DynaMINT
Aktuelle globale und gesellschaftliche Herausforderungen, beispielsweise begründet durch den Klimawandel, erfordern ein gesteigertes Bewusstsein für die Relevanz von MINT-Kompetenzen und -Berufen, insbesondere bei jungen Menschen. Die Unterstützung der beruflichen Orientierung von Kindern und Jugendlichen ist daher auch explizit als Teil des Bildungsanspruches in den Lehrplänen der weiterführenden Schulen verankert. Dennoch zeigen aktuelle Erhebungen, dass sich Kinder und Jugendlichen nicht ausreichend bei der beruflichen Orientierung unterstützt fühlen. Mehr als die Hälfte der Befragten (53%) können vorhandene Informationen zur Berufswahl nicht für sich nutzen und nahezu jeder Fünfte (18%) beklagt einen Mangel an Information zur Berufswahl. Das Elternhaus bleibt nach wie vor der dominante Einflussfaktor auf die berufliche Orientierung der Kinder und Jugendlichen, deren berufliche Aspirationen bei gleicher schulischer Leistung vom sozioökonomischen Hintergrund des Elternhauses abhängig sind (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2024). Neben schulischen Maßnahmen zur beruflichen Orientierung existieren vielfältige außerschulische Einflüsse auf die Ausbildung beruflicher Aspirationen von Kindern und Jugendlichen. Das komplexe Wirkungsgefüge der verschiedenen Faktoren ist dabei nicht ausreichend erforscht:
"Welchen Einfluss institutionelle, formale und non-formale Lerngelegenheiten in der Berufsorientierung an Schulen haben, welche außerschulischen Lern- und Informationskontexte mit ihrer Vielfalt an Akteur:innen in welchem Maß auf die berufliche Orientierung wirken, ist bislang in der Forschung jedoch kaum systematisch belegt.“
(Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2024, S. 283)
Vor diesem Hintergrund untersucht das Forschungsprojekt DynaMINT (Dynamiken MINT-bezogener Bildungs- und Berufsentscheidungen von Kindern und Jugendlichen), wie sich die Bildungswege und Berufsorientierungsprozesse von Kindern und Jugendlichen (KuJ) im Verlauf der Sekundarstufe I gestalten – mit Fokus auf den MINT-Bereich. Dafür werden die KuJ im Rahmen der beiden Teilstudien DynaMINTA und DynaMINTB von Januar 2025 bis Juli 2026 wissenschaftlich begleitet.
Das Forschungsprojekt wird gefördert von der Wittenstein-Stiftung.

Die qualitative Teilstudie DynaMINTA untersucht die Aushandlungsprozesse von KuJ im Verlauf der Jahrgangsstufen 8 bis 10 im Bezug zu MINT. Die Entscheidung für oder gegen einen MINT-Bildungsweg wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst und ist nie abgeschlossen. Die KuJ verhandeln auf Basis verschiedenster Faktoren, ob sie sich selbst als MINT-Person wahrnehmen und ob sie sich beruflich im MINT-Bereich verorten können/wollen. Relevant sind beispielsweise der sozioökonomische Status, der Unterricht in den MINT-Fächern, die Darstellung und Wahrnehmung von MINT, MINT-Angebote sowie Berufsberatungsangebote, die in der Schule oder in der Freizeit wahrgenommen werden, uvm. Diese dauerhafte Aushandlung wird unter dem Aspekt der Identität betrachtet, da die Entwicklung von Identität und somit der MINT-Identität als nicht abgeschlossen und im Prozess befindlich beschrieben wird. Um die Prozesse nachzeichnen und verstehen zu können, werden halbjährlich mit ausgewählte KuJ leitfadengestützte Interviews geführt. Diese beinhalten u. a. Fragen zu Erfahrungen mit MINT in der Schule, mit schulischen und außerschulischen MINT-Angeboten und Berufsberatung.

Die quantitative Teilstudie DynaMINTB untersucht die Berufsorientierungsprozesse der KuJ im Verlauf der Jahrgangsstufen 7 bis 10 im Kontext eines Modells zur Berufswahlkompetenz (BWK), welches diese mittels der drei Facetten „Wissen“, „Motivation“ und „Handlung“ beschreibt. Die Entwicklung der BWK wird durch halbjährliche Erhebungen ausgewählter Konstrukte abgebildet (z.B. Berufswerte, Selbstkonzepte, Berufswahlbetroffenheit).
Für die Entwicklung der BWK arbeiten die Schulen in der Praxis häufig mit externen Partnern zusammen. Der Einfluss des Besuchs von Angeboten dieser Partner wird auf Basis eines Wirkmechanismus zur Berufsorientierung untersucht, welcher die Wirklogik in die drei Schritte „Akzeptanz“, „Einstellungs- und Bewertungsänderungen“ und „Verhaltensänderungen“ unterteilt. Mittels eines Kurzfragebogens werden die KuJ direkt im Anschluss an den Besuch eines Angebots zu ausgewählten Konstrukten befragt (z.B. Betreuung, emotionale Involvierung).
Die Auswertung der Daten zur BWK erlaubt Vergleiche zwischen den verschiedenen Jahrgangsstufen und weiterführenden Schularten. Durch die längsschnittliche Auswertung aller erhobenen Daten kann der Einfluss externer Partner auf die Entwicklung der BWK untersucht werden. Ziel des Projekts ist es, Erkenntnisse darüber zu generieren, wann im Entwicklungsprozess der BWK welche Art von Zusatzangeboten welchen Einfluss haben und daraus Handlungsempfehlungen für die schulische Berufsorientierung abzuleiten.

Elsholz, M., Birner, A., Frank, F., & Trefzger, T. (2024). Zentrale Motive der MINT-Identitätsverhandlung—Studiendesign und Forschungsfragen. In H. Grötzebauch & S. Heinicke (Hrsg.), PhyDid B - Didaktik der Physik—Beiträge zur DPG-Frühjahrstagung.
Team DynaMINT
AR Dr. Markus Elsholz
Emil-Hilb-Weg 22

Agnes Birner
Emil-Hilb-Weg 22
Florian Frank
Emil-Hilb-Weg 22
