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Lehre

Prof. Dr. Christian Wehr - Lehrstuhl für spanische und französische Literaturwissenschaft

01.04.2014

Das Kino in Mexiko und Argentinien, das Goldene Zeitalter der spanischen Literatur: Das sind nur zwei der Spezialgebiete von Christian Wehr (50). Der Professor verstärkt seit dem Wintersemester das Team in der Romanistik.

Christian Wehr ist neuer Professor für spanische und französische Literaturwissenschaft an der Universität Würzburg. (Foto: Robert Emmerich)

Ein großer Frankreich-Fan war Christian Wehr schon in seiner Schulzeit, als er in Tutzing am Starnberger See das Gymnasium besuchte. Logisch, dass er sich nach dem Abitur an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München für Romanistik einschrieb. Zusätzlich studierte er die Fächer Anglistik, Musikwissenschaft und Volkswirtschaft. Für je ein Auslandssemester ging er – natürlich – nach Frankreich, aber auch nach Guatemala.

Student und Lektor für Verlage

Seine Begeisterung für die Literatur lebte Wehr als Student auch außerhalb der Uni aus: „Ich habe viel für Verlage in München gearbeitet, das war eine sehr sinnvolle Zweitbeschäftigung“, sagt er. Manuskripte bewerten, redigieren, übersetzen: Das und mehr gehörte zu seiner Tätigkeit als freiberuflicher Lektor. Hauptsächlich Sachbücher waren es, deren Entstehung der Student begleitete, zum Beispiel Werke über die Geschichte der Kelten, den Stierkampf in Spanien oder den Börsencrash 1929 in den USA.

Nach dem Magisterabschluss entschied sich Wehr für eine universitäre Laufbahn: Er nahm eine wissenschaftliche Stelle am Romanischen Seminar der LMU an. Dort schloss er 1996 seine Doktorarbeit ab, die sich mit der phantastischen Literatur in Deutschland und Frankreich auseinandersetzte. Nach der Promotion verlagerte er seinen Schwerpunkt auf die spanische und lateinamerikanische Literatur.

Geistige Übungen der Jesuiten

Für seine Habilitation an der LMU beschritt Wehr einen Grenzbereich von Literatur, Religions- und Kulturgeschichte. Ausgangspunkt dafür waren die geistigen Übungen, die der Gründer des Jesuitenordens, Ignacio de Loyola (1491-1556), in Spanien entwickelt hatte.

„Die Jesuiten waren angehalten, sich am besten mehrmals täglich mit meditativen Techniken in biblische Szenerien wie die Passionsgeschichte hineinzuversetzen“, erklärt Wehr. Diese Praktiken hatten massive Folgen für die Literatur der Renaissance und des Barock: Alle spanischen Autoren dieser Zeit waren Jesuitenschüler und brachten das Wissen und die Erfahrung um die Meditation in ihre Werke ein.

Goldenes Zeitalter der Literatur

Entsprechend geprägt sind die Werke des 16. und 17. Jahrhunderts, des so genannten Goldenen Zeitalters der spanischen Literatur: „Autoren wie Francisco de Quevedo, Luis de Góngora, Miguel de Cervantes und andere arbeiten viel mit mehrfachen Bedeutungsebenen und komplexen Bildern, ihre Werke sind anspruchsvoll zu lesen und außerhalb des spanischen Kulturkreises teilweise schwer vermittelbar“, so Wehr.

Die Literatur des Goldenen Zeitalters wird auch an der Universität Würzburg ein Arbeitsschwerpunkt des Professors bleiben. Hier ist er seit Ende 2013 tätig, davor war er neun Jahre lang Inhaber des Lehrstuhls für romanische Literaturwissenschaften II an der Katholischen Universität Eichstätt/Ingolstadt. Dort leitete er außerdem das Zentralinstitut für Lateinamerikastudien; Gastprofessuren führten ihn in dieser Zeit immer wieder nach Lateinamerika.

Kino in Mexiko und Argentinien

In den spanischsprachigen Ländern Amerikas hat Wehr ein neues Betätigungsfeld gefunden: Er befasst sich seit einigen Jahren intensiv mit dem lateinamerikanischen Kino, vor allem in Mexiko und Argentinien. „Das Kino hat dort eine ganz andere Funktion als bei uns, denn es wurde seit seinen Anfängen auch für politische Zwecke instrumentalisiert“, sagt Wehr. Im nachrevolutionären Mexiko zum Beispiel nutzten die Filmemacher das Kino ab den 1920er-Jahren als Medium, um politische und nationale Werte propagandistisch ins Bild zu setzen.

Ein großes Thema im lateinamerikanischen Kino sei die Aufarbeitung der Militärdiktaturen. Besonders in Argentinien habe diese Zeit (1976-1983) enorme nationale Wunden hinterlassen – auch weil die Machthaber zahlreiche Menschen verhaften und verschwinden ließen. „An diesem Trauma arbeitet sich das argentinische Kino noch heute obsessiv ab“, sagt Wehr.

Reiseberichte und Kapuziner in Chile

Weitere Forschungsfelder von Christian Wehr sind der Manierismus als kunst- und literaturgeschichtliches Phänomen des 16. und 17. Jahrhunderts, die Entstehung des lateinamerikanischen Romans aus den Reiseberichten der Kolonialzeit und das Wirken bayerischer Kapuziner in Chile.

„Die Kapuziner waren in Chile ab 1896 wissenschaftlich sehr produktiv, sie haben die Kultur der Mapuche-Indianer sprachlich, kulturell, ethnologisch und bildlich dokumentiert“, so Wehr. Aus dieser Zeit sind viele Fotografien überliefert. Mit Kollegen aus Eichstätt und Chile ist der Würzburger Professor dabei, diese Fotos in einem zweisprachigen Buch zu publizieren.

Nachfolger von Gerhard Penzkofer

An der Universität Würzburg leitet Christian Wehr seit dem Wintersemester 2013/14 den Lehrstuhl für spanische und französische Literaturwissenschaft gemeinsam mit dessen langjährigem Inhaber Professor Gerhard Penzkofer. Wenn Penzkofer 2015 in den Ruhestand geht, wird Wehr den Lehrstuhl alleine führen.

Kontakt

Prof. Dr. Christian Wehr, Lehrstuhl für spanische und französische Literaturwissenschaft, Universität Würzburg, T (0931) 31-80344, christian.wehr@uni-wuerzburg.de

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