Prozessinterviews und weitere Informationsquellen
In manchen Fällen ist eine Erhebung der Prozesse durch die Befragung von Einzelpersonen zielführender als ein Workshop. So entfallen der Gruppendruck und die mögliche Befürchtung, sich für die eigene Prozessdurchführung rechtfertigen zu müssen oder durch andere vor der Gruppe korrigiert zu werden.
Überlegen Sie sich vor einem Einzelgespräch, was die Rolle des Interviewten ist, welche Themenschwerpunkte Sie setzen wollen und in welcher Reihenfolge Sie Ihre Themen abarbeiten möchten. Machen Sie sich klar, was Ihre Rolle gegenüber dem Interviewten ist, und inwiefern sie oder er darauf vertrauen können, dass die gegebenen Antworten ihr oder ihm nicht schaden. Seien Sie ehrlich und offen über Ihre Absichten. Gewähren Sie gegebenenfalls Anonymität und nehmen Sie die Antworten des Befragten ohne Zweifel auf. Machen Sie sich aber auch seinen oder ihren Blick auf den Prozess bewusst.
Prozessinterviews können schriftlich, telefonisch/ digital oder mündlich stattfinden. Wir empfehlen Ihnen, die Erhebung durch Leitfragen vorzustrukturieren, damit gewährleistet wird, dass alle beabsichtigten Themen auch angesprochen werden. Geben Sie jedoch auch Raum für zusätzliche Aspekte. Offene W-Fragen (Wie? Welche? Warum?) regen zu ausführlicheren Antworten an als geschlossene Ja/Nein-Fragen. In besonderen Fällen kann sich jedoch auch ein Fragebogen mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten eignen, wenn Sie z. B. die Häufigkeit bestimmter Prozessvarianten oder Probleme erfassen möchten.
Weitere Informationen erhalten Sie aus der Recherche in Unterlagen – Welche Vorgaben gibt es für den betrachteten Prozess? Was ist bekannt oder dokumentiert über Fallzahlen, Probleme und Lösungsansätze, Beschwerden? Schauen Sie in eine Stichprobe von prozessrelevanten Akten oder Dokumenten.
Eine weitere Methode ist die (teilnehmende) Beobachtung am Prozess; d. h. einfach einmal den Prozess mit den Beteiligten zu durchlaufen und dabei Fragen zu stellen: Warum schreiben Sie dies auf? Was erfahren Sie von ihm? Wer liest diese Information? Warum geben Sie dies ein? usw. Wichtig ist es jedoch, vorher ein grobes Gesamtverständnis des Prozesses zu haben, sonst verliert man in dieser „Ameisenperspektive“ schnell den Überblick.