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Universitätsarchiv

Geschichte der Rektoren und Präsidenten

Die lange Tradition der Universitätspräsidenten in sieben Teilen

Zwar hat der Präsident einer Universität keine fürstengleichen Rechte mehr, doch nichtdestotrotz verändert jeder Leitungswechsel die Ausrichtung der Universität.  Der politische Kurs wird angepasst und neue Wege beschritten, die Persönlichkeit des Präsidenten prägt auch immer das Gesicht einer Hochschule, selbst wenn die Strukturen in ihrem Innern vielleicht keine große Überformung erfahren.  Doch seit wann gibt es in Würzburg überhaupt das Amt des Präsidenten? Wer stand früher an der Spitze der Universität? Wie wurde das Amt vergeben, hatte die Universitätsgemeinschaft ein Mitspracherecht? Oder bestimmte gar der Landesherr die Geschicke der Universität? Mit derlei Fragen beschäftigte sich das Universitätsarchiv anlässlich des aktuellen Amtswechsels zum 1. April 2021 und ging auf Spurensuche in einer über 600jährigen Geschichte

Das Oberhaupt der Würzburger Universität im Mittelalter

Teil 1 von 7

Heute ruhen Organisation und Aufgaben der Universität auf einer gesetzlichen Basis aus staatlichen Hochschulgesetzen und der universitätseigenen Grundordnung. Früher bildeten Privilegien und Statuten die Grundlage der Universität, denn seit jeher erkannte man die Notwendigkeit einer einheitlichen Regelung hinsichtlich Organisation und Verhalten der einzelnen Hochschulorgane, weshalb sich auch in mittelalterlicher Zeit etliche Statuten anderer Universitäten nachweisen lassen.

Die Statuten der durch Bischof Johann von Egloffstein gegründeten Universität sind nicht überliefert. Das von Papst Bonifaz IX. in Rom ausgestellte Gründungsprivileg vom 10 Dezember 1402 beinhaltet keine organisatorischen Vorschriften und verweist auf die Universität Bologna als Vorbild.

Nach Bologna, der ältesten europäischen Universität, kamen Studenten aus ganz Europa zum Rechtsstudium. Zum Schutz vor fremdenfeindlichen Übergriffen schlossen sie sich im 12. Jahrhundert mit anderen Studenten gleicher regionaler Herkunft zusammen und beschäftigten Lehrer (Professoren) zu ihrer Unterrichtung. Die verschiedenen Zusammenschlüsse vereinigten sich zur Universität und entsandten Vertreter in einen Rat, der einen studentischen Rektor wählte und die Verhandlungen mit den Professoren führte. Auch die Professoren schlossen sich zu Doktorenkollegien zusammen, waren aber in Bologna nicht Teil der Universität.

Bologna und Paris

Bologna wurde Vorbild für die Studentenuniversitäten Südeuropas, für Würzburg lässt sich aber, trotz der expliziten Erwähnung im Gründungsprivileg, keine zweifelsfreie Vorbildfunktion annehmen. Im Gegensatz zu Bologna, wo es zunächst nur Rechtsstudien und somit keine Fakultäten gab, sind im Würzburger Gründungsprivileg die Einrichtung von Fakultäten vorgesehen. Hier ist das Vorbild der zweiten modellgebenden Universität, der fast zeitgleich zu Bologna entstandenen Universität von Paris, bedeutsam. An der Universität Paris gab es ebenfalls die für die mittelalterlichen Universitäten prägenden Nationen, sie war aber zudem in die vier Fakultäten artes liberales, Theologie, Rechtswissenschaft (nur kanonisches Recht) und Medizin gegliedert. Der Rektor wurde von den Magistern der Artistenfakultät aus ihren Reihen gewählt. Für die deutschen Universitäten wirkte zudem die Universität Prag prägend, die verschiedene Elemente aus Bologna und Paris übernommen hatte. Während in Bologna der Rektor von Studenten aus der Studentenschaft gewählt wurde, war es bei Mischverfassungen, wie in Prag, üblich, dass Studenten und Magister zusammen einen Vertreter wählten. Für Würzburg belegen die bekannten Namen der Rektoren, dass keine Studenten, sondern Geistliche, entweder Mitglieder des Domkapitels oder Professoren der Theologie, gewählt wurden.

Würzburger Besonderheiten

Der Rektor besaß an den italienischen Universitäten weitgehende Rechte in Bezug auf allgemeine Beschlüsse, Gerichtsbarkeit und Finanzverwaltung, in Zentral- und Nordeuropa wurden diese Kompetenzen häufig durch einen Kanzler eingeschränkt. Der Kanzler war zumeist der örtliche Bischof, der als Träger der Institution dadurch die Kontrolle behielt. In Würzburg bestimmten der Bischof oder sein Vikar so über die Lehrgenehmigung an der Universität. Die bekannten Statuten anderer Universitäten gewähren einen Eindruck von der Organisation der mittelalterlichen Universitäten. Da allerdings selbst bei klaren Filiationen neue Satzungen stark von ihren Vorbildern abweichen konnten, lässt sich die Würzburger Verfassung hieraus nicht rekonstruieren.

Die wenigen bekannten Rektoren aus der Gründungsphase

Als Rektoren sind aus dieser Zeit namentlich bekannt: Albrecht von Heßberg, Günther von der Kere, Paul von der Kere und Peter von Treysa. Letzter bekannter und einziger von Lorenz Fries in seiner Chronik erwähnter Rektor der Würzburger Universität ab 1410 war der Kanoniker und studierte Rechtswissenschaftler Johannes Zantfurt. 1412 zog er in eines der Universitätsgebäude, den Hof zum Großen Löwen in der heutigen Dominikanergasse. Dort wurde er bereits drei Jahre nach Amtsantritt, am 1. Dezember 1413 von seinem Diener aus unbekannten Gründen ermordet.

Niedergang der Universität

Der Fortbestand der Universität nach Ableben ihres Gründers und Unterstützers 1411 gestaltete sich aufgrund der unzureichenden materiellen und finanziellen Ausstattung zunehmend mühsam. Zu einem unbekannten Zeitpunkt nach der letzten belegten Professorenberufung 1427 erlosch der Lehrbetrieb. Rechtlich jedoch existierte die Universität weiter. Ein Universitätssiegel lässt sich leider nicht mehr nachweisen, allerdings überdauerte das Rektorensiegels die Jahrhunderte und konnte anhand des leicht beschädigten Abdrucks an einer am 02. Oktober 1410 vom Rektor ausgestellten Urkunde rekonstruiert werden. In dieser Urkunde verpflichten sich sowohl Lehrende als auch Lernende zur Einhaltung der von Bischof Johann verliehenen Privilegien.

Für die nächsten rund 150 Jahre versank die Universität in einen Dornröschenschlaf, ohne dabei jedoch vollständig in Vergessenheit zu geraten.