Neue Neuropharmaka sollen Proteine abschwächen anstatt sie auszuschalten
27.01.2015Würzburger Forscher entschlüsseln die molekularen Grundlagen der Architektur inhibitorischer Synapsen und den damit verbundenen Gehirnfunktionen und ermöglichen so die Entwicklung verbesserter pharmakologischer Wirkstoffe.
Eine Vielzahl von Neuropharmaka binden an spezialisierte Proteine im Gehirn wodurch sie deren Funktion inhibieren. Leider birgt diese Strategie oft das Risiko, dass auch die nützlichen Eigenschaften der betroffen Proteine verloren gehen. Daher suchen Forscher weltweilt nach alternativen Ansätzen durch die nicht die Funktion des jeweiligen Proteins selbst verändert wird. Ein Durchbruch in der Forschung des Rudolf Virchow Zentrums deutet nun tatsächlich einen fundamental neuen Ansatz an: Anstatt die Proteine in ihrer Funktionsweise zu beeinträchtigen war es das Ziel, die Anzahl der aktiven Proteine zu reduzieren. Man würde also die Wirkung dieser Proteine abschwächen, anstatt sie auszuschalten.
Um das zu ermöglichen, haben Hans Maric, Vikram Kasaragod und Hermann Schindelin im Rudolf Virchow Zentrum die genauen molekularen Zusammenhänge des Gerüstproteins Gephyrin aufgeklärt. Gephyrin spielt eine Schlüsselrolle für die Architektur inhbitorischer Postsynapsen. Hans Maric gelang es hoch-affine von inhibitorischen Neurotransmitterrezeptoren abgeleitete Peptide zu entwickeln. "Wir wissen zwar bereits sehr viel über die genaue molekulare Architektur der beteiligten Proteine, aber mein Ziel war es, neue Substanzen zu entwickeln, welche letztendlich die Interaktion der beteiligten Proteine im Gehirn kontrollieren können ohne ihre Funktion zu beeinträchtigen. Unsere Studien zeigten, dass die von uns entwickelten Moleküle über 1000-mal besser binden als die natürlich vorkommenden Rezeptoren.", erläutert Hans Maric, der einen großen Teil der zugrunde liegenden Arbeiten in der Arbeitsgruppe von Prof. Hermann Schindelin, am Rudolf-Virchow Zentrum für Biomedizin in Würzburg durchführte und diese Studien während seiner Postdoktorandenzeit im Labor von Kristian Strømgaard an der Universität Kopenhagen fortsetzte. Vikram Kasaragod gelang es zudem den entscheidenden Proteinkomplex mittels Röntgenstrukturanalyse aufzuklären (siehe Abbildung). Damit konnte das Zusammenspiel der beteiligten Proteine in atomarer Auflösung bestimmt werden. Die Ergebnisse wurden kürzlich in den renommierten Journalen Nature Communications, Angewandte Chemie Int. Ed. und ACS Chemical Biology veröffentlicht.
Weitere Informationen zu der Arbeitsgruppe von Professor Schindelin finden Sie hier.
Kontakt:
Dr. Daniela Diefenbacher (Pressestelle, Rudolf-Virchow-Zentrum),Tel. 0931 3188631, daniela.diefenbacher@uni-wuerzburg.de