Intern
Studierendenvertretung

Referat Aktion

AKTION: Lernfabriken ...meutern! Würzburg

Selbstdarstellung der Kampagne “Lernfabriken …meutern!”

Die Bedingungen, unter denen Bildung stattfindet, sind katastrophal: völlig undemokratische Strukturen; Leistungsdruck durch Turboabitur, Notenwahn und Regelstudienzeit; soziale Ausgrenzung durch Gebühren und mangelnde Förderungsmöglichkeiten; wachsender Einfluss von Unternehmen; Unterfinanzierung vom Personal bis zur Gebäudeinstandhaltung; überarbeitete Lehrende; zu große Klassen und Kurse. Dies alles führt nicht nur zu miserablen Lehr- und Lernbedingungen, es macht Menschen krank. Daher ist es auch kein Geheimnis mehr: Das derzeitige Bildungs- und Wissenschaftssystem ist gescheitert. Es wird den Ansprüchen, die seit der Aufklärung erhoben werden, nicht ansatzweise gerecht.

Schüler*innen, Auszubildende und Studierende sollen nur das lernen, was der Arbeitsmarkt verlangt. Demokratische Partizipation sowie das kritische Hinterfragen der Gesellschaft werden dabei zugunsten braver Angepasstheit an die Erfordernisse der Wirtschaft verdrängt. Die Devise lautet: nützliches Humankapital statt mündiger Menschen. Dabei werden im Kampf um die besten Plätze in dieser Gesellschaft weite Personenkreise ausgegrenzt. Sinnlose Konkurrenz und unnötige Ausschlüsse fangen schon im Bildungswesen an. Schon in Kindertagesstätten ist nicht Platz für alle. Nach der Grundschule werden junge Menschen in verschiedene Schulformen sortiert. Die Auslese richtet sich nach dem Bildungsgrad und dem Einkommen der Eltern, für viele ist die Hochschule dann gar nicht mehr erreichbar. Hohe Gebühren und Kosten der Lernmaterialien, eine unzureichende Ausbildungsförderung und hohe Mieten tun ihr übriges.

Die enorme Bedeutung von Bildung offenbart dabei die Notwendigkeit eines anderen Bildungssystems. Bildung meint die kritische Aneignung unserer Welt, um diese als lebendigen Teil einer demokratischen Gesellschaft mitzugestalten, ganz im Sinne von sozialer Gerechtigkeit, ökologischer Nachhaltigkeit und Frieden. Sie ist Triebfeder gesellschaftlichen Wandels hin zu einem besseren Zusammenleben. Hierfür braucht es die richtigen Bedingungen – ausfinanziert, demokratisiert und zugänglich für alle.

Wir alle, Schüler*innen, Auszubildende, Student*innen und wissenschaftliche Mitarbeiter*innen, sind dem gleichen Problem ausgesetzt: dem Bildungssystem. Aus diesem Grund sind wir nicht auf unseren eigenen Vorteil innerhalb des Systems aus, sondern fordern ein solidarisches Bildungssystem für alle Menschen! Eine umfassende Demokratisierung des gesamten Bildungssystems geht daher mit einer ebenso entschlossenen Umgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse einher.

Der immer größer werdende Unmut gegen die Zurichtung von Bildung macht deutlich, dass der Status Quo nicht mehr aufrechtzuerhalten ist. Die Proteste in der Vergangenheit haben mit der Abschaffung der Studiengebühren sowie dem Zurückdrängen von G8 enorme Durchbrüche erreicht. Dies zeigt, dass gesellschaftliche Verbesserung durch solidarisches Zusammenwirken erreicht werden kann.

Deshalb: Nehmen wir unsere Bildung selbst in die Hand – meutern wir die Lernfabriken! Lasst uns für eine Gesellschaft kämpfen in der echte Bildung möglich ist!

Komm doch zu unserem Treffen!

An dieser Stelle wird demnächst der Termin unseres nächsten Treffens bekanntgegeben.
https://www.facebook.com/hashtag/meutern?source=feed_text&story_id=1663995167215466

 

Für eine andere Hochschule!

Selbstbestimmt Leben und Lernen

Der Slogan „Selbstbestimmt Leben und Lernen“ zierte das Fronttransparent der Bildungsstreikdemo in Karlsruhe letzten Sommer und auch sonst taucht auf den Flyern und Plakaten der streikenden Schüler_innen und Student_innen immer wieder diese Forderung auf. Aber was steckt eigentlich genau dahinter, wie soll überhaupt selbsbestimmtes Studieren bzw Lernen definiert werden, wie hängt das Ganze mit einem selbstbestimmten Leben zusammen und was an der derzeitigen Situation verhindert eine solche Art der Aneignung von Wissen?

Um sich dem Begriff des selbstbestimmten Studierens zu nähern sollte zuerst der Begriff der Bildung betrachtet werden. Oft wird bei der Definition das alte Humboldtsche Bildungsideal herangezogen, also Bildung als Ausbildung der eigenen Persönlichkeit und Individualität, als Wert an sich und vor allem als Selbstbildung aus Eigeninteresse. Demgegenüber steht für viele Student_innen, vor allem durch die sogenannte Bolognareform und die Umstellung auf Bachelor/Master, ein erhöhter Leistungsdruck und, bedingt durch ein als verschult empfundenes Studium, der Eindruck, dass es in ihrem Studium eher um den angestrebten Abschluss und den schnellen Sprung auf den Arbeitsmarkt geht und nicht mehr, wie von Humboldt postuliert, um eine Bildung an sich.

