Neue, kostengünstige Therapiemöglichkeit in Aussicht: Magnesiumbehandlung bei genetisch bedingter Blutgerinnungsstörung
29.03.2016Magnesium verbesserte die Blutgerinnung bei einem genetisch bedingten Defekt der Blutplättchenentstehung.
Ein internationales Team von Wissenschaftlern konnte in Maus- und Patientenstudien nachweisen, wie Magnesium die Bildung von Blutplättchen beeinflusst und das hierfür die TRPM7 Kanalfunktion von zentraler Bedeutung ist. An der Studie waren überwiegend Wissenschaftler des Rudolf-Virchow-Zentrums und des Klinikums der Universität Würzburg beteiligt. Ihre Ergebnisse wurden in der aktuellen Fachzeitschrift „Nature Communications“ publiziert.
Ein Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) verhindert die Wundheilung. Menschen mit einer Blutgerinnungsstörung können bei sonst harmlosem Zahnfleischbluten oder bei einer Schnittverletzung gefährlich viel Blut verlieren.
Blutplättchen (Thrombozyten) entstehen im Knochenmark kontinuierlich aus Megakaryozyten. Die molekularbiologische Regulierung dieses Zytoskelett-gesteuerten Prozesses konnte bislang nicht vollständig entschlüsselt werden. In dieser Publikation lieferten die Wissenschaftler erstmals mehrere unabhängige Beweise dafür, dass TRPM7 (Transient receptor potential melastatin-like 7) den Magnesiumhaushalt in den Megakaryozyten regelt. Magnesium ist an vielen Stoffwechselvorgängen beteiligt und für den Körper unentbehrlich.
Manipulierten die Forscher die Kanalfunktion von TRPM7 in den Megakaryozyten von Mäusen, beschädigte das die Struktur der Blutplättchen, das sogenannte Zytoskelett. Sie waren damit funktionsunfähig. Patientenproben bei denen dann eine TRPM7 Kanalfunktionsstörung identifiziert wurde, hatten nur wenig Magnesium (Mg2+) in den Blutplättchen. Die Blutplättchen zeigten eine ungewöhnliche Größe und Form, eine abnormale Struktur und übermäßig viele Vakuolen. Die Zugabe von Magnesium zu Blutplättchen von Mäusen oder Patienten konnte diesen Defekt im Reagenzglas komplett wiederherstellen.
Die Studie weist darauf hin, dass bei der Diagnostik eines gestörten Magnesiumhaushalts besonders auf die Anzahl und Größe der Blutplättchen geachtet werden sollte, da ein Blutplättchenmangel vorliegen könnte. „Liegt auch ein TRPM7 Gendefekt vor, könnte die Verabreichung von Magnesium als relativ sichere therapeutische Intervention eingesetzt werden“, hofft der Leiter der Studie, Dr. Attila Braun. Die Behandlung wäre kostengünstig und hätte relativ geringe Nebenwirkungen. Es wurden weitere Studien in Tiermodellen und Patienten (mit veränderter Kanalfunktion von TRPM7) initiiert, um die Wirksamkeit und Sicherheit von Magnesium als medizinisches Präparat bei dieser Krankheit zu beurteilen.
Besonders freut die Forscher die direkte Korrelation von Maus- und Patientendaten. „Das war ein enormer Fortschritt für das Projekt“, sagt Prof. Dr. Bernhard Nieswandt, der das Projekt zusammen mit Dr. Attila Braun leitete.
Thrombozyten sind kleine Zellbestandteile im Blut. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Gerinnung. Bei Verletzungen dichten sie die Gefäßwand provisorisch ab. Ist diese Funktion auf Grund von geschädigten Blutplättchen gestört, können Blutungen auftreten.
Publikation: Simon Stritt, Paquita Nurden, Remi Favier, Marie Favier, Silvia Ferioli, Sanjeev K. Gotru, Judith M. M. van Eeuwijk, Harald Schulze, Alan T. Nurden, Michele P. Lambert, Ernest Turro, Stephanie Burger-Stritt, Masayuki Matsushita, Lorenz Mittermeier, Paola Ballerini, Susanna Zierler, NIHR BioResource, Michael A. Laffan, Vladimir Chubanov, Thomas Gudermann , Bernhard Nieswandt and Attila Braun. Defects in TRPM7 channel function deregulate thrombopoiesis through altered cellular Mg2+ homeostasis and cytoskeletal architecture. Nature Communications / March 2016 /
Forschungsgruppe Nieswandt und Braun
Kontakt
Dr. Attila Braun (Forschungsgruppenleiter, Rudolf-Virchow-Zentrum und Lehrstuhl für Experimentelle Biomedizin, Universitätsklinikum Würzburg) Tel. 0931 31 80410, attila.braun@virchow.uni-wuerzburg.de
Prof. Dr. Bernhard Nieswandt (Forschungsgruppenleiter, Rudolf-Virchow-Zentrum und Lehrstuhl für Experimentelle Biomedizin, Universitätsklinikum Würzburg)
Tel. 0931 31 80406, bernhard.nieswandt@uni-wuerzburg.de
Dr. Daniela Diefenbacher (Pressestelle, Rudolf-Virchow-Zentrum)
Tel. 0931 3188631, daniela.diefenbacher@uni-wuerzburg.de