Stellungnahme der Studierendenvertretung zur Reaktion des Präsidenten auf den Offenen Brief
07/25/2012Im dritten Gespräch am 23.07.2012 zum Offenen Brief der Studierendenvertretung vom 20.06.2012 stellte der Präsident den UnterzeichnerInnen sein Antwortschreiben vor. Wir bedanken uns für die ausführlichen Erläuterungen des Präsidenten und werden nachfolgend hierzu Stellung nehmen.
Leider konnte uns Präsident Prof. Dr. Forchel nicht zusichern, zukünftig Eingangsbestätigungen auf Briefe und E-Mails herauszugeben. Der Studierendenvertretung wurde nahegelegt, nach vier Wochen eine Mahnung zu senden, auf die dann reagiert werden würde. Bei Anliegen von Fachschaftsvertretungen, welche deckungsgleich mit Anfragen anderer Gruppierungen der Fakultät sind, wird zukünftig ein zentrales Schreiben an alle Beteiligten über die Dekanate versandt.
Wir begrüßen, dass der Präsident sich zukünftig regelmäßig gemäß der Forderungen der Studierendenvertretung mit dem Sprecher- und Sprecherinnenrat treffen möchte. Diese Treffen zwischen Hochschulleitung und SprecherInnenrat sollen während der Vorlesungszeit monatlich und während der vorlesungsfreien Zeit zweimonatlich stattfinden. Da diese Gespräche zukünftig protokolliert werden sollen, hoffen wir auf eine bessere Umsetzung der in den Gesprächen getroffenen Absprachen und Zusagen.
Wir hoffen, dass diese Zusage des Präsidenten nun eine endgültige Verbindlichkeit darstellt, da bereits gegebene Zusagen in Briefen an die Studierenden in der Vergangenheit nicht umgesetzt wurden (vgl. Offener Brief des Präsidenten Forchel vom 05.12.2009 an die Studierenden der Universität Würzburg).
Es erfreut uns, dass zukünftig ein besserer Austausch zu Beginn bzw. Ende einer Legislaturperiode zwischen den Gremienmitgliedern stattfinden soll, indem die neuen Mitglieder ein Gastrecht in dem jeweiligen Gremium erhalten. Wir hoffen, dass diese Regelung auf alle Gremien der Universität ausgeweitet wird. Leider ist unsere Forderung nach Verbindlichkeit des Punktes durch Aufnahme in die Grundordnung nicht erfüllt.
Wir nehmen das grundsätzliche Gastrecht für alle studentischen StellvertreterInnen in den jeweiligen Gremien wohlwollend zur Kenntnis. Durch dieses entsteht eine nachhaltige und konstruktive Zusammenarbeit aller Mitglieder in den Gremien. Gleichzeitig wird dadurch Kontinuität hergestellt. Die Zusammenarbeit wirkt sich vertrauensbildend und langfristig konfliktmindernd aus.
Die Studierendenvertretung hofft, dass durch die vom Landtag beschlossene Verdopplung der studentischen Mitglieder im Senat und Hochschulrat folgerichtig auch die studentischen Mitglieder in den Gremien und ständigen Kommissionen verdoppelt werden. Hiervon ausgenommen sehen wir selbstverständlich die Präsidialkommission, da diese bereits paritätisch besetzt ist.
Dahingehend bedauern wir, dass das Vorschlagsrecht des studentischen Konvents für die externen Mitglieder des Hochschulrates nicht ermöglicht werden soll. Bisher hat allein der Präsident im Senat Vorschlagsrecht für die externen Mitglieder des Hochschulrats. Dies könnte durch Anwendung der Experimentierklausel (§106 Abs. 2) des BayHSchG geändert werden. Wir sehen hierbei kein Problem, sondern vielmehr eine Bereicherung für unsere Universität, wenn alle Statusgruppen Mitglieder für den Hochschulrat vorschlagen können.
Da die Autonomie der Universität seit der Einführung des Hochschulrats 2007 beschnitten wird, erachten wir es als dringend notwendig, dass alle Statusgruppen Vorschläge zur Benennung dieses „Aufsichtsrats der Hochschulleitung“ tätigen können.
Eine Auswahl der externen Mitglieder des Hochschulrats durch den Präsidenten empfinden wir als Behinderung der gemeinsamen Zukunftsentwicklung der Universität.
Die Zukunftsentwicklung der Universität sollte nicht alleinige Aufgabe der Hochschulleitung, sondern aller universitären Angehörigen sein.
Beispielhaft dafür stehen Studiengangsplanungskommissionen. Diese stellen für uns das Gremium dar, in welchem zusammen mit allen am Studiengang Beteiligten auf Augenhöhe innovativ an Verbesserungen gearbeitet werden kann. Die Umsetzung der Bologna-Reform an den Hochschulen ist erst vor kurzer Zeit erfolgt und wir sehen weiterhin einen dringenden Nachbesserungsbedarf bei den Studiengängen. Die jüngsten Entwicklungen an der Universität machen es notwendig, dass die Einrichtung von Studiengangsplanungskommissionen obligat in die Allgemeine Studien- und Prüfungsordnung (ASPO), sowie in die Lehramts-ASPO aufgenommen wird. Dadurch werden dringend benötigte Verbindlichkeiten erzeugt.
