Exkursion Palästina/Israel SS19
Auch mit Abschluss des Sommersemesters 2019 wurde im Oktober wieder eine landeskundliche Exkursion nach Palästina/Israel durchgeführt als Ergänzung zum Kurs "Arabisch B1.2 - Kommunikative Kompetenz"; Organisator ist die Arabisch-Abteilung des ZFS, Ansprechpartnerin: Gamiela Safiya.
Hier ist der Bericht der Studierenden (Bilder lassen sich per Klick vergrößern):
Mittwoch, 02.10.2019
Morgens begann unsere Reise nach Israel/Palästina. Noch waren wir warm angezogen, mit Winterjacken und Winterschuhen. Nach einer Reise, die einen ganzen Tag dauerte – von Würzburg über Frankfurt und Istanbul – kamen wir spätabends am Flughafen in Tel Aviv an. Dort erwarteten uns bereits Annemarie, die den Tag schon in Tel Aviv am Strand verbracht hatte, und Gamielas Mann Madyan auf uns. Nach einer kurzen Fahrt kamen wir in unserer Unterkunft in Jerusalem an, wo wir nach einem schnellen Abendessen glücklich aber müde ins Bett fielen. Die Winterkleidung wurde vorher allerdings noch tief unten im Koffer verstaut: In den kommenden Tagen sollten wir sie nicht mehr brauchen.
Donnerstag, 03.10.2019
Der erste wirkliche Tag in Israel begann mit einem ausgiebigen Frühstück in unserer Unterkunft. Am späten Vormittag machten wir uns dann auf den Weg in die Altstadt, wo wir zuerst die Klagemauer und den Felsendom besuchten. Danach hatten wir beim Bestellen in einem kleinen Falafel-Restaurant zum ersten Mal die Gelegenheit unsere Arabischkenntnisse anzuwenden, und obwohl das noch etwas holprig war, hatten wir am Ende zumindest alle etwas zu essen und trinken. Gestärkt schlenderten wir danach über den Markt und besuchten die Grabeskirche. Nach einem weiteren Spaziergang über den Markt und viel arabischem Kaffee und frisch gepresstem Granatapfelsaft verließen wir die Altstadt wieder und ließen den Abend gemütlich ausklingen – nicht jedoch bevor wir aus Versehen in einem viel zu noblen Restaurant fast nichts gegessen hatten.
Freitag, 04.10.19
Der dritte Tag unserer Reise begann schon früh mit einem kleinen Frühstück in unserem Airbnb, da wir schon um 10:30 einen Termin mit Prof. Moin Halloun in Betlehem hatten. Wir packten also unsere Sachen zusammen und machten uns im Mietauto auf den Weg.
Auf der Fahrt nach Betlehem – also in die West Bank – passierten wir zum ersten Mal einen der Checkpoints, von denen wir schon viel gehört hatten. Besonders schockierte uns dabei die riesige und unendlich lang scheinende Mauer, die überall von Graffitis bedeckt war. Auch die bewaffneten Soldaten, welche jeden Wagen begutachteten, gaben uns ein komisches Gefühl.
Nach einer kurzen Fahrt durch die Stadt kamen wir schließlich an der Universität für Kunst und Gestaltung an. Wir wurden von einer der Dozentinnen durch die verschiedenen Lehrräume, die Bibliothek, in der wir einige Studenten kennenlernten und uns auf Arabisch über das Studium austauschten, und in den Universitätsgarten geführt. Unter anderem konnten wir auch einen Blick in die Küche und die Schmuckwerkstatt werfen.
Zuletzt trafen wir Professor Moin Halloun in einem der Lehrräume und er erzählte uns über einige seiner geplanten Projekte und wir konnten ihm Fragen rund um den Dialekt und unser Lehrbuch stellen.
Nach den vielen interessanten Eindrücken hatten wir uns ein ausgiebiges Mittagessen verdient und fuhren in ein großes Restaurant namens „The tent“, wo wir mit einer tollen Aussicht viele typisch arabische Gerichte genießen konnten.