Doch verliert mensch aus so einer Perspektive schnell aus den Augen, das Bildung in den Universitäten schon immer Ausbildung bedeutete. Egal in welcher geschichtlichen Periode war die Universität schon immer ein Ort, der für die jeweils Herrschenden die Ausbildung wichtiger Funktionsträger garantierte, seien dies nun Richter_innen, Architekt_innen oder Lehrer_innen.

Was sich jedoch im Laufe der Zeit geändert hat, ist die Zugangsmöglichkeit zur Universität. War es früher nur wenigen, meist aus der Oberschicht, möglich ein Studium aufzunehmen, wird es heute theoretisch jeder und jedem ermöglicht die Uni zu besuchen. Dass dies in der Praxis aber nicht immer gewährleistet ist, wurde schon mehrfach statistisch erwiesen, so haben es Kinder aus Arbeiter_innenhaushalten oder Migrant_innen deutlich schwerer jemals einen Blick in einen Hörsaal zu werfen, als zum Beispiel Sprösslinge einer Akademiker_innenfamilie. Politiker_innen verschiedenster Parteien und auch weite Teile des Bildungsstreiks fordern deshalb Chancengleichheit im Bildungssystem. Diese auf den ersten Blick sinnvolle Forderung verliert bei näherer Betrachtung sehr schnell ihren Reiz. Die Universität erfüllt nämlich auch bei der gleichen Chance sie zu besuchen ihre Funktion als selektiver Mechanismus mithilfe von Klausuren, Noten und begrenzten Masterzugängen. Und gäbe es wirklich den Master für alle, würde dann eben um die Qualität dieses Abschlusse konkuriert und das Hauen und Stechen ginge dann nahtlos auf dem Arbeitsmarkt weiter. Ganz zu schweigen davon, dass eine Forderung nach Chancengleichheit schon immer eine sozial gegebene Ungleichheit impliziert und, schlimmer, auch noch rechtfertigen kann. Wenn die Chancen gleich verteilt sind, dann hat der Topmanager sie halt genutzt und der Penner ums Eck eben nicht. Alles Punkte die dem schönen Leben offensichtlich diametral entgegen stehen.

Kann sich die Forderung nach selbstbestimmtem Studieren also einfach auf die Forderungen nach Chancengleichheit, voll finanzierten Studienplätzen und der Möglichkeit der Selbstfindung während des Studiums beziehen?

Betrachtet mensch das aktuelle Problem Bildungspolitik in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext, wird klar, dass die Umstrukturierung der Universitäten nicht im luftleeren Raum stattfindet, sondern Teil eines gesamtgesellschaftlichen Prozesses ist. Immer mehr Bereiche, die früher vermeintliche Autonomie genossen haben, wie die Universitäten, werden an die Bedürfnisse des freien Marktes und des globalisierten Wettbewerbs angepasst.

Dagegen sollte es möglich sein, einen anderen Bildungsbegriff zu entwerfen. Bildung muss mehr sein als Selbstvervollkommnung, sie muss es ermöglichen die Gesellschaft in der wir leben kritisch zu hinterfragen. Es reicht nicht, sich die Universität als eine Insel im Meer der Gesellschaft vorzustellen und die Bildungspolitik abseits jedweder gesellschaftlicher und ökonomischer Zwänge zu sehen.

Selbstbestimmtes Studieren heißt, sich Freiräume zu eröffnen, in denen es möglich ist, sich solch eine Art Bildung anzueignen. Solch ein selbstbestimmtes Studieren kann dann auch nur mit dem Versuch einhergehen ein selbstbestimmtes Leben zu führen, also gerade nicht mehr mitzumachen, nicht mehr nur einfach zu funktionieren, sondern zu versuchen sich der allgegenwärtigen Verwertungslogik zu entziehen. Selbstbestimmtes Studieren muss es uns ermöglichen unsere Umwelt zu begreifen, zu kritisieren, und etwas zu denken das ganz anders ist als das Bestehende.(„oder“ eine Perspektive zu eröffnen die solidarische und freie Bildung ermöglicht)

Wie das Ganze jedoch von der reinen Abstraktion auf eine realpolitische Ebene bringen?

Der politische Kampf für ein selbstbestimmtes Studium fängt schon bei dem Versuch an, die Umstrukturierungen durch die Bolognareform zurückzunehmen. Durch Wegfall von Studiengebühren, Anwesenheitslisten, oder erhöhtem Leistungsdruck durch den Bachelor würde für den/die Einzelne_n ein kleines Stück mehr an Freiheit geschaffen. Durch die Forderung nach mehr Demokratie an den Universitäten, hier in Konstanz zum Beispiel die Forderung nach einer verfassten Studierendenschaft, können unsere politischen Spielräume erweitert werden. Durch Aktionen wie Hörsaalbesetzungen können temporäre Freiräume an der Uni geschaffen werden, in denen wir unsere Vorstellungen von einem selbstbestimmten Studium und Leben miteinander austauschen können. Jedoch sollten wir bei all dem nicht vergessen, dass der Großteil unserer Kämpfe nur defensiver Natur sind. Um wirklich in die Offensive zu kommen, bedarf es eines gesamtgesellschaftlichen Wandels, auf den mensch nur in Zusammenarbeit mit anderen sozialen Bewegungen hinwirken kann.

In diesem Sinne: Für ein selbstbestimmtes Studium und ein selbstbestimmtes Leben!

Reclaim your university!
Reclaim your education!
Reclaim your life!