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Professional School of Education

Herbsttagung 2016

Lehrer, die man nicht vergisst

Über 300 Teilnehmer diskutieren bei der 7. Herbsttagung, dem unterfränkischen Schulentwicklungstag, über moderne Bildungskultur

Die gute Nachricht lautet: Schule und Unterricht, gleichwohl sie oft in der Kritik stehen, bringen etwas. „Schüler verlassen die Schule auf jeden Fall schlauer, als sie hereingekommen sind“, so der Augsburger Schulpädagoge Klaus Zierer. Dennoch gibt es natürlich besseren und weniger guten Unterricht. Bei der 7. Herbsttagung, dem unterfränkischen Schulentwicklungstag, den die Professional School of Education (PSE) mit der Schulentwicklung Unterfranken organisierte, zeigte Zierer vor über 300 Teilnehmern, wann Unterricht nachhaltig und wirksam ist.

„Den Wandel gemeinsam gestalten – Chancen für eine veränderte Bildungskultur“ lautete das Motto der Tagung an der Universität Würzburg, an der Lehrkräfte, Erzieherinnen, Studierende und Referendare aus ganz Unterfranken teilnahmen. Als roter Faden zog sich der neue LehrplanPLus durch die Vorträge und Workshops. Der fordert von Lehrerinnen und Lehrern quer durch alle Schularten einen Perspektivenwechsel weg vom Lehren hin zum Lernen. Lehrer vermitteln dem neuen Lehrplan zufolge nicht mehr einzelne Wissensinhalte. Es geht vielmehr darum, die individuellen Kompetenzen der Schüler zu entwickeln.

Wie wenig nachhaltig heutiger Unterricht oft ist, zeigt für Klaus Zierer ein einfacher Test: Befragt, an wie viele Lehrerinnen und Lehrer sie sich noch erinnern können, fällt den meisten Menschen gerade einmal eine Handvoll Pädagogen namentlich ein. Dabei hat jeder Bundesbürger im Laufe seiner Bildungskarriere rund 15.000 Unterrichtsstunden bei etwa 50 Lehrpersonen genossen. Die meisten werden jedoch vergessen – weil sie nicht gut genug und nicht wirklich überzeugend waren. Vielleicht wussten sie sogar viel. Doch es haperte daran, dieses Wissen spannend und begeisternd zu vermitteln.

Gute Lehrerinnen und Lehrer zeichnen sich laut Zierer dadurch aus, dass sie es verstehen, Lernende an ihr Limit zu bringen: „Ohne Herausforderung geht die Motivation der Schüler zurück.“ Fehler sollten für gute Lehrkräfte weder mit Blick auf den Schüler noch mit Blick auf sich selbst tabu sein. Woran es heute allerdings hapert. „Wir brauchen eine positive Fehlerkultur“, appellierte der Pädagoge. Schließlich dürfen Humor und Freude nicht fehlen: „Ein Unterricht, in dem nicht mehr gelacht wird, hört auf, Unterricht zu sein.“

Was auf den Folien steht

Den derzeit oft gebrauchten, jedoch reichlich sperrigen Begriff der „Kompetenzorientierung“ zu entmystifizieren, daran machte sich Gerhard Ziener, Dozent am Pädagogisch-Theologischen Zentrum in Stuttgart. Die stärkere Berücksichtigung von Können bedeute nicht, Wissen zu vernachlässigen, betonte der Lehrerfortbildner an einem Beispiel: „Schüler sollten Präsentationstechniken können, aber zugleich auch die Inhalte der Folien wissen.“ Für Ziener verdient jeder Unterricht, der dazu beiträgt, dass Lernende Sachkenntnis gewinnen und zugleich handlungs- und reflexionsfähig werden, das Label „kompetenzorientiert“.