Des Weiteren bedauern wir es, dass von Seiten der Hochschulleitung und der Erweiterten Hochschulleitung keine Bereitschaft besteht, eine grundsätzliche Öffentlichkeit aller Gremiensitzungen herzustellen.
Die Universität als öffentliche Bildungseinrichtung, welche hauptsächlich aus Mitteln der öffentlichen Hand finanziert wird, sollte über Zukunftsplanungen und Beschlüsse der universitären Gremien gegenüber der Öffentlichkeit Rechenschaft ablegen. Das beste Mittel dazu ist die Öffentlichkeit von Sitzungen und eine Veröffentlichung von Protokollen. Die aktuelle Praxis, dass Protokolle des Senats und der EHL nur in zensierter Form an die Hochschulöffentlichkeit gereicht werden, lehnen wir ab. Stattdessen fordern wir die unzensierte Veröffentlichung der Protokolle im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten.
Als „Ausgleich“ für die Absage an die Studierenden, an den regelmäßigen Sitzungen der Erweiterten Hochschulleitung teilnehmen zu dürfen, soll nun das sogenannte „Würzburger Modell der Erweiterten Hochschulleitung“ dienen. Dieses sieht vor, dass einmal pro Semester die Mitglieder der Erweiterten Hochschulleitung und der Studierendenvertretung eine gemeinsame Sitzung abhalten, bei der die eingebrachten Themen beider Gruppen beraten werden. Die Studierendenvertretung sieht hierin keinen Ausgleich, sondern eine Auslagerung der Interessen der Studierenden auf einen gesonderten Termin. Somit ist kein Dialog auf Augenhöhe möglich, da den Studierenden die Möglichkeit genommen wird, die aktuellen Geschehnisse in der Bildungspolitik mit der Erweiterten Hochschulleitung zu besprechen und die Position der Studierendenvertretung zeitnah zu relevanten Punkten gegenüber der Erweiterten Hochschulleitung zu artikulieren. Wir sind empört darüber, dass die Anwesenheit der unterschiedlichen Statusgruppen in der Erweiterten Hochschulleitung als „Störung“ empfunden wird. Dieses „Würzburger Modell“ empfinden wir zudem als offen diskriminierend gegenüber allen anderen Statusgruppen.
Deshalb freuen wir uns über die Initiative der wissenschaftlichen Mitarbeiter, ebenfalls ein stimmberechtigtes Mitglied in der Erweiterten Hochschulleitung zu fordern. Zudem begrüßen wir die inzwischen geäußerte Bereitschaft der Dekane, in den zugehörigen Fakultätsräten über eine Reform der Zusammensetzung der Erweiterten Hochschulleitung mit allen Statusgruppen zu beschließen. Wir erwarten, dass dieses Votum der Fakultätsräte bindend für die Entscheidung in der Erweiterten Hochschulleitung ist. Nur diese bindende Wirkung stellt die größtmögliche demokratische Legitimation unter Einbezug aller Statusgruppen im Rahmen der Gremien an der Universität Würzburg sicher. Dies macht die exzellente Ludwig-Maximilians-Universität München erfolgreich vor.
Die Grundordnung der Universität ist das eigentliche Fundament, das die demokratische Mitbestimmung sichert. Eine Verankerung der Verhandlungsergebnisse der vergangenen Wochen in dieser sehen wir als die einzige dauerhaft verbindliche Garantie derselben und Wertschätzung unserer ehrenamtlichen Arbeit an. Nach den schriftlich festgehaltenen Zusagen kann deren Einbindung nur eine Formsache sein.
Der Studentische Konvent hat als Reaktion auf die Ergebnisse der letzten drei konstruktiven Gespräche sowie der Antwort des Präsidenten auf den Offenen Brief der Studierendenvertretung am 24. Juli 2012 einstimmig beschlossen, ab dem 01. August 2012 in den Streik zu treten, sofern folgende Forderungen nicht erfüllt werden.
