Bericht Doris Aschenbrenner (Jun 'o8)
Bericht: Doris Aschenbrenner
Liebe Kommilitoninnen und Kommilitonen,
mein Name ist Doris Aschenbrenner, ich bin über die JusoHochschulgruppe als die studentische Vertreterin in den Senat gewählt worden. Damit bin ich automatisch im Sprecher- und Sprecherinnenrat und im Hochschulrat.
Beginnen möchte ich mit einem Themenfeld, dass uns als Studierende besonders interessiert: Eine Gute Lehre. Der Bologna Prozess, die Modularisierung und Umstellung auf Bachelor und Master-Abschlüsse beschäftigt hier in der Uni nicht nur diejenigen, die in den neuen Studiengängen angefangen haben, sondern auch besonders Studierendenvertreterinnen und -vertreter. Auch im Senat haben wir uns dem Thema intensiv angenommen. Es gibt nur ein Dilemma: In einer Bund-Länder-Vereinbarung im Rahmen des Hochschulpakts I haben sich Bund und Länder darauf geeinigt, dass die entstehenden Mehrkosten durch den Bologna Prozess von den Ländern getragen werden soll. Die Mehrkosten entstehen beispielsweise durch höheren Betreuungsaufwand. In Bayern gab es allerdings eine Abmachung des Ministeriums mit den Hochschulrektoren: Die Ba-Ma-Umstellung habe kostenneutral zu erfolgen und Bayern möchte komplett bis 2009/10 umgestellt haben. Neben den umzustellenden Diplom- und Masterstudiengängen gibt es auch die Lehramtsstudiengänge, die ebenfalls modularisiert werden sollen. Schade eigentlich, dass die Lehramtsprüfungsordnung erst Anfang dieses Jahres fertig geworden und ist und jetzt das Lehramt schwierig in die bereits modularisierten Bachelor und Masterpläne einzubringen ist.
Vermutlich wird die Umstellung im Zeitplan erfolgen, doch vielerorts sind Bedenken laut geworden, ob der Workload in den neuen Studiengängen nicht viel zu hoch angesetzt sei und diese damit nicht studierbar seien. Eine Frage, die offen bleibt, ist ob in allen Studiengängen überhaupt ein Master angeboten werden kann – die Pläne des Wissenschaftsministeriums sprechen da teilweise eine andere Sprache. Zugelassen wird auf jeden Fall nicht jeder und jede zu einem Masterstudium: Die Studiengänge sind auf einen Bachelor-Durchschnitt unterhalb von 2,0 begrenzt.
Probleme in der Umstellung gab es bislang zuhauf. Deswegen wurden beispielsweise Bachelor-Master-Koordinationsstellen (eine pro Fakultät) und zusätzliche Kräfte in der Abteilung Studium und Lehre mittlerweile aus Studiengebühren eingestellt. Ich finde das nicht gut! Ich lehne Studiengebühren in jeder Form ab und denke, dass auch Gebührenbefürworter und -befürworterinnen eine derartige Querfinanzierung nicht gut finden können.
Aber ich hatte von guter Lehre gesprochen. Die Lehre sollte eigentlich besonders im Blickfeld des Bologna Prozess stehen und nachhaltig verbessert werden. Der Bologna Prozess ist auch im Kern eine sinnvolle Sache. Sie wird allerdings als Mangelverwaltung eingesetzt und geht hoffentlich damit nicht nach hinten los. Ein Instrument, welches die Lehrqualität und die Qualität der neuen Studiengänge überprüfen soll, ist die Akkreditierung. Eigentlich sollte jeder Studiengang geprüft und akkreditiert werden, BEVOR er eingeführt wird. Die Realität (nicht nur in Bayern): Es wird umgestellt und nur ein Bruchteil ist akkreditiert. Das ist auch viel zu teuer mit ungefähr 15.000 Euro pro Studiengang. Würzburg hat bislang ca. 5 Studiengänge akkreditiert. Deswegen musste ein neues Instrument zur Qualitätssicherung her: Die Systemakkreditierung. Dabei wird die gesamte Uni und ihr Qualitätsmanagementsystem geprüft. Hat die Hochschule bestanden, sind automatisch alle ihrer Studiengänge akkreditiert. Das ist zwar billiger, aber dazu brauchen wir zunächst ein Qualitätsmanagementsystem. Und hier kommen wir Studis ins Spiel: Wer sollte besser wissen, als wir, was gute Lehre bedeutet? Die Fachschaften überprüfen jetzt bereits teilweise mit Lehrevaluationen die Lehre ihrer Professorinnen und Professoren und wissen meistens sehr genau, wo der Schuh bei der Qualität drück. Ich habe zu diesem Thema eine Arbeitsgruppe eingerichtet und mehrmals im studentischen Konvent informiert. Uns als Studierendenvertretung kommt dabei entgegen, dass Herr Brandt, der Verantwortliche für das Qualitätsmanagement, der Meinung von uns Studierenden sehr aufgeschlossen ist. So konnten wir in den verschiedenen Projektgruppen, die jetzt die Details des QMS erarbeiten, verschiedene studentische Vertreter und Vertreterinnen unterbringen. Es ist sicher ein langer Weg, aber gerade für mich als Studierendenvertreterin ist gute Lehre das A und O für ein gelungenes Studium.
