Offener Brief an die FDP Würzburg
07/02/2008... in Bezug auf deren Pressemitteilung vom 23.o6.2oo8 zur Podiumsdiskussion
Würzburg, den o2. Juli 2oo8
Offener Brief in Bezug auf die Pressemitteilung der FDP Würzburg vom 23.o6.2oo8
Sehr geehrte Damen und Herren Mitglieder der FDP Würzburg,
sehr geehrter Landtagskandidat Brandt,
mit großer Irritation nehmen wir die Pressemitteilung der FDP Würzburg und der Liberalen Hochschulgruppe (LHG) Würzburg zur Podiumsdiskussion mit Vertretern der im Bayerischen Landtag vertretenen Parteien vom 23.o6. zur Kenntnis. Leider haben wir von dieser erst jetzt zufällig im Internet erfahren.
Wir bedauern, dass die FDP es scheinbar nicht für notwendig hält die Studierendenvertretung über ihre Bedenken zu informieren und um Stellungnahme zu bitten, sondern den (vermeintlich) pressewirksamen Gang in die Öffentlichkeit am Tag der schon seit langem angekündigten Veranstaltung vorzieht. Außerdem nehmen wir mit Verwunderung zu Kenntnis, dass diese Bedenken weder im Studentischen Konvent noch im Sprecher- und Sprecherinnenrat artikuliert wurden, in denen jeweils Mitglieder der LHG als Jugendorganisation der FDP vertreten sind. Ganz im Gegenteil - die Konzeption und die dargelegten Beweggründe wurden in beiden Gremien wohlwollend zur Kenntnis genommen.
Anders als von Ihnen behauptet, war es nicht Ziel der Veranstaltung, die Kandidaten für das Direktmandat im Stimmkreis Würzburg Stadt und deren politisches Programm vorzustellen, sondern mit den hochschulpolitischen Verantwortungsträgern der im Landtag vertretenen Parteien zu diskutieren. Diese haben im Gegensatz zur FDP, die bekanntermaßen im Jahr 2oo3 auf 2,6 Prozent kam, die notwendigen 5 Prozent Stimmanteil und damit auch den Einzug in den Bayerischen Landtag erreicht und die Politik der letzen fünf Jahre zu verantworten.
Eine Einladung aller zur Landtagswahl antretenden Parteien (uns sind derzeit acht Direktkandidaten bekannt) hätte – das sollte auch Ihnen bewusst sein – eine Diskussion allein aufgrund der unüberschaubaren Anzahl an Diskutanten unmöglich gemacht und jeden zeitlichen Rahmen gesprengt. Auch hätte die Veranstaltung allen Kandidaten im Stimmkreis offen stehen müssen und sollen – was mit der Anwesenheit des verantwortlichen Staatsministers zu einem Übergewicht der Regierungspartei CSU geführt (wenn er bei einer solchen Konzeption überhaupt teilgenommen hätte) oder wiederum eine 'Ausladung' des hiesigen Kandidaten der CSU zur Folge gehabt hätte, ganz abgesehen von den hochschulpolitischen Expertinnen der Oppositionsparteien – dies wäre mehr als fragwürdig gewesen.
Darüber hinaus wollen wir betonen, dass kein lokaler Bewerber bevorteilt wurde. Zwar waren einige Landtagskandidaten – im Gegensatz zu dem der FDP – im Publikum anwesend und suchten interessiert das Gespräch zu Studierenden und Ihren gewählten Vertretern – auf dem Podium jedoch saßen nur die hochschulpolitischen Verantwortungsträgerinnen der Opposition und der Wissenschaftsminister, die alle drei im Übrigen nicht einmal im Wahlkreis Unterfranken gewählt werden können.
Der aus dem Zusammenhang gerissene und daraufhin als zynisch bezeichnete Vorwurf, die Studierendenvertretung „habe nur die im Landtag vertretenen Parteien eingeladen, um nicht auch einen Vertreter der Republikaner auf dem Podium dulden zu müssen“ sowie die nachfolgende Argumentation, die der Studierendenvertretung einen verfassungswidrigen Umgang mit Grundrechten unterstellt, wird allein schon durch die ebenfalls seit langem vorgesehene und derzeit angefragte Vorstellung aller Direktkandidaten im Stimmkreis Würzburg Stadt in den der Studierendenvertretung zur Verfügung stehenden Medien als absurd entlarvt. An dieser Stelle erwarten wir ein klares Wort der Entschuldigung von Ihnen!
Gleiches gilt für die Unterstellung, eine linke Mehrheit des Sprecher- und Sprecherinnenrates wolle Einfluss auf die Uniwahl nehmen und die LHG und/oder weitere der insgesamt fünf zur Hochschulwahl antretenden Gruppierungen wären durch die Podiumsdiskussion benachteiligt worden. Die Studierendenvertretung hat den Hochschulgruppen in der Juni-Ausgabe Ihrer Publikation „Sprachrohr“ jeweils gleichen Raum gegeben, sich und ihre Inhalte vorzustellen. Im Rahmen unserer Homepage haben wir über den Wahlmodus aufgeklärt und auf alle antretenden Gruppierungen in gleicher Form verwiesen.