Diese sind:
1. Die Hochschulleitung sichert schriftlich zu, dass die grundlegende Änderung der Allgemeinen Studien- und Prüfungsordnung (ASPO) und Lehramts-ASPO, die u.A. die im Antwortschreiben des Präsidenten zugesagte Einführung von Studiengangsplanungskommission festlegt, spätestens bis zum 01. April 2013 (Datum des Beschlusses der Änderungsfassung in der Kommission für Studium und Lehre) durchgeführt wird. Diese Revision wurde bereits im Juli 2011 im Senat festgehalten. Die vage Aussage, dass die Revision nur „zeitnah“ (Zitat Antwortschreiben Prof. Forchel vom 23. Juli 2012) erfolgen soll, genügt uns nicht. Wir fordern damit die bisher fehlende Verbindlichkeit ein, die wir in unserem Offenen Brief vom 20. Juni 2012 unter anderem bemängelt haben. An der Ausarbeitung sind alle Interessengruppen der Universität von der ersten Sitzung an beteiligt. Ein erstes Treffen zur Erstellung eines detaillierten Zeitplans findet dazu mit allen Beteiligten spätestens in der ersten Vorlesungswoche des Wintersemesters 2012/2013 statt.
2. Die Erweiterte Hochschulleitung (EHL) beschließt, dass die Beschlüsse der Fakultäten zur Mitwirkung der Studierenden, der wissenschaftlichen und künstlerischen MitarbeiterInnen sowie der sonstigen MitarbeiterInnen in der EHL (Stimmberechtigtes Mitglied als auch ständiges Gastrecht) nicht wie in Teil III. des Schreibens des Präsidenten vom 23.Juli 2012 nur Empfehlungscharakter haben, sondern die EHL sich dem Votum der Fakultäten vorbehaltlos anschließen und eine mehrheitliche Entscheidung der Fakultäten nicht verändern wird. Dabei zählt alleine das Votum des Fakultätsrats der jeweiligen Fakultät, da dies die größtmögliche demokratische Legitimation unter Einbezug aller Statusgruppen darstellt.
Unbenommen davon lehnt der Konvent das so genannte Würzburger Modell als unzureichend ab und betont, dass das stimmberechtigte Mitglied in der EHL eine zentrale Forderung bleibt. Dies ist schnellstmöglich umzusetzen. Bis dahin hat die Studierendenvertretung das verbriefte Recht zur Teilnahme an allen Sitzungen der EHL zu allen Tagesordnungspunkten. Das weitere Vorgehen hierzu beschließt der studentische Konvent.
3. Die Hochschulleitung sichert schriftlich zu, dass in der ersten Sitzung des Hochschulrates im September 2012 ein Änderungsantrag zur Grundordnung der Universität eingebracht wird, durch den folgende Punkte in der Grundordnung festgeschrieben werden:
- Verdopplung der studentischen Mitglieder in den ständigen Kommissionen mit Ausnahme der Präsidialkommission (§ 11 Abs. 2 GO)
- Grundsätzliches Gastrecht für alle studentischen StellvertreterInnen in den jeweiligen Gremien (§ 9 Abs. 4, § 10 Abs. 5, § 11 Abs. 3 GO)
- Besserer Austausch am Ende einer Legislaturperiode durch Gastrecht zukünftiger Mitglieder in allen Gremien (§ 30 Abs. 4 GO)
- Vorschlagsrecht aller Statusgruppen für die externen Mitglieder des Hochschulrates (§ 10 Abs. 5 GO)
- Einrichtung von Studiengangsplanungskommissionen
- Befragung der KandidatInnen in Berufungsverfahren durch Studierende (§ 52 Abs. 2 GO)
- Grundsätzliche Veröffentlichung der Protokolle aller Kommissionen
Die Studierendenvertretung hatte in ihrem Offenen Brief vom 20. Juni 2012 ganz eindeutige Forderungen formuliert, die an anderen Hochschulen bereits erfolgreich praktiziert werden. Die wesentlichen Punkte zur Verbesserung der Mitgestaltung und Mitbestimmung sehen wir derzeit weder als umgesetzt noch als garantiert an. Wir nehmen zur Kenntnis, dass in naher Zukunft, wie oben erwähnt, zum Teil über unsere zentralen Anliegen entschieden wird. Um die Dringlichkeit, Notwendigkeit und Ernsthaftigkeit einer zügigen Umsetzung im Interesse aller Statusgruppen zu verdeutlichen, sieht der Studentische Konvent den Streik als ultima ratio. Wir sind uns unserer großen Verantwortung gemäß Bayerischen Hochschulgesetz gegenüber den Studierenden bewusst und sehen uns ausschließlich durch dieses Mittel in der Lage, im Sinne der Studierenden zu wirken. Aufgrund der dringend reformbedürftigen Situation und den bisher leider unzureichenden Zusagen sind uns andere Schritte verwehrt.
Bevor wir aber diesen Schritt unternehmen, möchten wir den angebotenen Dialog mit der EHL wahrnehmen und uns konstruktiv über das weitere Vorgehen beider Seiten austauschen. Dieser Austausch wird am 30. Juli 2012 stattfinden, weshalb wir die Einstellung der Zusammenarbeit auf gesamtuniversitärer Ebene von den Resultaten des Gesprächs hinsichtlich der oben formulierten Forderungen abhängig gemacht haben. Daher werden wir im Bedarfsfall zum 01. August 2012 streiken.