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Würzburger Altertumswissenschaftliches Zentrum

WS 2024/25 - Antiquitas submersa – Geheimnisse der Unterwasserarchäologie

Antiquitas submersa – Geheimnisse der Unterwasserarchäologie

Funde unter Wasser üben seit jeher eine große Faszination auf den Menschen aus. Das nasse Milieu trübt die Sicht, entzieht sich dem unmittelbaren Zugriff und weckt umso mehr Phantasien von untergegangenen Schätzen, die wie das legendäre Atlantis tief auf dem Meeresgrund im Verborgenen schlummern. Tatsächlich steckt hinter dieser Vorstellung ein wahrer Kern: Unter Wasser bleiben manche organischen Substanzen länger erhalten, und zudem überdauern die Gegenstände weitgehend ungestört von Eingriffen menschlicher Zivilisation. Archäologische Untersuchungen können hier Einblicke in vergangene materielle Kulturen gewinnen, wie sie zu Lande eher nicht zu erwarten sind. 

Archäologie unter Wasser bedeutet allerdings in vielerlei Hinsicht große Herausforderungen an Technik und Methoden: Feuchtböden müssen aufwendig trockengelegt und durchsiebt werden, während Befunde am Grund von Gewässern nur im Tauchgang erkundet werden können. Unter Wasser sind Bewegung und Sicht eingeschränkt, Sand und Erde bilden an der Oberfläche keine konsistenten Schichten, sondern wirbeln leicht auf, und alle Gerätschaften müssen gegen Feuchtigkeit resistent sein. Das bringt nicht nur umfangreiche Kosten mit sich, sondern erfordert einen hohen Grad an Spezialisierung, über den nicht viele verfügen. Unterwasserarchäologie ist somit die seltenste Orchidee unter den archäologischen Fächern, die an deutschen Universitäten studiert werden können. 

Naturgemäß spielt die archäologische Untersuchung von Schiffswracks und allen möglichen mit der Seefahrt verbundenen Infrastrukturen eine besonders prominente Rolle innerhalb der Unterwasserarchäologie. Für die Archäologen sind Wracks eine Art Pompeji en miniature, rühren sie doch häufig von Havarien, durch die die Ladung eines Schiffes als ‚geschlossener Befund‘ sinnfällig wird. So gewinnen wir nicht nur wichtige Aufschlüsse über die Chronologie und Lebensdauer von Artefakten, sondern auch über Handel und Fernbeziehungen in der Antike. Das gilt für den Verkehr auf hoher See genauso wie für die Flüsse, die als Binnengewässer schon früher wichtige Versorgungsadern bildeten. Vor diesem Hintergrund bietet das Vorlesungsprogramm ein breites Spektrum von spektakulären Funden aus fernen und eher nahen Gewässern, die von der Jungsteinzeit bis in die Spätantike reichen. 

Entstanden ist die Idee zu dieser Vortragsreihe dadurch, dass im nächsten Jahr die Deutsche Gesellschaft für Unterwasserarchäologie, DEGUWA e.V., an der Universität Würzburg tagen wird: In Poseidons Reich XXX – „Shipping | Images“ (08.–13.04.2025). Dieser Verein vertritt in Deutschland die Interessen der international operierenden Unterwasserarchäologie und setzt sich bei den Vertretungen der Politik seit Jahrzehnten für die Anerkennung und den Schutz von Bodendenkmälern in den Küstengebieten ein. In Zusammenarbeit mit der DEGUWA ist auch eine Ausstellung zu Modellen antiker Schiffe in Vorbereitung, die parallel zur Ringvorlesung vom 19.11.24 bis zum 13.04.25 in der Antikensammlung des Martin von Wagner Museums zu sehen sein wird.  

 

Programm

04.11.24  

Pfahlbaufieber: Froschschenkel, Ziegenkot & Fischbandwurm 

Dr. Urs Leuzinger (Universität Innsbruck)

18.11.24

Rückkehr nach Antikythera - Neue Forschungen zum Schiffswrack und dessen Ladung 

Prof. Dr. Lorenz E. Baumer (Universität Genf)

02.12.24

The Uluburun Shipwreck and Late Bronze Age Maritime Trade

Prof. Dr. Cemal Pulak (Texas A&M University / Inst. of Nautical Archaeology, Bodrum)

16.12.24

Recent discoveries of ancient ships and boats from Thonis-Heracleion and Alexandria (Egypt) 

Dr. Alexander Belov (European Institute of Underwater Archaeology, IAESM, France)

13.01.25

Heute hier, morgen dort: Mobilität und soziale Organisation in den Pfahlbauten

PD Dr. Renate Ebersbach (Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg)

27.01.25  

Hin und Wieder zurück. Ein römischer Leerguttransporter im Schwarzen Meer sowie Einblicke in Gewässerrekonstruktionen des ERC STRADA Projekts

Dr. Max Fiederling (Universität Trier)

 

Die Ringvorlesung fand jeweils montags um 18.15 Uhr im Toscanasaal der Residenz Würzburg (Südflügel, Residenzplatz 2, Tor A) statt. Die Teilnahme über Zoom war ebenfalls möglich.