Als studentische Frauenbeauftragte habe ich mich auch in Senat und Hochschulrat besonders mit dem Thema Gleichstellung beschäftigt. Würzburg ist mit Schlusslicht in Bayern, was Professorinnen angeht. Bayern ist Schlusslicht in Deutschland. Keine gute Bilanz.
Deswegen ist es sinnvoll, dass da auch an „höchster Ebene“ etwas dagegen getan wird. Und siehe: Der Senat bereitet ein Gleichstellungskonzept vor und die Hochschule hat sich gleichzeitig mit einem Antrag für das Professorinnenprogramm beworben. Es ist ein sehr mühsamer Prozess unter den Augen der nackten Europa im Senatssaal über Gleichberechtigung und Gleichstellung des anderen Geschlechts zu reden. Die Forderungen von Frauenbüro und Studierenden verhallen schnell und werden als „nicht zeitgemäß“ abgetan. Nein, wir sind nicht in der Zeit der lila Latzhosen steckengeblieben und ja, wenn man von Qualität spricht, kann man gerade auch von ForscherINNEN sprechen! Gerade in einer Zeit, wo auch der Deutsche Bank-Chef eine Quotenregelung für die Privatwirtschaft fordert und auch die Union eine Quote im Wissenschaftsbetrieb diskutieren will. In einer Zeit, in der die Deutsche Forschungsgemeinschaft ihre Mittelzuweisungen unter anderem an Gendermerkmalen wie Anzahl der beteiligten Frauen oder Möglichkeiten zur Kinderbetreuung für Kinder von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen bemisst. In dieser Zeit, wo man denkt, es hätten mittlerweile wirklich alle kapiert, da dümpelt die Diskussion an der Uni Würzburg über Gleichstellung so dahin, wird in verschiedene Arbeitsgruppen ausgelagert, verzögert und man hofft, dass denen, die Querelen machen, irgendwann die Luft ausgeht. Noch wurde das nicht geschafft!
Ein weiterer Punkt, der damit in einem engen Zusammenhang steht, ist das Thema Kinderbetreuung. Für die Kinder von Studierenden ist das Studentenwerk zuständig und auch Studiengebühren dürfen dafür verwendet werden und werden verwendet. Für die Kinder von Wissenschaftlern und Wissenschaftlern wurde diese seitens der CSU auch bereits vorgeschlagen, ist aber glücklicherweise in Würzburg noch nicht umgesetzt. Gerade für diese Kinderbetreuung gibt es aber ein Dilemma: Das Studentenwerk ist nicht zuständig und die Hochschule darf keine Mittel dafür aufwenden (Vorgabe des Ministeriums). Die städtischen Angebote sind einerseits nicht ausreichend, zweitens nicht in Uninähe und drittens haben diese nicht die benötigten Öffnungszeiten: Nämlich ganztags. Hoffnung bekommt das Thema aus den Leighton Barracks, wo es eine Day Nursery gibt, die auch im Gelände liegt, welches die Uni interessiert. Für die Day Nursery interessieren sich allerdings auch die Stadt und das Studentenwerk und ich bin gespannt wie diese Auseinandersetzung für alle zu einem glücklichen Ende führt.
Als Gewerkschafterin interessiert mich aktuell vor allem auch das Thema „Gute Arbeit an Hochschulen“ und da besonders die Situation der studentischen Beschäftigten. Hiwis arbeiten in Würzburg zu einem Stundenlohn von 6,50 Euro, was unter einem geforderten Mindestlohn liegt. Wir haben einige Interviews mit Hiwis geführt, bei denen sich herausgestellt hat, dass diese teilweise unter problematischen Bedingungen arbeiten müssen. Hiwis sind „normale“ Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und haben damit die gesetzlich garantierten Rechte. Von Urlaub oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall haben allerdings viele noch nichts gehört – so der Eindruck der Interviews – was uns zum Handeln bewegte. Zahlreiche Gespräche mit dem Personalrat und der Personalstelle, die dem Anliegen sehr aufgeschlossen gegenüber stehen, folgten. Herausgekommen ist eine Handreichung mit den Rechten von studentischen Beschäftigten und eine Umfrage, die die Situation evaluieren soll. Angaben zur Arbeitszeit, Kenntnis der Arbeitsrechte und verschiedene Angaben zur Zufriedenheit sollen Auskunft darüber geben, ob die Hiwis den Job als Lebensfinanzierung oder Taschengeld betrachten, ob sie zufrieden mit den Arbeitsbedingungen sind oder nicht und wie die Meinung zu den sehr kurzen Verträgen aussieht. Unser Eindruck ist bislang der, dass sehr viele auf sehr kurzen Verträgen (2-3 Monate) beschäftigt sind, dieser Vertrag aber über längere Zeit verlängert wird (Kettenvertrag), was einerseits einen riesengroßen Verwaltungsaufwand mit sich zieht und andererseits auch die Beschäftigten unter Druck setzt. Die Ergebnisse der Umfrage werde ich in den Senat tragen und einfordern, dass über die Situation der studentischen Beschäftigten, vor allem unter den veränderten Bedingungen des Bologna Prozesses diskutiert wird.
