Intern
Globale Systeme und interkulturelle Kompetenz

ZfL-Vortrag "Die Klingende Brücke - Singen über Grenzen"

08.01.2010

Am Donnerstag, 14.01.10, um 19 Uhr s.t. wird Prof. Dr. Friedhelm Brusniak einen Vortrag halten mit dem Thema "Die Klingende Brücke - Singen über Grenzen". Er findet statt im Kammermusiksaal der Hochschule für Musik (Residenzstr.13). Unterstützt wird der Vortrag vom Universitätschor unter der Leitung von Herman Freibott.

Die Ankündigung des ZfL finden Sie hier.

 

Hintergrundinformationen zur Veranstaltung:

 

Wider den Mainstream-Musikgeschmack - Würzburger Musikpädagoge das Projekt "Klingende Brücke" vor

Normalerweise tritt der Chor der Universität in gediegenem Schwarz auf. Nicht so am Donnerstag bei der Veranstaltung des Zentrums für Lehrerbildung (ZfL). Dann werden bunt gekleidete Studierende unter Leitung von Hermann Freibott vor Lebensfreude sprühende Lieder aus Griechenland, Frankreich, Italien und Deutschland darbieten. Die ?Klingende Brücke? nennt sich das Projekt, das vom Unichor und dem Musikpädagogen Professor Dr. Friedhelm Brusniak um 19 Uhr in der Musikhochschule vorgestellt wird.

Was hat dieses gesangliche Feuerwerk an guter Laune mit dem Thema Menschenrechte zu tun? Darum geht es nämlich in der Vorlesungsreihe "Bildung bewegen - Menschenrechte gestalten", die das ZfL mit amnesty international und dem Uni-Projekt "Globale Systeme - interkulturelle Kompetenz" organisiert. Sehr viel, sagt Brusniak, der sich seit drei Jahren mit der Klingenden Brücke beschäftigt. Das Projekt, 1949 von dem Philologen Josef Gregor in Essen gegründet, hat sich der Völkerverständigung verschrieben. Der Zugang zu anderen Kulturen, zu deren Selbst- und Lebensgefühl, wird dabei über populäre, in der Originalsprache gesungene Lieder vermittelt.

Es ist nicht notwendig, gut singen zu können, um bei der Klingenden Brücke mitzumachen. "Die Freude am Singen und die Lust, neue Länder kennen zu lernen, zählen", so Brusniak. Gemeinsam gesungen wird auch nicht in Chören, sondern in so genannten Lied- oder Sprachensingstudios. 20 solcher Studios gibt es inzwischen. Nordbayern ist allerdings noch ein weißer Fleck auf der Landkarte. Deshalb tritt am Donnerstag in der Musikhochschule am Residenzplatz auch keine "echte" Liedstudio-Gruppe auf, sondern der Uni-Chor. Doch vielleicht springt der Funke über, und es finden sich im Anschluss an die Veranstaltung Menschen, die auch in die Domstadt eine Klingende Brücke schlagen wollen?

Für Brusniak ist das Projekt hervorragend dafür geeignet, Menschen an die Mentalität und Lebensauffassung anderer Völker heranzuführen. Jedes Lied, das von der heute in Bonn angesiedelten Geschäftsstelle der Klingenden Brücke ausgewählt wurde, erzählt sehr viel über das andere Volk, über dessen Geschichte, die im Volk verankerten Werte, die Mentalität. Besonders spannend ist der vierte Band des vom Projektteam herausgegebenen "Liederatlas der europäischen Sprachen" mit Musikstücken aus Osteuropa. Aus Polen etwa kommt das Lied "Bogurodzca". Brusniak: "Jeder kennt es, jeder singt es." Es stammt aus dem 13. Jahrhundert und ist das älteste religiöse Lied Polens.

Kopfzerbrechen bereitet mitunter die Aussprache im Polnischen, Litauischen oder Lettischen. Doch auch hier werden die Sangesfreudigen nicht alleine gelassen. In den Erläuterungen zur Geschichte der Lieder geht es auch um die Aussprache. Herauszufinden, was die Begriffe jenseits ihrer wörtlichen Übersetzung tatsächlich bedeuten, ist nicht zuletzt Aufgabe von Wissenschaftlern wie Friedhelm Brusniak. Noch liegen viele volkskundliche Quellen brach, die Hintergründe zu den Musikstücken erhellen könnten. In Diplom- und Doktorarbeiten soll von Würzburg aus Hilfestellung geleistet werden.

Das Projekt Klingende Brücke, wiewohl schon über 60 Jahre alt, ist wichtig in einer Zeit, in der sich der Musikgeschmack junger Menschen europaweit anzugleichen scheint. Überall dudelt derselbe Mainstream aus den Radios, überall sind dieselben Chart-Hits populär. Gleichzeitig jedoch wächst das Interesse gerade junger Menschen an Liedern, die eben keine Eintagsfliegen sind, sondern ein Volk über Jahrhunderte begleiten. Obwohl sich in dieser Zeit Vieles wandelt. So erfährt, wer das litauische Lied "Pasejau linelius ant pylimo" einstudiert, dass der Flachsanbau, um den es in diesem Lied geht, einst eine wichtige Rolle in Litauen spielte. Heute muss er von der EU finanziell gefördert werden.

Volkslieder sind nichts für Feuilleton, von daher ist es mutig, wenn sich ein Professor der Musikpädagogik diesem als "tümelnd" verrufenen Genre annimmt. Mut macht Brusniak die große Resonanz, die er auf internationalen Kongressen erfährt. So stellte er das Projekt 2008 bei einer Tagung in Krakau vor. Die Begeisterung war so groß, dass seine Ausführungen prompt ins Polnische übersetzt und verbreitet wurden.

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