Der zeitnahe Termin zur Hochschulwahl wurde gewählt, um durch die zeitgleiche Bewerbung der Podiumsdiskussion und der Hochschulwahlen Synergie-Effekte zu erzielen, die ohnehin bedauernswert geringe Wahlbeteiligung bei Hochschulwahlen zu steigern und einen stärkeren Blick auf hochschulpolitische Themenkomplexe in der Landespolitik zu erreichen.
Außerdem fragen wir Sie als Mitglieder der Liberalen, wie in einem solchen Fall etwa die Berücksichtigung einer unabhängigen Hochschulgruppe (wie bei dieser Hochschulwahl durch die 'UHG' vertreten) hätte vonstatten gehen sollen? Oder sollte die Studierendenvertretung Ihrer Meinung nach zukünftig aufgrund all dieser (vermeintlichen) Schwierigkeiten auf die Organisation solcher Veranstaltungen verzichten? Wir sind mehr als gespannt auf Ihre Antwort!
Die inzwischen vorliegenden Ergebnisse der Hochschulwahlen sollten der Liberalen Hochschulgruppe nach Stimmverlusten von 28,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresergebnis (2oo7: 18,5%; 2oo8: 13,3%) und den damit verbundenen Mandatsverlusten von 5o Prozent (2oo7: 4 Sitze im Studentischen Konvent; 2oo8: 2 Sitze) zu denken geben:
Statt Spaß-Wahlkampf und Äußerungen wie etwa „Wir konzentrieren uns auf das Wesentliche. Während andere (...) liegen wir mal einfach locker am Main. Oder sind mit Euch feiern.“ - „warum du überhaupt wählen gehen sollst… Klar, aus demokratischer Quasi-Pflicht heraus und aufgrund vieler anderer Dinge… - Mama hat immer gesagt: Wer feiern kann, kann auch aufräumen.“, aus denen sich der Wahlkampfflyer der LHG zusammensetzt, sollten deren Mitglieder die Vertretung der Belange der Studierenden groß schreiben und in den Gremien, in denen sie vertreten sind, ihre Meinung artikulieren als auch vertreten. Stattdessen ziehen die Mitglieder der LHG es derzeit vor zu schweigen und somit nicht aktiv an der Arbeit der Studierendenvertretung teilzuhaben. Nur lautstarke Beschwerden über die engagierte Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in der Öffentlichkeit sind zu vernehmen. Aber es kommt nicht auf Populismus und Quantität in Form einer Wahlliste mit möglichst vielen Personen an, die in Pressemitteilungen bejubelt wird, sondern auf die Qualität in Form von inhaltlicher Arbeit im Sinne der Studierenden der Universität Würzburg.
Und wenn zum Beispiel eine bessere Stadt-Uni-Koordinierung von Seiten der LHG gefordert wird, sollte man doch erst mal in den eigenen Reihen überzeugen, als hiermit auf Stimmenfang zu gehen – oder wie können Sie uns den freiwilligen Verzicht der FDP-Stadtratsfraktion auf einen Sitz im Stadt-Uni-Koordinierungsausschuss erklären? Die amtierende Studierendenvertretung jedenfalls hat ihre Hausaufgaben gemacht und bereits während eines persönlichen Termins mit dem Oberbürgermeister einen möglichst baldiges Zusammentreten sowie mehrere Themen für die nächste Sitzung des Ausschusses angeregt und stieß auf offene Ohren.
Ob im Rahmen der Petition zum Bauunterhalt der Universität (www.stuv.uni-wuerzburg.de/petition), der Information zur Kommunalwahl 2oo8 (die auch der FDP breiten Raum zur Vorstellung ihrer studentischen Kandidatinnen und Kandidaten bot; www.stuv.uni-wuerzburg.de/kommunalwahl), der intensiven Auseinandersetzung mit der Erweiterung der FH am Sanderheinrichsleitenweg aber auch der – Ihrerseits als höchst undemokratisch betitelten – Diskussionsveranstaltung am 23.o6., um hier nur einige Beispiele zu nennen; der Sprecher- und Sprecherinnenrat hat durch seinen engagierten Einsatz bewiesen, dass Studierendenvertretung trotz ihrer eingeschränkter Möglichkeiten im Freistaat Bayern Themen setzen und einiges bewegen kann! Dies unterstreicht nicht zuletzt ein eindeutiges Lob des Unipräsidenten Prof. Dr. Axel Haase am Ende seiner Rede im Rahmen des Stiftungsfests der Universität Würzburg im Mai (www.uni-wuerzburg.de/fuer/presse/stiftungsfest08/rede-praesident/).
In diesem Sinne bitten wir die FPD und Herrn Brandt als Direktkandidaten Ihrer Partei für die Landtagswahl 2oo8, die vonstatten gegangene Podiumsdiskussion als Ansatzpunkt für Ihre hochschulpolitischen Forderungen zu sehen, denn hierfür war diese auch gedacht, anstatt mit populistischen Pressemitteilungen Stimmung zu machen. Beruhigend, dass die von Ihnen gewählte Form ebenfalls zur freien Willensbildung im demokratischen Wettstreit im Vorfeld der Wahlen beiträgt – ob es Ihnen und Ihrer Partei nützt oder schadet, darf schließlich von den Wählerinnen und Wählern selbst entschieden werden.
Ich verbleibe – in der Hoffnung auf eine zeitnahe Antwort Ihrerseits – mit freundlichen Grüßen, auch im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen,
gez. Andreas Hanka (Vorsitzender des Sprecher- und Sprecherinnenrates)