Emil Fischer
Gelehrter des Monats: Emil Fischer
* 9. Oktober 1852 in Euskirchen † 15. Juli 1919 in Berlin
1871 Studium der Chemie in Bonn
1872 Wechsel nach Straßburg
1874 Promotion
Assistenz unter Baeyer
1875 Wechsel nach München
1878 Habilitation
1879 Professur in München
1882 Professur in Erlangen
1885 Professur an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg
1892 Professur in Berlin
1902 Nobelpreis für Chemie
Auch im Juli 2018 möchte das Universitätsarchiv einen weiteren Nobelpreisträger als Gelehrten des Monats ehren. Dieses Mal steht Emil Fischer im Zentrum des Interesses, ein hervorragender Chemiker, der sich eng mit der Würzburger Universität verbunden fühlte, an dessen Lebenslauf aber auch gleichzeitig die Brüche seiner Zeit deutlich werden.
„Zum Kaufmann zu dumm, …“
Nachdem er sein Abitur 1869 in Bonn erlangt hatte, drängte es den jungen Emil Fischer zur Wissenschaft, jedoch geschah dies nicht zur Freude seines Vaters. Dieser wünschte sich für den Sohn eine kaufmännische Ausbildung, die Fischer auch antrat, aber schon bald wieder frustriert abbrach. Erst dann – Fischer selbst überliefert in seiner Autobiographie das Zitat seines Vaters, er sei „zum Kaufmann zu dumm, er soll studieren“ – durfte er schließlich sein Studium beginnen. Seine Wahl fiel nicht zuletzt aufgrund von Kindheitserfahrungen mit der väterlichen Färberei auf die Chemie. Er war ein gelehrsamer Student, kam jedoch nicht mit dem Unterrichtsstil Kekulés in Bonn zurecht. Seinem Cousin Otto ist es zu verdanken, dass Fischer daraufhin nicht in die Physik wechselte, sondern nach Straßburg ging, wohin erst kurz zuvor Adolf von Baeyer berufen worden war, der Fischer wesentlich stärker zu fesseln vermochte und zu dessen Assistent er schließlich avancierte.
„Die erste Synthese der natürlichen Zucker…“
Fischers unauslöschlicher Ruhm gründet sich auf seine Grundlagenarbeit in der organischen Chemie: Dank seines äußerst scharfen, analytischen Verstandes gelangen Fischer trotz der begrenzten Möglichkeiten seiner Zeit mehrere grundlegende Durchbrüche in der Erforschung der Raumstrukturen von Naturstoffen. Insbesondere die Untersuchung von Zuckern sollte ihm zu großem Ruhm verhelfen – ihm gelang als Erstem die Synthese von Glucose –, aber auch Peptide und Aminosäuren wurden von ihm eingehend untersucht. Für seine Leistungen in der Zuckerchemie wurde er 1902 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Darüber hinaus wurde nach ihm die Fischer-Projektion, ein System zur räumlichen Darstellung von Kohlenstoffverbindungen, benannt.
„Mein Entschluss wäre rasch gefasst gewesen…“
Die sieben Jahre, die Fischer in Würzburg verbrachte, können im Rückblick als die glücklichsten in seinem Leben angesehen werden: Hier heiratete er seine Ehefrau, die ihm bald darauf drei Söhne gebar. Der größte Teil seiner Arbeiten zu den Zuckern wurden hier durchgeführt. Das Kultusministerium gewährte ihm eine beachtliche Summe für den Neubau des Chemischen Instituts am Pleicher Ring, der von ihm auch selbst mitgeplant, aber erst später unter seinem Nachfolger Arthur Hantzsch verwirklicht wurde und Würzburg auf viele Jahre eine der fortschrittlichsten Einrichtungen des Landes einbrachte. Als ihn der Ruf nach Berlin 1892 erreichte, musste er sich entscheiden: Entweder er blieb in Würzburg, das er inzwischen liebgewonnen hatte, oder nahm die überaus renommierte Stelle in Berlin an. Seiner eigenen Aussage nach hätte er sich – auf sich allein gestellt – sofort weiterhin für Würzburg entschieden, doch das Zureden seiner Frau, seines Vaters und einiger Berliner Fachkollegen sowie Zusagen hoher Geldmittel durch das Berliner Kultusministerium konnten ihn schließlich doch zum Wechsel bewegen.
Von Waffenforschung und dem „unseligen Krieg“
Das Jahr 1914 brachte tiefe Einschnitte im wissenschaftlichen Betrieb. So passte Emil Fischer – wie auch viele seiner nationalen und internationalen Kollegen – seine Forschungsarbeit den Anforderungen an, die der Erste Weltkrieg mit sich brachte. Es steht außer Frage, dass Emil Fischer unter anderem auch in beratender Funktion für die Entwicklung chemischer Kampfstoffe für den Feldeinsatz beteiligt war. Bedenken, die Fischer zu diesem Thema äußerte, bezogen sich im Wesentlichen auf die technische Machbarkeit oder die Sorge darum, dass die feindlichen Kräfte die gleichen Methoden gegen deutsche Soldaten nutzen könnten. Es spricht jedoch einiges dafür, dass sich mit dem Fortschreiten des Krieges, der sich abzeichnenden Niederlage und dem Tode zweier seiner Söhne auch bei Fischer zunehmende Ernüchterung und Abkehr von der anfänglichen Kriegsbegeisterung einstellten. In seiner Autobiographie, ebenso wie in seinen Briefen, wird ein tiefes Bedauern über die Verluste an Familie und Freunden, die der Krieg mit sich brachte, erkennbar.
Literaturempfehlungen:
Baumann, Timo: Giftgas und Salpeter. Chemische Industrie, Naturwissenschaft und Militär von 1906 bis zum ersten Munitionsprogramm 1914/15, Düsseldorf 2008.
Fischer, Emil: Aus meinem Leben, Berlin 1922.
Koschel, Klaus: Die Entwicklung und Differenzierung des Faches Chemie an der Universität Würzburg, in: Baumgart, Peter: Vierhundert Jahre Universität Würzburg. Eine Festschrift, Neustadt a. A. 1982, S. 703-749.