In 18 Workshops wurden die Erkenntnisse aus den Hauptreferaten von den Teilnehmern der Herbsttagung vertieft. Auf großes Interesse stieß die Arbeitsgruppe von Karin Oechslein, Direktorin des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB). Sie stellte dar, was denn eigentlich das „Plus“ am neuen LehrplanPlus ist – und räumte gleichzeitig Bedenken aus, dass nun alles, was bisher richtig war, radikal verworfen wird. Nichts, was sich bewährt habe, werde durch den LehrplanPlus entwertet, betonte Oechslein: „Bestehendes soll lediglich optimiert werden.“

Letztlich geht es der ISB-Chefin zufolge unter dem Stichwort „Nachhaltiger Kompetenzerwerb“ um die Frage, was bei Schülern am Ende der Schule wirklich hängen bleibt. Die Forderung des Lehrplans, Schüler stärker zu aktivieren, resultiert aus der Erkenntnis, dass Schüler dann etwas nachhaltig verinnerlichen, wenn sie es sich selbst erschließen konnten. Zahlreiche Methoden zielen darauf ab, Schüler aktiv werden zu lassen: „Wobei jeweils die Methode angewandt werden soll, die zum Inhalt und die außerdem zur jeweiligen Lehrkraft passt.“

Schüler kompetent bewerten

Der neue Lehrplan verlangt nicht nur einen etwas anderen Unterricht, sondern auch eine andere Bewertung der Schülerleistung. Was „Kompetenzorientierung“ bei der Leistungsbeurteilung von Schülerinnen und Schülern heißt, stellte Diana Wasserbauer von der Universität Würzburg dar. Kompetenzorientierte Formulierungen heben auf den Kompetenzgrad eines Schülers ab. Ein Beispiel: Früher wurde festgestellt, dass Sabrina die Schulaufgaben lösen konnte. Das sagt wenig darüber aus, welche Kompetenzen sie dabei unter Beweis stellte. Geschickter ist die Formulierung: „Sabrina findet mathematische Lösungen zu Sachsituationen überwiegend durch die Anfertigung von Skizzen.“

Die Lehrkraft soll künftig den tatsächlich erreichten Kompetenzstand eines Kindes beschreiben und seinen individuellen Lernfortschritt bewerten. Wasserbauer: „Es gibt also keine Bewertung innerhalb einer Klassennorm mehr.“ In der Praxis stößt die neue Bewertungspraxis jedoch auf große Hürden. So gibt es Betriebe, die Verbalbeurteilungen von vornherein aussondern, da es für sie zu umständlich ist, daraus den Leistungsstand eines Bewerbers abzuleiten. „Auch Eltern möchten zum Großteil lieber Noten haben“, so die Sonderpädagogin.

Unterricht nach den Vorgaben des neuen Lehrplans zu entwickeln, ist eine von vielen Aufgaben, die sich Schulen aktuell stellt, so Josef Schätz, Leiter des Bereichs „Schulen“ der Regierung von Niederbayern. Um darüber die Vielzahl an Aufgaben, die während eines Schuljahres zu erledigen sind, nicht aus dem Blick zu verlieren, ist es notwendig, ausgehend vom Schulprofil ein Schulentwicklungsprogramm zu erstellen. Dieses Element schulischer Qualitätsentwicklung anzuwenden, dazu sind laut Schätz alle Schulen in Bayern verpflichtet.

-PSE-


Materialien zur Tagung

Flyer zur Tagung

Präsentation zum Vortrag von Prof. Klaus Zierer

Präsentation zum Vortrag von Gerhard Ziener

Präsentation zum Workshop "Fallbesprechungen in interdisziplinären Teams - psychodynamische und sonderpädagogische Zugänge" (PD Dr. Oliver Hechler/ Andrea Liehm-Wild, StRin (Fö))

Präsentation zum Workshop "Lernen aus neurobiologischer Perspektive" (AD Dr. Edwin Ullmann)

Präsentation zum Workshop "Manage the difference" (Götz Kolle, M.A.)

Präsentation zum Workshop "Systematische Qualitätsentwicklung" (Josef Schätz, Bereichsleiter Schulen bei der Regierung von Niederbayern)