Wöchentliche Treffen und Vorträge
Arabischer Frühling oder Terrorismus – Finanzkrise und Klimaschutz: die Themen, mit denen sich die Vereinten Nationen beschäftigen sind vielfältig; und so hatten auch wir eine Menge Inhalte zu besprechen.
Bei unseren wöchentlichen Treffen am Dienstag- oder Mittwochabend bekamen wir eine Idee davon, wie abwechslungsreich und spannend die Arbeit auf internationaler Ebene ist. Jeder Delegierte hielt ein UN-bezogenes Referat. Hier erfuhren wir, wie das System der Vereinten Nationen funktioniert, welche Ziele sich die Gemeinschaft gesetzt hat und welchen internationalen Krisenherden die Organisation besondere Aufmerksamkeit schenken.
Außerdem beschäftigte sich Jeder von uns mit einer Facette des Landes, mit dem wir uns im Laufe der Zeit ganz besonders identifizieren sollten: Angola, von dem wir noch im Oktober nicht viel mehr wussten als „Westafrika – viel Öl – portugiesischsprachig – Korruption“. Von Woche zu Woche erweiterten sich unsere Kenntnisse. So erzählte uns Marcel beispielsweise vom Klima in Angola und Elli stellte die bürgerkriegsgezeichnete Geschichte des Landes dar. Steffi erklärte die brandneue Verfassung, die zwar theoretisch gut klingt, praktisch aber wenig Anwendung findet. Und Laura brachte uns den Mann näher, der die Politik des Landes seit über 30 Jahren bestimmt: José Eduardo dos Santos. Außerdem hörten wir von innenpolitischen Brennpunkten, den internationalen Beziehungen Angolas, lernten über die Wirtschaft des Landes und die Situation der Menschenrechte. Wir erfuhren vom langen Krieg und den kulturellen Besonderheiten.
Referate zu den Vereinten Nationen, Internationale Beziehungen und "unser" Land Angola prägen die wöchentlichen Sitzungen
Neben den meist zwei Referaten waren unsere Delegationssitzungen geprägt von Organisatorischem. Die Arbeit der Einzelteams wurde in der Vollversammlung vorgestellt und besprochen – dabei ging es zum Beispiel um die Pressemappe, die recht schnell zur Verfügung stehen musste um dann das Fundraising leichter zu machen; die Homepage musste aktualisiert und Unterstützungsanfragen für Stiftungen geschrieben werden; das Content-Team kümmerte sich um unsere erste kleine Übungssimulation und „Orga Deutschland“ bereitete schon bald die Fahrt nach Hamburg vor. Da ja fast monatlich eine Fahrt eingeplant war – das Kennenlernwochenende im Oktober, nach Hamburg ging es im Dezember, im Januar dann nach Berlin, der Februar war für die zweite MUN (Prag/Neuendettelsau) reserviert und im März schließlich New York – nahmen die Planungen hierfür einen Großteil der Abende ein. Für gute Stimmung in der arbeitsintensiven Atmosphäre sorgte Knabberzeug; sogar selber gebackene Leckereien oder Glühwein gab es ab und an.
Walter Kolbow, ehemaliger MdB und Bundesminister der Verteidigung besucht unsere Runde
Neben unseren eigenen Recherchen konnten wir für die inhaltliche Vorbereitung auf das Projekt auch kompetente, professionelle Referenten gewinnen. So stattete uns als Erster Walter Kolbow, ehemaliger Abgeordneter des Bundestags und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Delegation, einen Besuch ab. Da Kolbow den Schwerpunkt seiner politischen Karriere passenderweise in der Außenpolitik gesetzt hatte, konnten wir mit ihm eine sehr interessante Diskussion führen. Dabei ging es unter anderem um die Enthaltung Deutschlands in der Libyen-Frage, die der ehemalige Abgeordnete als „bequeme Ausrede“ anprangerte. Auch die Reformideen für den Sicherheitsrat thematisierten wir, denen sich Kolbow sehr angetan zeigte – und den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Er riet uns, das Verständnis für internationale Politik durch viele Reisen zu erweitern und gab uns hoffnungsfroh auf den Weg: „Die UN ist mehr als die Summe ihrer Mitglieder.“
Ebenfalls aus unserem Wissenschaftlichen Beirat erfreute uns Stefanie Schmahl mit einem Vortrag. Die Würzburger Juraprofessorin festigte unsere Kenntnisse über die Struktur der Vereinten Nationen und erklärte noch einmal, besonders im Hinblick auf die rechtlichen Aspekte, wie die verschiedenen Organe zusammen spielen.
Philipp Gieg schildert uns die spannenden zwischenstaatlichen Beziehungen zwischen China und Angola auf politischer und wirtschaftlicher Ebene
Vom Institut für Politikwissenschaften und Soziologie besuchte uns Philipp Gieg, der uns unter dem Titel „China & Angola“ höchst kompetente und für unsere Zwecke äußerst hilfreiche Informationen gab. So zeichnete er zunächst allgemein die Geschichte der afrikanisch-chinesischen Beziehungen nach, erklärte, wie durch gegenseitige Unterstützung auf internationaler Ebene die Grundlage für wirtschaftliche Zusammenarbeit gelegt wurde und ging auch auf die westliche Kritik am chinesischen Vorgehen ein. Wir erfuhren, dass China für Angola der mit Abstand wichtigste Handelspartner ist und hörten zum ersten Mal vom „Angola Mode“: eine Wirtschaftsform, bei der in sogenannten „package deals“ eine Art Tausch ausgemacht wird – China kümmert sich um ein Infrastruktur-Projekt und bekommt dafür Zugang zu natürlichen Ressourcen im jeweiligen afrikanischen Land. In unserer Vorbereitung auf die politische Vertretung Angolas brachten uns diese Erläuterungen ein ganzes Stück weiter.
Die Woche vor New York nutzten wir dann noch für intensivierte Vorbereitungen in einer „prep week“ und trafen uns von Montag bis Donnerstag noch einmal mehrere Stunden lang. In Räumen mit Blick auf den Vierröhrenbrunnen am Rathaus hörten wir die letzten Referate. Jedes Komitee stellte seine Vorgehensweise für die Simulation vor und so konnten wir eine gemeinsame Strategie herausarbeiten: Betonung der eigenen Souveränität, selbstbewusstes Auftreten, aber kein weitreichender Veränderungswille, sondern eine Präferenz zu vagen Abkommen. Valentin Niebler aus einer Vorgängerdelegation gab uns ein paar Tipps in Sachen Rhetorik, die wir sogleich umsetzten: spontan sollten wir uns zu einem Thema äußern; bei einer vorbereiteten Rede filmten wir uns und analysierten die Ergebnisse hinterher. Außerdem ging es um die Zeit nach New York, um Recruiting, die Abschlussveranstaltung, die Neuaufstellung der United Nations Association Würzburg und Presseangelegenheiten.
Zusammentreffen mit Manfred Eisele, ehemaliger beigeordneter Generalsekretär Koffi Annans
Ein Höhepunkt dieser Tage war der Vortrag von Manfred Eisele, dem ehemaligen beigeordneten Generalsekretär Kofi Annans.
Judith Dauwalter