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Studierende freuen sich über Schavans späte weitere Einsicht

02/27/2012
Urheber: Bologna-Komission

Berlin - In einem Interview mit der ZEIT räumte Bundesbildungsministerin Annette Schavan letzte Woche  erneut Fehler bei der Bologna-Reform ein: „Wir haben zu viel über Strukturen und zu wenig über Inhalte und Ziele von Bildung diskutiert. (…) Auch die Politik hat Fehler gemacht.“

 

Bereits 2009 wies der Sprecher- und Sprecherinnenrat (SSR) der Universität Würzburg darauf hin, dass Bildungsprozesse die Möglichkeit zum selbstverantwortlichen Lernen benötigen. Dies wird aber durch die derzeitige Umsetzung der Bologna-Reform zu sehr eingeschränkt.

Schavan hatte schon vor 2 Jahren zugegeben, dass es strukturelle Fehler gibt. Behoben wurden diese allerdings noch nicht, jetzt kommen auch noch neue Probleme dazu.

Moritz Lund, Vorsitzender des SSR erklärt: „Bei der Umstellung wurde hauptsächlich darauf geachtet, dass die Universität nachweisen kann,  wann ihre Studierenden in der Universität sitzen. Leider standen weder Zeit noch Mittel zur Verfügung sich anzusehen mit welchen Inhalten sie sich dort beschäftigen.“

Schavan gesteht jetzt ein, dass bei der Reform versäumt wurde, „die inhaltliche Dimension von Bologna gleichberechtigt in der Agenda zu verankern“.

 

Die Ministerin hat an den Bachelor die Erwartung, dass Studierenden die Zeit gelassen wird, im Studium „über das Wie und Warum nachzudenken“. „Bereits vor der Reform wurde Uni-Absolventinnen und Absolventen vorgeworfen, zu sehr auf ihr Fach fixiert zu sein. Vielen ist der Blick über den Tellerrand allerdings nicht mehr möglich, wenn sie versuchen, den Bachelor in den erwünschten sechs Semestern abzuschließen. Da dieser Aspekt allerdings bis jetzt von der Politik nicht gefordert wurde, wurde er auch nicht mit eingeplant.“, so Moritz Lund.

 

In der vor kurzem veröffentlichten Master Studie 2012 gaben fast die Hälfte aller Bachelor an, dass sie sich nicht ausreichend auf das Berufsleben vorbereitet fühlen. Auf die Frage, inwiefern man den Bachelor als berufsqualifizierenden Abschluss ansehen kann, lässt die Ministerin, entgegen früherer Aussagen in einem ZEIT-Interview, wieder größeren Interpretationsspielraum: „Ein Bachelorabsolvent wäre dann in viele Richtungen anschlussfähig: Entweder er macht einen Master und spezialisiert sich in einem bestimmten Wissenschaftsfeld oder er bewirbt sich auf eine Stelle und eignet sich das dafür nötige Spezialwissen an.“ Moritz Lund sieht damit die Position des SSR bestätigt: „Frau Schavan gibt damit erstmals zu, dass ein Bachelor für sich alleine nicht genügt, um in großen Bereichen der freien Wirtschaft bestehen zu können.“

 

Fehlende Masterplätze könnten für die Universitäten allerdings in Zukunft zum Problem werden, da eine große Mehrheit aller Bachelor-Studierenden laut Master Studie 2012 nicht ohne Mastertitel von der Universität gehen möchten. Die flächendeckende Umsetzung der Bologna-Reform an der Universität Würzburg begann zum Wintersemester 2007/08  mit der Umstellung auf die neuen Studiengänge. Seit letzter Woche können sich die Studierenden für das kommende Semester einschreiben.

Für diese Studierenden hat Frau Schavan aber zurzeit keine Lösung. Diese müssen sich gedulden, bis „Bund und Länder zu gegebener Zeit die dritte Phase des Hochschulpaktes für die Jahre 2015 bis 2020 verhandeln werden.“

Dies hält Hannah Klein, studentische Senatorin der Universität Würzburg für verantwortungslos: „Abzuwarten, bis ein Unterangebot an Masterstudienplätzen besteht und erst danach an Lösungen zu arbeiten, ist grob fahrlässig.“

Auch die Kultusministerkonferenz stellte im Januar fest, dass die Bereitschaft zum Studieren stärker angestiegen sei, als ursprünglich erwartet.

 

Dass eine Lösung nicht aufgeschoben werden kann, sieht auch Hannah Klein: „Für die Einrichtung neuer Studienplätze benötigen die Hochschulen ausreichend Vorlauf, finanzielle Mittel und Planungssicherheit. Beispielsweise dauert es über ein Jahr, eine neue Professorin oder einen neuen Professor einzustellen. Und wir haben bereits jetzt zu wenige.“, erklärt die Senatorin. „Solange nicht genügend Plätze eingerichtet sind, muss sich jede Hochschule Hürden für den Zugang überlegen, um die Zahl der Studierenden an ihre Kapazitäten anzupassen.“, erläutert sie weiter. Die Bologna-Reform sollte es den Studierenden eigentlich ermöglichen, leichter an denjenigen Hochschulen zu studieren, die besonders gut sind. Im Widerspruch dazu steht eine Forderung der  Ministerin Schavan aus dem letzten Jahr. Damals verlangte sie, dass die Studierenden flexibler werden müssten, was den Hochschulstandort betrifft, und sich nicht nur auf eine Stadt fixieren dürften. „Vielen Studierenden, die einen Master machen wollen, wird aufgrund hoher Zulassungsvoraussetzungen keine andere Möglichkeit mehr bleiben“, so Hannah Klein, „damit wird immer noch ein wichtiges Kernziel, nämlich die Erhöhung und Ermöglichung der Mobilität, absolut verfehlt.

 

Die neu erkannten inhaltlichen Fehler möchte die Bundesbildungsministerin hingegen bereits dieses Jahr beheben, indem sie vor der Nationalen Bologna-Konferenz im Herbst einen Expertenrat mit Hochschullehrern aller Fakultäten einberuft.

„Wenn dieser Expertenrat fast ausschließlich aus Hochschullehrern besteht, wird leider ein grundlegender Fehler der Bologna-Reform nicht korrigiert. Die Studierenden als Menschen, die direkt die Auswirkungen der Bologna-Reform erfahren, nicht zu beteiligen, zeigt, dass das Ministerium weiterhin nicht ernsthaft an einer Lösung des Problems interessiert ist“, so Moritz Lund. „Die Reform wurde von oben nach unten herabgeplant, ohne sich vorher oben anzuschauen, wie es unten aussieht. Ein Unterziel der Bologna-Reform ist die studentische Beteiligung. Wenn dies ernst gemeint ist, dann muss die Ministerin uns Studierende auch in ihren Expertenrat einladen.“

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