Wir sind die Letzten – Bayerische Studierendenvertretungen für die Abschaffung der Studiengebühren
15.10.2012Ein neues Semester beginnt, Erstsemester kommen zahlreich und wie auch ihre VorgängerInnen beschäftigen sie sich zunächst alle mit den gleichen Themen: Wohnungsnot und Studiengebühren!
Mit Letzteren wird das Studium dann begonnen: Dem Entrichten der 500 € Campusmaut, die ein Studium in Bayern erst ermöglicht, wenn nicht von einem der festgelegten Befreiungsgründe profitiert werden kann. Lediglich ca. ein Drittel der 5000 neuen Erstsemester an den drei Würzburger Hochschulen sind von dieser Gebühr befreit. Da dieser Betrag jedoch nicht von allen bezahlt werden kann, entwickeln sich Studiengebühren seit 2007 zunehmend zu einem selektierenden Werkzeug, um Studieninteressierte ohne das nötige 'Kleingeld' auf asoziale Weise von den Hochschulen fernzuhalten. Die Bildungsungleichheit nimmt damit weiterhin ihren dramatischen Lauf.
Die Verwendung der Studiengebühren soll laut bayerischem Hochschulgesetz der Verbesserung von Studium und Lehre dienen! Allzu oft finanzieren sie jedoch Ausstattungsmaterial der sogenannten Grundsicherung: An der Philosophischen Fakultät I der Julius-Maximilians-Universität finanzieren sie jedes Semester bis zu 70 Stellen, die einen Großteil der Grundsicherung des Studiums in den Bereichen Anglistik, Germanistik und Romanistik sichern. „Von Verbesserung also keine Spur – hier kann lediglich von der Deckung des absolut notwendigen Grundbedarfs gesprochen werden“, so Riccardo Altieri, studentischer Senator und Student der Philosophischen Fakultät I. "Hier geht es auch um Prinzipien. Bildung sollte in Deutschland immer kostenfrei verfügbar sein. Setzt man jedoch einen Großteil des Lehrpersonals auf die Gehaltsliste der aus Studiengebühren finanzierten Dozierenden, wird man in große Bedrängnis kommen, wenn die Studienbeiträge eines Tages wegfallen. Deshalb müssen schon jetzt mehr Mittel in die Hochschulen gesteckt werden, damit die Lehrpersonen auch in Zukunft tätig bleiben können. Ein Wegfall dieser Dozierenden würde den Zusammenbruch der Fakultäten in Würzburg bedeuten." fährt Altieri fort.
"Deshalb fordern wir bayerischen Studierendenvertretungen Ausgleichszahlungen durch das Land in derselben Höhe, die man den einzelnen Studierenden in Bayern seit 2007 zugemutet hat", so Franziska Traube, die Sprecherin der Landes-Asten-Konferenz Bayern. "Nur so kann gewährleistet werden, dass auch in Zukunft jeder Mensch einen freien Zugang zu Bildung erhält. Die Einführung des Numerus Clausus in allen Fachgebieten halten wir für unzumutbar. Ein Teufelskreis aus weiteren Mittelstreichungen wäre die offensichtliche Konsequenz, die wir nicht mittragen können."
Die studentischen VertreterInnen sind zwar in den verschiedenen Studienbeitragskommissionen an den Entscheidungen beteiligt, jedoch sehen sie sich auch mit spät eingereichten Anträgen oder bereits getroffenen Eilentscheiden konfrontiert, die meist nicht mehr maßgeblich beeinflusst werden können. Da an den meisten bayerischen Hochschulen zu viele Gebühren erhoben werden, kommt es in solchen Kommissionen oftmals dazu, dass Dinge finanziert werden sollen, die nicht unmittelbar der Verbesserung von Studium und Lehre dienen. Und das nur, weil Studiengebühren nicht angespart werden dürfen, da ansonsten der Einzug durch das Wissenschaftsministerium droht. Wir sind weder für sinnfreie Anschaffungen noch für ungerechtes langes Ansparen, womit die angehäuften Mittel einer anderen Generation von Studierenden zukommen würden.
"Darum fordern wir von der bayerischen Landesregierung die Abschaffung der selektierenden Studiengebühren und die sofortige Refinanzierung durch staatliche Mittel als einzig sozialgerechte Konsequenz!", konstatiert Dorothea Hutterer als Vorstandsmitglied der bundesweiten Studierendenvertretung fzs e.V.
Nicht zuletzt in Anbetracht der Verantwortung Deutschlands im Hinblick auf den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966 der Vereinten Nationen, der einen "allmählich" unentgeltlichen Zugang aller zu den Hochschulen garantieren soll. In der Verantwortung gegenüber der einzigen eigenen Ressource und der Weiterentwicklung der Gesamtgesellschaft gilt: Wissen ist Macht – Bildung ist mächtiger!