Gestärkt durch das viele Essen machten wir uns auf den Weg in das Zentrum von Betlehem, wo wir die alten Gassen und kleinen Läden, von denen die meisten geschlossen waren, da wir an einem Freitag dort waren, entdecken konnten. Nach der Besichtigung der Geburtskirche und einer Tasse arabischen Kaffee machten wir uns schließlich am späten Nachmittag auf den Weg nach Ramallah.
Nach einer Fahrt von circa einer Stunde über Jerusalem kamen wir wieder an einem Checkpoint an und bemerkten noch viel extremer den riesigen Kontrast zwischen Israel und Palästina. Gerade noch waren wir auf den guten Straßen des touristischen Jerusalems und plötzlich existierten weder Verkehrsregeln, noch ebenmäßige Straßen. Auch hier war die Grenze wieder durch eine dicke Mauer bedeckt von Stacheldraht zu sehen, was uns diesmal ein noch bedrückenderes Gefühl, als morgens in Betlehem gab.
Nachdem wir uns durch den sehr verrückten Straßenverkehr gekämpft hatten, kamen wir am Hommus Hostel an, wo wir die Nacht verbringen sollten. Wir wurden direkt herzlich vom Besitzer des Hostels empfangen und auf unsere Zimmer gebracht. Nachdem wir alle für eine halbe Stunde richtig ankommen konnten, brachen wir auf zu einem kleinen Restaurant, wo wir gemeinsam zu Abend aßen, regionales Bier tranken, Gesellschaftsspiele spielten und unseren anstrengenden aber aufregenden Tag ausklingen ließen.
Samstag, 05.10.19
Tag vier, der Museumstag. Durch ein reichhaltiges Frühstück (Ful, Falafel-Sandwich, Fatteh…) gestärkt ging es zu Fuß durch die bunte und quirlige Stadt Ramallah zum Grab Jassir Arafats und ins nebengelegene Museum. Audioguides führten uns durch die Ausstellung, die anhand der Biografie Arafats von der Entwicklung dessen erzählt, was wir heute Nahostkonflikt nennen. Neben Verträgen, die den Frieden im Land sichern sollten, konnten wir auch die Räume besichtigen, in denen Arafat sein Büro hatte und sich zuletzt auch versteckt halten musste.
Das zweite Museum folgte am Nachmittag nach einem kräftigen Platzregen - gut für die Olivenernte. Wir besuchten das monumentale Grab des Dichters Mahmoud Darwisch. Nach einem Referat über sein Leben und schriftstellerisches Werk sahen wir in der kleinen Ausstellung Schriftstücke, Videosequenzen, Alltags-gegenstände und Preise Darwischs. Unsere Dozentin Gamiela Safiya half uns bei der Übersetzung der Gedichte des Dichters, die an den Wänden des Ausstellungsraums in Originalsprache angebracht sind.
Abends grillten wir im Garten des Hostels zusammen mit dem Besitzer, anderen Gästen und Freunden des Hostels und erfuhren in diesem informellen Rahmen vieles über den Alltag in Ramallah.
Sonntag, 06.10.19
Nach einem ausgiebigen Spaziergang über den Markt von Ramallah, stärkte sich die Gruppe mit den typisch arabischen Minipizzen „Manaqish und Msakhan“. Danach hieß es Koffer und Taschen packen, da es im Kleinbus wieder zurück auf israelisches Staatsgebiet gen Tel Aviv-Jaffa ging. Die Checkpoints konnten ohne weitere Schwierigkeiten passiert werden, die enormen Mauern und Zäune zur Abgrenzung des Westjordanlands schockierten die Exkursionsteilnehmer jedoch aufs Neue.
In Tel Aviv-Jaffa angekommen, spazierte die Gruppe am Meer entlang und stieg dann durch kleine Gässchen hoch ins Zentrum von Jaffa. Dort wurde mit Kamel, schwebendem Baum und Skyline gepostet (siehe Fotos), Limonade und Kaffee getrunken, Postkarten gekauft und der Ausblick auf das Meer genossen. Vor der Abfahrt gen Norden, stärkten sich alle noch mit Falafel und Taboulé.
