeschichte anzunähern; vielmehr könne diese transkulturelle Vermittlung im öffentlichen Diskurs, in Wirtschaft und Politik(beratung) als spezifische Praxis von „China-Expertise“ greifbar gemacht werden. Anhand ausgewählter Beispiele bietet der Referent Einblicke in eine bisher wenig beleuchtete Dimension in der Geschichte des deutsch-chinesischen Verhältnisses, die veranschaulicht, dass China-Expertise von jeher ein Gegenstand von Zuschreibungen war und dass gerade China-Kennern außerhalb der Sinologie eine zentrale Mittler-Funktion zukam.
Am 12. Juni hatten wir die große Freude Prof. Jörn-Carsten Gottwald von der Ruhr-Universität Bochum zu einem Vortrag zur Regulierung von Fintech in China zu begrüßen. Die Volksrepublik China investiert massiv in den Ausbau ihres nationalen Innovationssystems. Eine einzigartige Kombination von Maßnahmen zielt darauf ab, chinesische Unternehmen an die Spitze der weltweiten technologischen Entwicklungen zu bringen. Ein Bereich, in dem chinesische Unternehmen sehr innovativ und erfolgreich sind, ist die Finanztechnologie einschließlich internetbasierter Finanzdienstleistungen (Fintech). Ein genauerer Blick auf Chinas "Fintech-Explosion" bietet jedoch einige wichtige Einblicke in die Besonderheiten der Regulierungs- und Innovationspolitik in einem Sektor, der sich außerhalb des offiziellen politischen Rahmens rasch entwickelt hat und heute mit einer diversifizierten Strategie des Parteistaats zur Konsolidierung und Entwicklung konfrontiert ist.
Jörn-Carsten Gottwald, ist Inhaber des Lehrstuhls für Ostasienpolitik an der Ruhr-Universität Bochum. Er war an der Freien Universität Berlin, der Universität Trier und dem University College Cork, Irland, tätig und hatte Gastprofessuren an der Fudan Universität Shanghai und der National Cheng-chi Universität, Taipeh, inne. Er hat über die europäische Chinapolitik, die Politik der Finanzregulierung und die politische Wirtschaft Chinas veröffentlicht. Seine aktuelle Forschung konzentriert sich auf Fragen der Finanzregulierung und Innovation in China und Europa sowie auf die sich verändernde Dynamik in den bilateralen Beziehungen.
Wir bedanken uns recht herzlich für den spannenden Vortrag und die darauffolgende Diskussion!
Herzlichen Dank an Dr. Susann Lüdtke für einen Vortrag über Technologiestandards!
Dr. Lüdtke bot einen umfassenden Überblick über das Standardisierungssystem in China und beleuchtete die Einschränkungen eines staatlich zentrierten Ansatzes sowie die laufenden Reformen im Bereich der technischen Normsetzung. Sie betonte auch Chinas zunehmende Beteiligung an der internationalen Standardisierung. Besonders interessant waren die Forschungserkenntnisse, die die Vorstellung in Frage stellen, dass China nationale Standards mit nationalen Inhalten entwickelt, die von internationalen Standards abweichen oder zusätzliche nationale Anforderungen auferlegt. Ihrer Meinung nach gibt es eine gewisse Skepsis gegenüber Chinas Absichten, von etablierten Standards abzuweichen, da China aktiv an deren Entwicklung teilnimmt, um den Marktzugang zu erleichtern. Das Prinzip der Kooperation bei technischen Standards erschwert die absichtliche Entwicklung von Abweichungen. Vielen Dank an alle, die teilgenommen haben, und wir freuen uns auf die kommenden Veranstaltungen!
Hintergrund
In den jüngsten strategischen Dokumenten der Europäischen Kommission wird China als "Kooperations- und Verhandlungspartner, wirtschaftlicher Konkurrent und systemischer Rivale" bezeichnet. Während die Zusammenarbeit mit China in vielen Bereichen intensiv ist und geschätzt wird, haben Bedenken über Chinas Motive bei der Zusammenarbeit, das wachsende Bewusstsein über die Risiken der Abhängigkeit sowie der Druck der USA auf Europa vor dem Hintergrund der US-Politik im Zusammenhang mit der Rivalität zwischen China und den USA zu neueren Diskussionen darüber beigetragen, wie Europa sich gegenüber China positionieren sollte. Entsprechende Diskussionen, Lobbyarbeit und politische Debatten befassen sich zunehmend mit dem Bereich der wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit sowie der Zusammenarbeit zwischen europäischen Forschungsinstituten und Hochschulen mit China.
Zweck
Vor diesem Hintergrund lud diese Konferenz die 39 Mitgliedsuniversitäten der COIMBRA-Gruppe dazu ein, sich über den Stand der Diskussion über die Beziehungen zwischen der EU und China zu informieren, ihre Erfahrungen mit der entsprechenden nationalen und EU-Politik auszutauschen und Wege zu diskutieren, die es den Universitäten ermöglichen, die Zusammenarbeit mit China fortzusetzen und gleichzeitig die damit verbundenen Risiken zu vermeiden.
