Josef Martin
Gelehrter des Monats: Josef Martin
* 13. Januar 1884 in St. Ingbert/ Saar † 21. November 1973 in Würzburg
1902 Studium der klassischen Philologie, Geschichte und Philosophie in Würzburg und München
1908 Gymnasiallehrer und Studienrat in München und Amberg
1913 Während Lehrtätigkeit: Promotion in München
1921 Versetzung an das „Alte Gymnasium“ in Würzburg
Außerordentlicher Professor an der Universität Würzburg
1933 Ordentlicher Professor der Klassischen Philologie
1945 Rektor der Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Nach dem Ende des 2. Weltkriegs stand die Universität vor einer doppelten Herausforderung. Zum einen waren ihre Gebäude größtenteils zerstört oder beschädigt. Zum anderen war ein Großteil der Lehrpersonen aufgrund ihrer Mitgliedschaften in NS-Organisationen im Rahmen der Entnazifizierung von ihren Ämtern enthoben worden. Doch das universitäre Leben blieb nicht lange in Schutt und Asche. Dies ist vor allem den Anstrengungen des ersten Rektors der Nachkriegszeit, Josef Martins zu verdanken. Die Grundzüge seines Wirkens werden in der Septemberausgabe des Gelehrten des Monats präsentiert.
Forschung mit Glauben und Leidenschaft
Von den herausragenden philologischen Fähigkeiten des Gymnasiallehrers, zeugt bereits Martins Dissertationsschrift, die er parallel zur Ausübung seiner Lehrtätigkeit verfasste. Seine „Studien und Beiträge zur Erklärung und Zeitbestimmung Commodians“ wurde in die angesehene Reihe der „Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur“ aufgenommen. Sie war die erste von mehreren Publikationen, in der Josef Martin seine Auffassung zur Datierung Commodians als ältestem Dichter christlicher Latinität vertrat. Das Interesse des gläubigen Katholiken galt zunächst den frühchristlichen Autoren des 3. und 4. Jahrhunderts, jedoch beschäftigte er sich auch mit den Überlieferungen Ciceros, so zum Beispiel in seiner Habilitationsschrift, die er ebenfalls neben seiner pädagogischen Tätigkeit erarbeitete. Sein akademischer Werdegang war gekennzeichnet von einer ergiebigen Veröffentlichungs-tätigkeit, die bald mit einer zunächst außerordentlichen und 1933 mit einer ordentlichen Professur belohnt wurde. Als Ordinarius hat er dabei fast zwanzig Jahre lang mit seiner leidenschaftlichen Erforschung und Auslegung lateinischer Texte die klassische Philologie an der Alma Julia nachhaltig geprägt.
Der Wiederaufbau der Universität
Martin war ein frommer Katholik und galt politisch als unbefangen, deshalb wurde er von der amerikanischen Militärregierung gebeten, die Verwaltung der Universität zu übernehmen. Dies lehnte er jedoch zunächst mit dem Hinweis ab, dass er nur nach Wahl durch den Senat ein solches Amt antreten könnte. Dies erkannte die Militärregierung an. Nachdem Martin schon seit Juli 1945 als Geschäftsführer der Universität fungierte, wurde er nach rechtmäßiger Wahl am 1. Oktober 1945 offiziell zum ersten Nachkriegsrektor der Universität.
Seine Aufgaben in dieser schwierigen Episode der Universitätsgeschichte erledigte er stets mit großem Eifer und Geschick. So bekam er schon von seinen Zeitgenossen den Ehrentitel eines zweiten Universitätsgründers verliehen.
Um den Wiederaufbau der Universität realisieren zu können packten auch die Studenten und Dozenten mit an. Schon kurze Zeit nach Kriegsende begann man, Hand in Hand, den Schutt zu räumen und die notwendigen Materialien für den Wiederaufbau zu organisieren. Unter Josef Martin als Rektor wurden die „Ehrendienste“ der Studenten, z.B. Lasten tragen oder Materialien herankarren fester Bestandteil des akademischen Lebens. Generell musste für die Zulassung zum Studium im zerstörten Würzburg jeder Bewerber neben seiner politischen Überprüfung auch noch einen mindestens halbjährigen Schutträumungsdienst nachweisen können.
Der Lehrbetrieb der Universität wurde nach und nach wiederaufgenommen, beginnend mit der Theologischen Fakultät am 1. Oktober 1945. Freilich war das Universitätsleben noch weit von einem Normalzustand entfernt. Die Räume der Universität waren über die ganze Stadt verteilt, in Gebäuden die nicht zerstört waren. Martin selbst kam mit dem Rektorat im Luitpoldkrankenhaus unter, der Senat tagte in einem Zimmer des physikalischen Instituts. Einen Schritt zurück zur Normalität machte die Universität gemeinsam mit Martin am 12. März 1947, als die Alma Julia in der Aula der Mozart-Schule feierlich wiedereröffnet wurde. Bis zum Sommersemester war die Zahl der Studierenden dann auf 3.680 angestiegen.
Literaturempfehlungen:
Scholz, Udo W./Schönberger, Otto: Josef Martin (1884-1973), Klassischer Philologe, in: Baumgart, Peter (Hg.): Lebensbilder bedeutender Würzburger Professoren (= Quellen und Beiträge zur Geschichte der Universität Würzburg, Bd. 8), Neustadt an der Aisch 1995, S.341-354.
Süß, Peter A.: Kleine Geschichte der Würzburger Julius-Maximilians-Universität, Würzburg 2002, S. 143-149.