Die Strecke Richtung Haifa ging nur stockend und langsam voran, da der Feierabendverkehr Staus verursachte. Dennoch konnten sich manche noch vor Sonnenuntergang am „Hof Karmael“ – einem Strand bei Haifa – im Meer erfrischen. Gegen 20 Uhr traf die Gruppe schließlich in Kofer Yassif ein, wo sie von Familie Safiya herzlichst empfangen wurde. Nach dem Beziehen der Zimmer und einem kurzen Frischmachen, gab es „Roz Oris“ (den Hochzeitsreis) als leckeres Willkommensessen. Die Gruppe ließ den Tag mit einem lustigen Spieleabend zusammen mit der Familie ausklingen.
Montag, 07.10.19
Am Montag schliefen wir zunächst alle aus. Um ca. 10.00 Uhr frühstückten wir dann Manaqish mit Zatar (kleine arabische „Minipizzen“ mit einer Gewürzpaste aus Thymian, Sesam und Sumak). Natürlich war das Frühstück wieder großartig und besser als in jedem Restaurant - wie auch alle anderen Mahlzeiten, die uns die Großmutter täglich vorsetzte.
Nachdem alle gestärkt waren, fuhren wir gemeinsam in die alte Hafenstadt Akko, die bereits den Kreuzrittern als „Tor“ ins Heilige Land diente. Hier besichtigten wir zunächst die Festung des Hospitaliterordens, der neben dem Templerorden der größte Kreuzritterorden war. In der Festung wurden damalige Kreuzfahrer nach der langen Reise medizinisch versorgt und konnten sich etwas erholen, doch natürlich wurde hier auch die Praktizierung des christlichen Glaubens großgeschrieben. Nach ihrem Aufenthalt in der Festung zogen die Kreuzritter dann weiter, um als grausame Kriege um das Heilige Land zu kämpfen – auch dies war Teil der damaligen Auffassung des christlichen Glaubens.
Nach dieser kurzen Zeitreise wurde es Zeit für unser Mittagessen: Wir ließen uns also in einem kleinen Imbiss nieder, wo es hervorragende Falafel und Hummus mit Fladenbrot gab. Somit waren eigentlich erst einmal alle für mindestens ein bis zwei Tage gesättigt, obwohl natürlich bereits am Abend wieder groß aufgetischt wurde – ein Luxusproblem, welches uns auf unserer Exkursion immer wieder begegnen sollte.
Nach dem Mittagessen besichtigten wir noch das alte Hamam aus der Osmanischen Regierungszeit und liefen den geheimen Templertunnel entlang, welcher von der alten Templerfestung unterirdisch direkt zum Hafen führte.
Um unseren Tag in Akko ausklingen zu lassen, entspannten wir uns schließlich noch etwas in einem Strandcafé und genossen den Sonnenuntergang.
Nachdem wir schließlich wieder nach Kofer Yassif zurückgekehrt waren, gab es von Großmutter noch gefüllte Zucchini mit Joghurt, welche erneut großartig waren.
Anschließend lernten alle Exkursionsteilnehmer ihre Gastfamilien kennen, bei denen wir dann auch die folgenden Nächte verbrachten.
Dienstag, 08.10.19
Heute ist der 7. Tag unserer Studienreise nach Israel/Palästina. Unser 1. Termin ist gegen 11 Uhr auf dem Bürgermeisteramt. Der Bürgermeister, ein dynamischer und jugendlicher Mittvierziger berichtet uns von seinem Vorhaben, den Ort wieder wie früher beleben zu wollen. Bei dieser Gelegenheit konnte ich auch mein Referat über den Ort Kofer Yassif halten.
Anschließend besichtigten wir den alten Ortskern. Wir hatten eine kleine Führung in einer evangelischen Kirchengemeinde und sahen eine frühere Stätte, in der Oliven gepresst wurden.
Am Nachmittag pflückten wir auf dem Feld des Großvaters der Familie, die uns hier willkommen geheißen hat, einige von den grünen Oliven. Anschließend hieß es frisch machen, um gemeinsam an einer kleinen Vor-Hochzeitsfeier teilzunehmen. Die Brautleute haben Familienangehörige und Freunde in einem festlich geschmückten kleinen Park in der Dorfmitte eingeladen. Wieder ging ein froher Tag mit vielen Gesprächen, Musik und Tanz zu Ende.