Eine große Herausforderung und gleichzeitig Chance ist das gesamte Kapitel Ausbauplanung. Der Senat und auch der Hochschulrat haben sich schwerpunktmäßig in ihren zahlreichen Sitzungen damit beschäftigt. Der Ausbau hat zwei verschiedene Aspekte:
Einerseits gibt es die „Hochschulmilliarde“, die ebenfalls aus dem Hochschulpakt I entstanden ist. Die Bundesländer haben dabei den Ausbau von Studienplätzen zugesagt, dafür haben sie einen Teil des benötigten Gelds vom Bund bekommen. Bayern nutzt diese Mittel zusammen mit eigenen Mitteln auch zur Kompensierung des doppelten Abiturjahrgangs im Jahr 2011 und will 38.000 neue Studienplätze schaffen. Diese Studienplätze sollen aber – laut Vorgabe des Ministeriums – nur in Gebieten geschaffen werden, die zukunftsträchtig sind und Arbeitsmarktchancen haben. Das große Problem ist, dass niemand, weiß, wie sich die Abiturienten und Abiturientinnen entscheiden werden. Geht es nach dem Willen des Ministeriums, gehen 45% an die Fachhochschulen (10% mehr als bisher) und die Uni-Studis verteilen sich schön gleichmäßig so, wie jetzt zusätzlich Studienplätze geschaffen werden – Angst und Schrecken, sollten sie das nicht tun und einige Fächer fordern immer vehementer eine Zugangsbeschränkung. Aber das kann nicht der Sinn eines Uni-Ausbaus sein, dass alle Studienfächer reglementiert werden und die Studierendenströme so massiv gelenkt werden – ein jeder und eine jede soll die Wahl haben, und studieren können, was er oder sie will!
Ein weiteres Problem stellt sich auch noch: Die Mittelzuweisungen sind an die Erstsemesterzahlen gekoppelt. Was danach mit den Studis passiert, ob sie beispielsweise rigoros „rausgeprüft“ werden, wird sich zeigen.
Andere Hochschulen müssen diesen Stellenausbau ohne zusätzlichen Platz bewältigen. Wir in Würzburg haben die einmale Chance, einen Flächenausbau auf dem Leighton-Arreal vorzunehmen. Dafür soll das Finanzministerium 39 ha ankaufen und in einem zweiphasigen Plan werden 35.000 Quadratmeter Hauptnutzfläche für eine Instituts- und Vorlesungssaalnutzung umgebaut. Starten sollte das Ganze bereits Ende diesen Jahres, sobald die Amis ausgezogen, das Gelände vom Land angekauft wurde und der Uni zur Verfügung gestellt wurde. Fraglich ist gerade, wann genau die Amerikaner ausziehen werden, aber alle gehen vom angekündigten Termin Herbst 2008 aus. Weiterhin hat auch das bayerische Finanzministerium noch nicht zugesagt, dass die Fläche angekauft wird – hoffentlich werden sie das noch vor der Sommerpause tun.
Mein Fazit: Wir bekommen einen Ausbau und es is wirklich gut, dass ausnahmsweise in Hochschulen investiert statt bei ihnen gekürzt wird. Allerdings hält sich diese Investition in Grenzen und erlaubt keine Verbesserung der Bedingungen sondern hält vielmehr die weitere Verschlechterung auf und gibt Hoffnung. Ich würde mir wünschen, dass endlich auch in Bayern erkannt wird, dass seine Hochschulen, runtergewirtschaftet wie sie teilweise sind, endlich eine Finanzspritze vertragen können, die nicht nur die Kürzungen ausgleicht, sondern auch Raum für Weiterentwicklung gibt. Die aktuelle Befürchtung ist nämlich: Masse statt Klasse, die möglichst wenig kostet.
Ein weiterer Aspekt, der mit Finanzierung zusammenhängt sind sicher die Studiengebühren. Ich bin nach wie vor gegen jede Art von Studiengebühren und würde hoffen, dass der hessische Weg auch vielleicht in Bayern realisiert wird: Wegfall der Studiengebühren, dafür bekommen die Hochschulen den „Ausfallbetrag“ vom Land. Bleibt zu hoffen, dass unsere Gebührenklage möglichst schnell zu einem Verhandlungstermin kommt und dass sich im September auch die politischen Verhältnisse in Bayern ändern.