Ablauf
Am 29. Februar und 1. März versammelten sich 65 Teilnehmende in Würzburg und weitere 25 Interessierte online um an dieser Konferenz ihre Erfahrungen in der Kooperation mit Partnern in der Volksrepublik China zu teilen. Von Salamanca bis Turku reisten Wissenschaftler:innen und wissenschaftsunterstützendes Personal nach Würzburg um im Burkardushaus dieser zwei-tägigen Konferenz beizuwohnen. Nach dem Grußwort des Präsidenten der JMU, Prof. Dr. Paul Pauli, fanden vier Panels mit Beiträgen zu (1) Entwicklungen in EU-China Beziehungen, (2), Entwicklungen in der Wissenschaftsdiplomatie zwischen China und Europa, (3) Nationalen Strategien in der Universitätskooperation mit China und (4) Vorgehensweisen an europäischen Univesitäten statt. Den Inhalt dieser Panels lieferten herausragende Experten in diesen Gebieten, unter Anderem Maria Cristina Russo, Direktorin für Internationale Kooperation an der Europäischen Kommission. Das CCCUW bedankt sich herzlich bei allen Vortragenden für die aktive Beteiligung an der Konferenz!
Auswirkung
Am 1. März (Tag 2 der Konferenz) wurde dann in Kleingruppen gearbeitet um die relevantesten und prägendsten Erkenntnisse des Vortags festzuhalten. Produziert wurden Poster, die in den Bereichen Wissenschaft, Wissenschaftspolitik und Studium wichtige Anhaltspunkte für die Ausarbeitung der Konferenzergebnisse darstellen. Basierende auf den Ergebnissen wird das CCCUW, in Zusammenarbeit mit der Coimbra Group, einen policy brief erstellen, der unter den 39 Mitgliedern verteilt und auch an die EU eingereicht werden kann.
Das CCCUW bedankt sich im Namen der Julius Maximilians Universität und der Coimbra Group für die spannenden und postiven Diskussionen aller teilnehmenden Personen! Wir freuen uns auf zukünftige Konferenzen, die das Thema Kooperation mit China auf europäischer Ebene aufarbeiten.
Am 12. Januar 2024 organisierte das CCCUW im Rahmen des Case Study Seminars im Studiengang China Business and Economics den ersten 'China Day' an der Julius Maximilians Universität. Im Raum 00.006 der Graduate School bot der China Day talentierten Studierenden mit Hobbies, die mit dem Land China verbunden werden, eine Plattform ihre Fähigkeiten anderen zu vermitteln. Aus der Planungsphase ergaben sich daraus vier Workshops:
Kalligrafie
Wir werden zuerst kurz die chinesische Kalligrafie vorstellen und dann gemeinsam "龍" und "福" üben. Nach dem Üben werden wir den Charakter auf rotes Papier schreiben, damit es Ihr kleines Kunstwerk aus diesem Workshop wird. Sie können es dann als Andenken mit nach Hause nehmen.
Tee Zeremonie
Schließen Sie sich uns für den"China Day Tea Ceremony Workshop" an. Tauchen Sie ein in die reiche Geschichte des Tees, entdecken Sie verschiedene Sorten und erleben Sie eine traditionelle Teezeremonie. Verpassen Sie nicht dieses einzigartige kulturelle Erlebnis!
Kong Fu
Entdecken Sie die faszinierende Welt des Kung Fu und erleben Sie die kraftvolle Fusion von Kunst und Kampf! Nicht nur eine effektive Selbstverteidigung, sondern auch eine einzigartige Möglichkeit, Körper und Geist zu stärken. Tauchen Sie ein in die jahrhundertealte chinesische Kampfkunsttradition und erfahren Sie die körperliche und mentale Disziplin, die das Kung Fu prägt.
Papier Schneiden
Die chinesische Papierkunst verkörpert kulturelle Erzählungen und drückt Themen des Glücks, des Wohlstands und kulturelle Motive aus, die im Laufe der Jahrhunderte beständig geblieben sind. Begleiten Sie uns auf dieser eindrucksvollen Reise ins Herz der chinesischen Kunsttradition. Ob Sie Anfänger oder Enthusiast sind, verspricht dieser Workshop eine fesselnde Erfahrung zu werden und fördert Kreativität sowie die Wertschätzung für die Kunstfertigkeit, die in jedem sorgfältigen Schnitt eingebettet ist!
Zum Ende des Tages wurde noch eine Fotowettbewerb (Siegerbild unten) mit den besten Bildern der Teilnehmenden aus China ausgetragen und chinesische Dumplings vorbereitet. Diese wurden selbstverständlich im Anschluss verzehrt.
Das CCCUW bedankt sich bei den Studierenden des Case Study Seminars für die ausgezeichnete Organisation, bei den Teilnehmenden für die Freude und das Engagement während den Workshops und bei der Graduate School für die Räumlichkeiten! Wir freuen uns auf weitere China Days in der Zukunft!