Uns erwarten drei weitere, bestimmt ebenso schöne gemeinsame Tage in West Galiläa.
Mittwoch, 09.10.19
Dieser Tag stand uns zur freien Verfügung, um unsere Gastfamilien besser kennenzulernen. Für jeden sah dieser Tag daher etwas anders aus. Nach dem Frühstück ging ich mit meiner Gastmutter Kleider shoppen in einem kleinen Laden in Kofer Yassif. Danach fuhren wir zum Haus der Mutter meiner Gastmutter. Dort lernte ich auch die Schwester und drei Nichten meiner Gastmutter kennen, sowie etwa sechs andere Angehörige, die im Laufe des Vormittags der Mutter meiner Gastmutter einen Besuch abstatteten. Wir saßen im Hof, tranken Saft, Tee und Kaffee und aßen Trauben. Nebenbei wurden Neuigkeiten ausgetauscht. Dem Gespräch zu folgen, forderte Konzentration, war aber überraschenderweise ganz gut möglich.
Nachmittags spielte ich mit den Enkeln meiner Gasteltern das Kartenspiel Uno, gegen Abend grillten wir im Garten mit der Familie des Sohnes meiner Gasteltern. Abends fuhren wir ins Krankenhaus, um den Nachbarn zum neugeborenen Baby zu gratulieren. Dort erwartete uns dreißig Minuten vor Ende der Besuchszeit eine kleine Party im Krankenhauszimmer, bei der einige andere Kofer Yassifer ebenfalls die Geburt des Kindes feierten. Schließlich traf ich mich mit den anderen Exkursionsteilnehmern abends in einer Bar in Kofer Yassif. Nach einem Tag voller Arabisch schlief ich besonders gut. Gerne wäre ich noch etwas länger bei meiner Gastfamilie geblieben.
Donnerstag, 10.10.19
Nach dem letzten Frühstück in den Gastfamilien, packten wir unsere Sachen zusammen und fuhren Richtung Norden ans Meer und zur libanesischen Grenze. Dort besichtigten wir „Rosh Hanikra“ – übersetzt etwa „Kopf der Felsenhöhle“. Einst fuhren an dieser Stelle durch lange Tunnel Züge zwischen Israel und Libanon. Inzwischen gibt es diese Verbindung nicht mehr, dafür kann man durch beeindruckende Höhlen laufen, die das Meerwasser aus dem Kalkfelsen herausgespült hat. Bis zum Nachmittag hatten wir dann Zeit für unseren lang ersehnten Strand-Tag. Wir haben viel in der Sonne entspannt, gebadet und waren schnorcheln.
Am späten Nachmittag mussten wir aufbrechen und Abschied nehmen vom Meer, denn im „Dar Safiya“ wartete Arbeit auf uns: Am Abend stand unser Abschiedsabend für unsere Gastfamilien an und dafür musste noch einiges vorbereitet werden. Alle halfen zusammen und am Ende gab es im Hof eine lange Tafel mit vielen Salaten, frischem Brot und gegrilltem Fleisch. Die Gastfamilien haben sich über die Einladung sehr gefreut und haben uns sogar kleine Geschenke wie Olivenöl oder Gewürze mitgegeben. Selbst in der kurzen Zeit waren uns die Gastfamilien ans Herz gewachsen und wir waren total dankbar, ein paar Tage Teil des Lebens in einem arabisch geprägten Dorf sein zu dürfen. Obwohl wir von der vielen Sonne und der aufregenden Reise etwas erschöpft waren, genossen wir den letzten gemeinsamen Abend sehr und ließen ihn mit einer Runde Kartenspiele ausklingen.
Freitag, 11.10.19
Am nächsten Morgen hieß es dann leider schon: Koffer packen, Souvenirs gut verstauen, ein letztes Mal das leckere Frühstück genießen und Tschüs sagen. Der Abschied von der lieben Familie von Gamiela und Madyan sowie die Aussicht auf ein verregnetes Deutschland machten es uns schwer, wieder ins Flugzeug zu steigen. Doch kamen wir mit vielen gewonnenen Eindrücken, neuen Bekanntschaften, Erfahrungen und natürlich arabischen Vokabeln zurück.